Was ist die Angst vor der Angst?
Bei einer Panikattacke erlebt man Todesangst, ohne wirklich bedroht zu sein. Schwitzen, Schwindel, Zittern, Herzrasen, Atemnot – die Symptome sind klare körperliche Alarmsignale. Begleitet werden sie durch intensive Gefühle der Angst, Panik und Verzweiflung. Oftmals treten dabei Gedanken auf, nun endgültig die Kontrolle zu verlieren, zu sterben oder verrückt zu werden. Weil diese Zustände so extrem unangenehm sind und Betroffene häufig urplötzlich überfallen, fürchten sie sich bereits im Vorhinein vor ihnen. Diese Furcht wird als Angst vor der Angst oder auch Erwartungsangst bezeichnet.
Woran erkenne ich diese Erwartungsangst?
Erwartungsangst ist eine ständige Unsicherheit und Ängstlichkeit. Diese bezieht sich einerseits auf das quälende Gefühl der Panik, das man ständig befürchtet, andererseits auf Gedanken an bestimmte Situationen. Hat man z. B. eine Panikattacke im Büro erlebt, verspürt man bereits am Abend davor Angst, am nächsten Morgen zur Arbeit zu gehen. Wenn man sich von dieser Angstform tatsächlich leiten lässt, kommt es zum sogenannten Vermeidungsverhalten. Betroffene vermeiden dann Situationen und Aktivitäten, die sie mit der Angst verbinden. In diesem Beispiel würde man sich vorerst krankmelden. Häufig werden auch öffentliche Verkehrsmittel, das Fahren mit dem eigenen Auto, öffentliche Plätze und Veranstaltungen oder alleine schlafen vermieden.
Ängste, Panikstörung und Phobien
Die quälende Angst entwickelt sich häufig, wenn Panikattacken wie aus heiterem Himmel auftreten. Wenn diese Panikattacken in unterschiedlichen Situationen innerhalb eines Monats mehrfach vorkommen und die Erwartungsangst ebenfalls vorhanden ist, spricht man von einer Panikstörung.
Diese Angst kann aber auch in Verbindung mit sogenannten Phobien auftreten, d. h. Angst vor bestimmten Situationen oder Objekten. Eine der häufigsten Phobien ist die Klaustrophobie, die Angst vor engen, geschlossenen Räumen. Ebenso weit verbreitet ist die Agoraphobie, oft auch Platzangst genannt, d. h. die Angst vor Menschengedränge oder weiten Plätzen.
Doch ob nun in Verbindung mit bestimmten oder unbestimmten Situationen: Die Angst vor der Angst ist extrem unangenehm und oft Grund dafür, warum die Lebensqualität stark eingeschränkt ist. Was kann man also gegen sie tun?
1Tipp: Die Erwartungsangst wahrnehmen
Das hört sich etwas banal oder sogar überflüssig an: Natürlich nehmen Betroffene diese Angst form wahr – sogar im extremen Maße. Das ist ja vermeintlich das Problem. Bei diesem ersten Tipp geht es jedoch nicht darum, deiner Erwartungsangst wie gewöhnlich zu verfallen, sondern sie so neutral wie möglich zu beobachten und zu reflektieren. Wie ein Wissenschaftler, der einem interessanten Phänomen auf der Spur ist oder ein Kind, das einen Gegenstand zum ersten Mal in seinem Leben betrachtet.
Wenn du also bemerkst, dass diese Angst im Anflug oder sogar schon präsent ist, kannst du in einem ersten Schritt bemerken: Da ist die Angst vor der Angst. Als nächstes nimmst du wahr, wie sie sich anfühlt, welche Gedanken mit ihr in Verbindung stehen und wie dein Körper auf sie reagiert. Anstatt ihr zu verfallen, beobachtest du sie. Das ist in etwa wie bei einem Film, den du dir ansiehst, aber in dem du nicht selbst mitspielst.
2Tipp: Sich über Einschränkungen und Werte bewusst werden
Vermeidungsverhalten – wir hatten es schon angesprochen – ist etwas, was die Lebensqualität in hohem Maße beeinträchtigen kann. Ständig muss man etwa darauf achten, dass man nicht alleine zu Hause ist, man kann keine Konzerte mehr besuchen, traut sich nicht mehr zu reisen oder wichtige Telefonate zu führen. Es ist wichtig, dass du dir darüber im Klaren bist, was dir im Leben wichtig ist und welche Dinge du aufgrund der Angst vor der Angst nicht mehr unternimmst. Überlege dir nicht nur, welche Abstriche du in der Vergangenheit vorgenommen hast, sondern auch, wie dein Leben zukünftig aussehen soll: Welche Aktivitäten würdest du machen, wenn diese Erwartungsangst dein Verhalten nicht länger kontrolliert? Welche Personen würdest du sehen, an welche Orte dich begeben und welche Ziele würdest du verfolgen, wenn du frei von der Angst vor der Angst wärst? Schreibe dir diese Antworten am besten auf.
3Tipp: Mut statt Angst
Das wirksamste Mittel gegen Angst ist und bleibt Mut. In der Psychotherapie spricht man von der „Exposition“, wenn es darum geht, sich den eigenen Ängsten zu stellen. Der Kernpunkt dabei ist: Unternimm genau das, was auf der Liste steht, die du unter Tipp 2 angefertigt hast. Ganz unabhängig davon, ob du dabei Angst vor der Angst verspürst oder nicht. Das ist natürlich um einiges leichter gesagt als getan, denn für viele Menschen löst die Angst teilweise so starke Körperreaktionen aus, dass sie befürchten, keine Luft mehr zu bekommen oder einen Herzinfarkt zu erleiden. Das kann verständlicherweise noch mehr, sehr starke Angst verursachen. Gehe deshalb, wenn du dich deiner Angst im Rahmen einer Exposition stellen möchtest, am besten mit kleinen Schritten vor und eventuell auch mit professioneller Unterstützung durch eine Psychotherapeutin oder einen Psychotherapeuten. Anstatt die nächste Reise zu planen, könntest du zum Beispiel zunächst mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in einen Park in einem anderen Stadtteil fahren oder du bleibst zunächst mal eine Stunde alleine zu Hause, anstatt die ganze Nacht.
Solltest du dabei Erwartungsangst verspüren, kannst du Tipp 1 anwenden und diese möglichst neutral beobachten. Erinnere dich dabei immer wieder daran: Übung macht den Meister. Auch wenn es nicht gleich klappt, die Angst vor der Angst vollständig zu überwinden, wirst du mit der Zeit und trotz eventuellen Rückschlägen eine Veränderung bemerken.
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