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Klaustrophobie – Die Angst vor engen Räumen

Die Türen schließen sich. Der Aufzug setzt sich langsam in Bewegung. Und plötzlich geht nichts mehr. Der Aufzug bleibt stecken, die Türen verschlossen. Es wird viele Menschen geben, die sich in einer solchen Situation unwohl fühlen. Unser Fluchtinstinkt schaltet sich ein und signalisiert: „Schnell weg hier!”. Das ist erstmal ganz normal. Für Menschen mit Klaustrophobie führt aber oft allein schon die Vorstellung von engen, geschlossenen Räumen zu massiven Ängsten. Wir helfen dir, die Klaustrophobie zu verstehen und zeigen dir wichtige Tipps, mit denen du deine Ängste in den Griff bekommst.

Was bedeutet Klaustrophobie? 

Die Klaustrophobie – oder auch Raumangst – gehört zu den sogenannten spezifischen Phobien. Dabei erleben Betroffene unverhältnismäßig große Angst, die auf eine bestimmte Situation oder Sache begrenzt ist. Bei Menschen mit Klaustrophobie sind das enge und geschlossene Räume wie zum Beispiel Fahrstühle und U-Bahnen, aber auch Menschenmengen, bei denen die Sicht auf den Fluchtweg versperrt ist.

Der Begriff Klaustrophobie setzt sich zusammen aus dem lateinischen Wort claustrum (Verschluss, Schloss, Riegel) und dem griechischen Wort phobos (Furcht, Angst).

Umgangssprachlich bezeichnen wir Klaustrophobie oft als Platzangst. Dabei ist diese Bezeichnung eigentlich nicht ganz richtig. So haben Betroffene ja keine Angst vor zu viel Platz. Ganz im Gegenteil. Es ist die Vorstellung oder das Vorhandensein von „zu wenig” Platz, die Angst macht. In der Psychologie meint man mit Platzangst übrigens die Agoraphobie. Also die Furcht vor großen, weiten Plätzen. 

Wie entsteht eine Klaustrophobie?

Aus wissenschaftlicher Sicht lässt sich keine eindeutige Ursache für die Entwicklung einer Raumangst festlegen. Ängste können zum Beispiel von anderen Menschen gelernt werden. Dabei schauen wir uns die Angst sozusagen ab, ahmen sie oft unbewusst nach und übertragen sie beispielsweise auf enge, geschlossene Räume. Und zwar unabhängig davon, wovor sich unser Gegenüber fürchtet. Psychologen sprechen von Modelllernen. 

„Achtung, Gefahr!” – Die Gefahrenmarkierung

Ein weiterer Auslöser kann ein belastendes Erlebnis sein, das mit engen, geschlossenen Räumen zusammenhängt – wenn du  tatsächlich in einem Aufzug stecken geblieben bist oder versehentlich irgendwo eingeschlossen wurdest. Sobald eine solche Situation als bedrohlich bewertet und Angst erlebt wird, passiert Folgendes: das Gehirn speichert diese Information ab, „überträgt” sie auf den Raum und markiert ihn mit „Achtung, Gefahr!”. Beim nächsten Mal, wenn du einen ähnlich engen Raum betrittst oder nur daran denkst, erkennt das Gehirn die Gefahrenmarkierung und versetzt deinen Körper in Alarmbereitschaft. Wie eine Art inneres Frühwarnsystem. 

Zudem sind auch biologische Ursachen möglich. Bei der Klaustrophobie ist vermutlich das Gleichgewicht zwischen Botenstoffen wie Serotonin und Noradrenalin im Gehirn gestört. Das kann zu einer Übererregbarkeit des Nervensystems und zu Panikattacken führen. Diese verknüpft das Gehirn dann mit der gegenwärtigen Situation – in dem Fall einem engen Raum – und setzt auch hier eine Gefahrenmarkierung. In anderen Fällen entwickelt sich die Klaustrophobie wiederum schleichend und es kann kein klarer Auslöser festgestellt werden.  

Klaustrophobie: Symptome der Raumangst 

Im Zentrum der Klaustrophobie steht die Angst vor engen, geschlossenen Räumen oder Menschenmengen. Diese Situationen werden von Betroffenen als bedrohlich bewertet und es kommt zu typischen Angstsymptomen wie Herzklopfen, Schweißausbrüche, Zittern, Beklemmungsgefühle, Schwindel oder sogar Todesangst. Der Kopf ist voller Katastrophengedanken. Auch wenn die meisten Betroffenen wissen, dass ihnen keine wirkliche Gefahr droht und ihre Angst „übertrieben” ist, lässt sie sich scheinbar nicht kontrollieren. Dabei reicht oft sogar die bloße Vorstellung eines engen, geschlossenen Raums, um eine Furchtreaktion auszulösen. 

In welchen Situationen und in welcher Intensität die Klaustrophobie auftritt, ist sehr individuell. So leiden einige Betroffene vor allem unter der Vorstellung eingeschlossen zu sein, während bei anderen die Angst zu ersticken im Fokus steht. Oft ist die Raumangst auch so stark ausgeprägt, dass sich die Ängste zu Panikattacken steigern. 

Panikattacken sind plötzlich auftretende, klar abgrenzbare Phasen intensiver Angst. Die Attacken erreichen innerhalb weniger Minuten ihren Höhepunkt und dauern mindestens einige Minuten an.

Die Vermeidungsfalle

Menschen mit Klaustrophobie überstehen die für sie subjektiv bedrohliche Situation oft nur unter großer Angst, in Begleitung anderer oder vermeiden sie komplett, indem sie zum Beispiel die Treppe statt des Fahrstuhls nehmen. Das mag zwar kurzfristig hilfreich sein, wir können jedoch nicht überprüfen, ob unsere Befürchtungen berechtigt sind und wir die Angst hätten bewältigen können. Das verstärkt die Angst sogar auf lange Sicht und kann zu „Angst vor der Angst” führen – ein Teufelskreis entsteht. 

Stell dich der Klaustrophobie 

Eine der wirksamsten Strategien im Umgang mit Klaustrophobie ist der Weg durch die Angst. Wenn du dich einem für dich als (zu) eng empfundenen Raum stellst, hält deine Angst zwar zunächst an, lässt aber nach einer gewissen Zeit wieder nach. Dein Gehirn gewöhnt sich sozusagen an die Angst und kann sein Frühwarnsystem umprogrammieren. Wichtig ist, dass du so lange in dem Raum bleibst, bis deine Angst spürbar abgenommen hat. Und das wird ganz sicher passieren. Dein Körper schaltet nämlich nach einer gewissen Zeit automatisch auf Entspannungsmodus. Psychologen sprechen von Habituation (Gewöhnung). 

Dabei kannst du dich langsam, Schritt für Schritt, der herausforderndsten Situation stellen – zum Beispiel erstmal dem großen Aufzug im Einkaufszentrum und dann dem kleinen, alten bei Freunden zuhause. Selbst wenn du anfangs den Eindruck hast, dass du gar nicht anders kannst und unbedingt aus der Konfrontation raus musst, bedeutet das nicht das Ende der Welt. Bleib realistisch: „In der Situation bleiben” ist das Ideal. In jedem Fall ist es hilfreicher, sich der Raumangst zu stellen, als sie vollständig zu vermeiden. Und zwar regelmäßig und so oft wie möglich. 

Nenne die Angst beim Namen

Manchmal gerät man schnell in den Teufelskreis der Angst und es fällt schwer zu unterscheiden, was berechtigte Befürchtungen und was nicht-hilfreiche Katastrophengedanken sind. Dabei ist es sinnvoll, Abstand zu den Angstgedanken zu bekommen und sie als das wahrzunehmen, was sie sind: Gedanken – nicht mehr und nicht weniger. 

So kannst du zum Beispiel die Angst direkt ansprechen und ihr einen Namen geben: „Na, Panikmacher. Da bist du ja wieder!”. Oder du bleibst bei den Fakten und schreibst eine kleine „Checkliste der Angst”, die du innerlich abhakst. Sowas wie „Herzrasen: ✓ – Schwindel: ✓ – Erstickungsangst: ✓”. Du kannst die Angst auch vertrösten: „Jetzt hab ich keine Zeit. Können wir uns heute Abend nochmal treffen? Dann höre ich dir zu.”. 

In jedem Fall nimmst du die Angstgedanken „nicht mehr so ernst” und schwächst sie ab. Das hilft Abstand zu gewinnen und aus dem Teufelskreis auszubrechen. 

Surfe auf der Raumangst 

Im Umgang mit der Klaustrophobie kann es hilfreich sein, die Angst ohne Bewertung zu akzeptieren. Wenn die Raumangst das nächste Mal auftritt, dann nimm sie wahr und benenne sie. Sag dir zum Beispiel „Ich fühle mich ängstlich.”. Wahrscheinlich kennst du auch den Grund deiner Angst: „Ich fühle mich ängstlich, weil ich befürchte, nicht mehr aus dem Aufzug rauszukommen.”. 

Wichtig ist, dass du Angst nicht vermeidest, sondern sich ihr bewusst zuwendest und sie akzeptierst. Formuliere einen Leitsatz, den du so lange wiederholst, bis die Angst langsam nachlässt. Sowas wie „Ich fühle mich ängstlich, weil ich befürchte, nicht mehr aus dem Aufzug rauszukommen. Und das ist okay so.”. Als würdest du auf einem Surfbrett stehen und mit der (Angst-) Welle reiten, statt gegen sie anzukämpfen. 

Nimm Abstand und hol dir Unterstützung

Bei besonders ausgeprägten Formen der Klaustrophobie ist es durchaus sinnvoll, sich professionelle Unterstützung bei der Angstbewältigung zu holen. Psychologen helfen dir zum Beispiel, die Ursachen deiner Klaustrophobie zu verstehen und begleiten dich bei der Planung der Angstkonfrontation. Da es auch körperliche Ursachen für deine Raumangst geben kann, solltest du dir zusätzlich ärztlichen Rat einholen. So kann zum Beispiel eine Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) zu Nervosität und Ängstlichkeit führen. 

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Entspann dich und bleib am Ball

Generell gilt, dass du als Gegengewicht zur Klaustrophobie auch im Alltag für Stressabbau, Entspannung und Ruhephasen sorgen kannst. Und dann finde die Strategien, die dir ganz individuell bei der Überwindung deiner Raumangst helfen. Auf unserem Blog haben wir dir noch weitere Tipps für den Umgang mit deiner Angst zusammengestellt. Wichtig ist, am Ball zu bleiben und die Übungen regelmäßig zu wiederholen. Und dann mach dir bewusst: Auch die höchsten Gefühlswellen werden irgendwann kleiner.

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