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Schlafstörungen im Alter erkennen und behandeln

Schlaf ist ein wichtiger Aspekt unserer Gesundheit und spielt eine essentielle Rolle für unsere körperlichen, kognitiven und emotionalen Funktionen. Doch mit zunehmendem Lebensalter verändern sich Schlafmuster und auch Schlafstörungen werden immer häufiger. In diesem Blogartikel möchten wir auf die natürlichen Veränderungen der Schlafarchitektur eingehen und die häufigsten Schlafstörungen im Alter beschreiben. Außerdem werden wir uns damit befassen, mit welchen Risiken Schlafstörungen im Alter einhergehen und wie man diese behandeln kann.

Veränderungen des Schlafes

Mit fortgeschrittenem Alter zeigen die Schlafarchitektur und die Qualität des Schlafes natürliche Veränderungen. Oft ist es schwierig, diesen natürlichen Alterungsprozess von Schlafstörungen oder den Auswirkungen von Begleiterkrankungen und Medikamenten zu trennen. 
Bei älteren Personen zeigt sich oft ein fragmentierter und leichter Schlaf mit häufigem Erwachen. In Studien konnte zudem eine lineare Abnahme der Gesamtschlafzeit mit zunehmendem Alter festgestellt werden. So schlief eine gesunde 60-jährige Person im Durchschnitt etwa 30 Minuten weniger als eine gesunde 40-jährige Person. Insgesamt nimmt der Prozentsatz der Leichtschlafstadien zu, während sich der Anteil des Tiefschlafs (Slow-Wave-Sleep) reduziert. Außerdem kann eine Reduktion des REM-Schlaf-Anteils und eine leichte Erhöhung der Schlaflatenz (Zeit, die zum Einschlafen benötigt wird) festgestellt werden.1,2

Welche Schlafstörungen treten im Alter besonders häufig auf?

In diesem Abschnitt möchten wir einen kurzen Überblick über die häufigsten Schlafstörungen im Alter geben:

Insomnische Störung 

Die Insomnie bildet den Hauptfokus dieses Artikels. Schlaflosigkeitssymptome treten bei älteren Menschen mit einer Gesamtprävalenz von 30 – 48 Prozent auf, während die Prävalenz von manifesten Schlafstörungen im Alter zwischen 12 und 20 Prozent liegt. Dabei finden sich am häufigsten Durchschlafstörungen, gefolgt von Schwierigkeiten beim Einschlafen und einem im Gesamten nicht erholsamen Schlaf.3 

Atmungsbezogene Schlafstörungen

Vor allem die obstruktive Schlafapnoe (OSA) tritt im höheren Lebensalter vermehrt auf. Die OSA ist durch eine Instabilität der oberen Atemwege während des Schlafs gekennzeichnet, was zu vermindertem (Hypopnoe) oder fehlendem (Apnoe) Luftstrom führt. Die Prävalenzschätzungen variieren und betragen in manchen Quellen bis zu 70 Prozent bei Männern und 56 Prozent bei Frauen. Symptomatisch zeigt sich bei älteren Menschen häufig eine übermäßige Tagesschläfrigkeit und Nykturie. Von Schnarchen wird weniger häufig berichtet. Die Therapie erfolgt wie bei jüngeren Erwachsenen durch die kontinuierliche positive Atemwegstherapie (CPAP).1 

Periodische Beinbewegungen 

Auch das Syndrom der unruhigen Beine (Restless Legs Syndrom, RLS) tritt bei älteren Menschen gehäuft auf. Prävalenzschätzungen gehen von 10 – 35 Prozent bei den über 65-Jährigen aus. Der Drang, die Beine zu bewegen, führt häufig zu Problemen bei der Einleitung oder der Aufrechterhaltung des Schlafs. RLS kann idiopathisch oder sekundär mit anderen Erkrankungen wie Eisenmangelanämie, chronischen Nierenerkrankungen oder peripherer Neuropathie auftreten. Außerdem können sich die Symptome durch Medikamente wie SSRIs, trizyklische Antidepressiva, Lithium oder Genussmittel wie Koffein und Tabak verschlimmern. Die Diagnose erfolgt mit Hilfe einer Polysomnographie und für die Behandlung stehen verschiedene pharmakologische Mittel zur Verfügung.1 

Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus

Neben den normalen Veränderungen der Schlafarchitektur kommt es im Alter zu einer Phasenverschiebung des Schlaf-Wach-Rhythmus. Der Höhepunkt der Schläfrigkeit tritt bereits am frühen Abend ein, dafür wachen ältere Menschen tendenziell auch am Morgen früher auf. Das mag daran liegen, dass der natürliche Zeitgeber – der suprachiasmatische Kern im Hypothalamus – mit dem Alter weniger empfindlich für Umweltreize wird. Zudem nimmt die Melatoninkonzentration mit dem Alter ab, der homöostatische Schlafdruck verringert sich und die Amplitude anderer zirkadianer Rhythmen wie der Körpertemperatur oder Hormone (z. B. Cortisol) reduziert sich.1

Der gesellschaftliche Druck kann viele ältere Personen dazu verleiten, normale” Arbeitszeiten einzuhalten und abends länger wach zu bleiben, wodurch sie einen gewissen Schlafentzug erleiden können. Diese Verschiebung kann leicht als Insomnie fehldiagnostiziert werden und es ist wichtig, die beiden Störungen voneinander abzugrenzen, da sich der Behandlungsansatz unterscheidet. Störungen des zirkadianen Rhythmus werden mit Lichttherapie behandelt, was dazu beiträgt, den Schlaf-Wach-Rhythmus neu auszurichten.1,2

Schlaf und Demenz

Eine beginnende oder fortgeschrittene Demenz wird häufig von Schlafstörungen begleitet. Das liegt einerseits an der Erkrankung selbst oder auch an Nebenwirkungen, die durch die pharmakologische Behandlung auftreten: 

  • Betroffene einer Alzheimer-Demenz leiden häufig unter Symptomen einer Insomnie und exzessiven Nickerchen am Tag. 
  • Eine vaskuläre Demenz wird besonders häufig von atembezogenen Schlafstörungen begleitet. 
  • Bei neurodegenerativen Erkrankungen, einschließlich der Lewy-Körperchen-Demenz oder der Parkinson-Krankheit, zeigen sich verhältnismäßig oft REM-Schlaf-Verhaltensstörungen. 
  • Zudem besteht bei Demenzerkrankten das Risiko einer unregelmäßigen Schlaf-Wach-Rhythmus-Störung, bei der Betroffene tagsüber und nachts in fragmentierten Episoden schlafen. 

Die Einnahme von Acetylcholinesterase-Hemmern kann zu vermehrten nächtlichen Erregungszuständen und Albträumen führen.1

In den folgenden Abschnitten möchten wir uns näher mit den Ursachen und Folgen der insomnischen Störung im Alter befassen. 

Warum erleiden besonders ältere Menschen Schlafbeschwerden? 

Neben den natürlichen Veränderungen der Schlafarchitektur haben viele Menschen, die älter als 65 Jahre sind und sich im Ruhestand befinden, möglicherweise nicht das Bedürfnis, einen regelmäßigen Schlaf-Wach-Rhytmus einzuhalten. Nach der Rente nicht mehr verpflichtet zu sein, einen regelmäßigen Zeitplan festzulegen, kann dazu führen, mehr Zeit im Bett oder auf der Couch zu verbringen und tagsüber übermäßig viel zu schlafen. Ein konstanter Zeitplan ist jedoch die Grundlage für eine gute Schlafhygiene und das Fehlen eines solchen kann Schlafstörungen im Alter verstärken. Auch ausreichende Bewegung und genügend Tageslicht zu erhalten sind Herausforderungen des Alters. Das trifft besonders auf Menschen zu, die in einer Einrichtung leben und dort von sozialer Isolation und verminderter Aktivität betroffen sind.1 

Dazu kommen körperliche und psychische Erkrankungen, unter denen Menschen mit zunehmendem Lebensalter vermehrt leiden. Jede Krankheit, die mit Schmerzen verbunden ist, kann zu fragmentiertem Schlaf führen. Auch verschiedene Erkrankungen der Atemwege und des Herz-Kreislauf-Systems können sich negativ auf den Schlaf auswirken. Chronisches Nierenversagen oder Anämien können die Symptome eines Restless-Legs-Syndrom verschlimmern.2 Auch gängige Medikamente die für diverse Erkrankungen eingesetzt werden können eine Veränderung der Schlafarchitektur bewirken, die nicht immer direkt ersichtlich ist. So ist beispielsweise für Betablocker, Glukokortikoide und nichtsteroidale Entzündungshemmer bekannt, dass sie den Schlaf negativ beeinflussen können.2,3

Übersicht Einflussfaktoren auf Schlafstörungen im Alter

Welche Risiken gehen mit Schlafstörungen im Alter einher?

Besonders ältere Menschen haben mit Folgeproblemen von anhaltenden Schlafstörungen zu kämpfen. So kann Schlafmangel zu Tagesschläfrigkeit führen und diese wiederum kann gerade bei älteren Menschen das Risiko für Stürze, Desorientierung und Delirien sowie kognitive Störungen erhöhen.1 

Menschen, die unter Schlafstörungen leiden, haben zudem oft ein höheres Risiko für verschiedene somatische oder psychische Erkrankungen. Dies verstärkt sich mit dem Alter und der allgemein erhöhten Anfälligkeit. Die stärksten Belge gibt es in der Literatur für psychische Erkrankungen. Ältere Menschen mit Schlaflosigkeit haben beispielsweise ein um 23 Prozent erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Depressionssymptomen. Aber auch für verschiedene somatische Erkrankungen gibt es Nachweise. So erhöhen Schlafstörungen im Alter beispielsweise das Risiko für verschiedene Herz-Kreislauferkrankungen wie arterielle Hypertonie oder koronare Herzerkrankungen.3 

Wie können Insomnien im Alter gut behandelt werden?

Die Diagnostik von Schlafstörungen im Alter unterscheidet sich nicht von der bei jüngeren Betroffenen. Einen ausführlichen Artikel zu dieser Thematik finden Sie in unserem Fachblog. 

Insomnie: Diagnostik von Schlafstörungen nach ICD-10 und ICD-11

Für die Behandlung der Schlafstörung ist laut nationaler S3-Versorgungsleitlinie die kognitive Verhaltenstherapie die Therapiemethode der ersten Wahl in allen Altersgruppen.5 Studien deuten darauf hin, dass auch im Alter die kognitiv-verhaltenstherapeutische Behandlung genutzt werden sollte. Zudem gehören die Optimierung der Behandlung komorbider somatischer und psychiatrischer Erkrankung sowie die Eliminierung von Medikamenten, die zur Schlaflosigkeit beitragen, dazu.1 Eine Intervention nach der kognitiven Verhaltenstherapie für Insomnie (KVT-I) beinhaltet verschiedene Bausteine. Diese umfassen Psychoedukation, Schlafhygiene, Stimuluskontrolle, Schlafrestriktionstherapie, kognitive Umstrukturierung und Entspannungstechniken. Die KVT-I ist bei der Behandlung von Schlaflosigkeit nachhaltig wirksam und selbst bei Patienten und Patientinnen mit kognitiven Einschränkungen können gute Ergebnisse erzielt werden.3

Eine Pharmakotherapie sollte bei älteren Menschen aufgrund des reduzierten Stoffwechsels und der Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Medikamenten nur mit Vorsicht durchgeführt werden. Gerade länger wirkende Benzodiazepine sollten aufgrund des Risikos von Sedierung am Tag, Stürzen und Verwirrtheit vermieden werden. Bei Schlafstörungen im Alter haben sich Melatoninrezeptor-Agonisten und Melatoninpräparate als nebenwirkungsarm erwiesen. Außerdem können verschiedene Antidepressiva eingesetzt werden. Aber auch diese sollten bei älteren Menschen nur dann genutzt werden, wenn eine depressive Begleiterkrankung vorliegt, da auch sie das Sturzrisiko erhöhen.

Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) bei älteren Menschen? 

In Studien konnte nachgewiesen werden, dass auch internetbasierte Verhaltenstherapien in der älteren Bevölkerungsgruppe bei Schlafstörungen wirksam sein können.3 HelloBetter Schlafen ist ein als Digitale Gesundheitsanwendung (DiGA) zertifiziertes Online-Therapieprogramm, welches alle wichtigen Komponenten der KVT-I in einfacher und gut verständlicher Weise beinhaltet. Teilnehmende können mithilfe eines Schlaftagebuchs ihren Schlaf überwachen und durch Strategien wie Bettzeitverkürzung oder Stimuluskontrolle ihr Schlafverhalten nachhaltig verändern. Begleitet werden sie von ausgebildeten Psychologinnen und Psychologen, die regelmäßiges Feedback geben und bei Fragen zur Verfügung stehen. Das Online-Therapieprogramm ist einfach aufgebaut und auch für ältere Personen mit minimaler digitaler Affinität gut verständlich. Weitere Informationen zu Online-Therapieprogrammen finden Sie in unserem Leitfaden zu Digitalen Gesundheitsanwendungen und auf unserem Fachblog.

Das Alter der Nutzer und Nutzerinnen von HelloBetter umfasst eine Spanne von 18-89 Jahre. Auch in höherem Alter können Online-Therapieprogramme eine gute Behandlung bieten. So sagt ein 79-jähriger Teilnehmer: Das Schlafprogramm hat mir sehr gut geholfen. Ich habe dadurch erfahren, dass ich auch ohne Schlaftabletten schlafen kann.

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  • Quellennachweis
    1. Prathusha Tatineny, Fariha Shafi, Ashraf Gohar, Abid Bhat (2020). Sleep in the Elderly.  Missouri Medicine, 117:5, page 490-495. 
    2. Feinsilver, S. H. (2021). Normal and Abnormal Sleep in the Elderly. Clinics in Geriatric Medicine, 37(3), 377–386. doi:10.1016/j.cger.2021.04.001
    3. Patel, Dhaval; Steinberg, Joel; Patel, Pragnesh  (2018). Insomnia in the Elderly: A Review. Journal of Clinical Sleep Medicine, 14(6), 1017–1024. doi:10.5664/jcsm.7172     
    4. Gulia, Kamalesh K.; Kumar, Velayudhan Mohan  (2018). Sleep disorders in the elderly: a growing challenge. Psychogeriatrics, 18(3), 155–165. doi:10.1111/psyg.12319     
    5. S3-Leitlinie – Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen Kapitel „Insomnie bei Erwachsenen“. Somnologie 2017, 21:2–44. doi: 10.1007/s11818-016-0097-x
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