Ist Frustration eine Typfrage?
Die Dinge wollen nicht so wie wir wollen – das ist häufig der Fall. Auf einige Menschen wirkt das motivierend und sie geben noch mehr Gas, andere üben sich in Akzeptanz und innerer Ruhe und wieder andere fühlen sich frustriert. Es ist tatsächlich möglich, dass Frustration zum Teil eine Typfrage ist und einige Menschen schneller frustriert sind als andere. So könnte man eine schnellere Frustration zum Beispiel bei Personen vermuten, die eine eher geringe emotionale Stabilität haben. Andererseits ist Frustration auch situationsbedingt. Wir fühlen uns zum Beispiel oft leichter frustriert, wenn wir im Stress, müde oder hungrig sind.
Wie kommt Frustration zustande?
Allgemein kann es zu Frustration kommen, wenn es uns an (weiteren) Möglichkeiten mangelt, um eine Situation zu lösen oder wir uns nicht (mehr) kraftvoll genug fühlen, um weitere Lösungen zu finden und es weiter zu probieren. Nun könnten wir natürlich aufgeben und uns zum Beispiel hoffnungslos fühlen. Frustriert werden wir dann, wenn wir ein bestimmtes Ziel aber weiterhin erreichen wollen.
Dafür, ob es zu Frustration kommt oder nicht, ist auch entscheidend, wie wichtig uns die betreffende Sache ist.
Wenn wir im Kreuzworträtsel nicht weiterkommen, sind wir vielleicht kurz genervt, doch legen es dann schulterzuckend zur Seite. Wenn eine Beziehung nicht funktioniert, ist die Frustration vermutlich größer und länger andauernd.
Frustriert sind wir auch, wenn etwas nicht in unserer Macht liegt, uns ein Verzicht oder Misserfolg sozusagen aufgezwungen wird. Es geht daher nicht immer um Lösungen oder fehlende Energie, sondern auch darum, dass uns jemand oder etwas einen Strich durch die Rechnung macht – wenn zum Beispiel eine Veranstaltung, auf die wir uns gefreut haben, abgesagt wird.
Wohin mit dem Frust?
Frustration ist ein unangenehmes Gefühl und es kann auch mit Gefühlen der Wut, Hilflosigkeit, Enttäuschung und Trauer einhergehen. Es ist alles andere als leicht, unangenehme Gefühle auszuhalten. Oft würden wir am liebsten einen Schalter umlegen und statt frustriert motiviert, statt hilflos zuversichtlich und statt traurig fröhlich sein. Doch unangenehme Gefühle gehören zu unseren alltäglichen menschlichen Erfahrungen und sind damit unumgänglich. Das klingt wirklich frustrierend, stimmt’s?
Die gute Nachricht ist: Indem wir unangenehme Gefühle wie Frustration zulassen, können sie erstens schneller vergehen, weil wir sie mit unserem Widerstand und damit unserer Aufmerksamkeit nicht weiter nähren. Zweitens kann die Erfahrung, dass wir die unangenehmen Gefühle aushalten können, unser Selbstbewusstsein stärken sowie das Gefühl der eigenen Kompetenz und Unabhängigkeit. Das wiederum klingt doch ganz gut.
Übung
Gefühle zulassen und aushalten
Russ Harris, Arzt und Psychotherapeut, hat 4 Schritte beschrieben, mit denen sich das Zulassen und Aushalten von Gefühlen üben lässt.
Schritt 1: Beobachten
Beobachte innerlich dein Gefühl, nimm wahr, dass es da ist. Du kannst dir das so vorstellen, als würdest du in eine Landschaft blicken und dann ganz bewusst deine Aufmerksamkeit auf einen bestimmten Baum, eine Blume oder ein Tier richten.
Schritt 2: Atmen
Damit das Beobachten gelingt und du nicht mit dem Gefühl verschwimmst, kannst du dich im Hier und Jetzt mithilfe deines Atems verankern. Achte also auf deinen Atem, genauso wie er gerade fließt, und beobachte gleichzeitig das Gefühl, zum Beispiel die Frustration.
Schritt 3: Raum schaffen
Vielleicht hast du schon einmal die – nebenbei bemerkt frustrierende – Erfahrung gemacht, einen Schlafsack in die dafür vorgesehene Hülle zu quetschen. So ähnlich ist das, wenn du deinen Gefühlen keinen Platz geben, sie in ihre Schranken weisen willst. Das erfordert viel Aufmerksamkeit, Kraft und bringt nur noch mehr unangenehme Gefühle mit sich. Stell dir nun vor, du lässt den Schlafsack einfach im Zimmer liegen. Eine prima Erleichterung, oder? Benutze deine Vorstellung, indem du deinem Gefühl innerlich Raum gibst. Du kannst dafür zum Beispiel innere Bilder von großen Räumen, einer weiten Wiese, dem Himmel oder vielleicht sogar vom All hervorrufen. Lass dein Gefühl – wie es in deiner Vorstellung auch aussehen mag – hier frei umherschwirren.
Schritt 4: Zulassen
Du hast es gesehen, bleibst dabei bei deinem Atem, gibst ihm Raum und nun kannst du das Gefühl nach Herzenslust zulassen. Versuche es nicht wegzuschieben, zu verändern oder zu unterdrücken. Erlebe, dass du die Fähigkeit hast, unangenehme Gefühle auszuhalten, ohne dass etwas Schlimmes passiert.
Die Antwort auf die Frage, wohin mit der Frustration, lautet also: Lasse sie da sein und wisse, dass sie wieder vergeht und nicht dein ganzes Verhalten bestimmen muss. Je öfter du auf diese Weise bewusst mit schwierigen Emotionen übst, desto besser wird dir das gelingen.
Wohlbefinden und weniger Stress: der Weg zur Frustrationstoleranz
Frustrationstoleranz ist wortwörtlich die Fähigkeit, Frustration zu tolerieren. Es geht dabei um das Aushalten von Frustration – ohne aufzugeben oder auszuflippen – und damit auch um Ausdauer und Geduld. Wie schon erwähnt, kann es sich dabei einerseits um eine Persönlichkeitseigenschaft handeln. Andererseits können wir auch dafür sorgen, dass wir günstigere Voraussetzungen schaffen, um besser mit Frustration umgehen zu können.
Das ist etwa dann der Fall, wenn wir uns wohl und energievoll fühlen und auch darauf achten, unsere Lebensumstände so einzurichten, dass wir zum Beispiel seltener unter Zeitdruck geraten. Mit anderen Worten können wir unsere Stressfaktoren reduzieren, um unsere Frustrationstoleranz zu stärken. Auch Selbstfürsorge kann wichtig sein, um für unser allgemeines Wohlbefinden zu sorgen.
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