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Vergesslichkeit durch Stress?

„Was wollte ich noch mal …?“ Kennst du das? Du bist dabei etwas zu tun und vergisst auf dem Weg dorthin, was genau du eigentlich erledigen wolltest. Dein Kopf ist voll von all den Dingen, die heute noch auf deiner To-do-Liste stehen: die Wohnung aufräumen, die Kinder zum Sport bringen und auch wieder abholen, die Präsentation für das wichtige Meeting morgen auf der Arbeit vorbereiten. Aber was war noch mal diese eine wichtige Sache, die du unbedingt noch erledigen musstest? Wenn wir gestresst sind, werden wir häufig vergesslicher. Aber wie genau hängen Stress und Vergesslichkeit eigentlich zusammen? Das und was du gegen die Vergesslichkeit tun kannst, erfährst du in diesem Artikel. 

Wie hängen Stress und Vergesslichkeit zusammen? 

Hast du schon einmal von der sogenannten Homöostase gehört? Dieser Begriff beschreibt in der Medizin eine Art Gleichgewicht, indem sich unser Körper befindet, wenn alle Funktionen, die für unser Überleben entscheidend sind, ohne Probleme ausgeführt werden können. Wann immer überlebenswichtige Funktionen aus dem Gleichgewicht geraten, reagiert unser Körper mit einer Gegenmaßnahme, um das Gleichgewicht wieder herzustellen. 

Aber was genau hat das mit Stress zu tun? Das ist eigentlich ganz einfach. Wenn wir starken Stress erleben, wird das Gleichgewicht, in dem sich unser Körper in der Regel befindet, durcheinandergebracht. Um auf dieses Ungleichgewicht zu reagieren, schüttet unser Gehirn Stresshormone aus. Mit der Ausschüttung dieser Stresshormone wird der Körper aktiviert und bereitet sich auf den Umgang mit dem Stressfaktor oder auch Stressor (z. B. Stress auf der Arbeit) vor. Wir werden aufmerksamer und reaktionsfähiger. 

Interessanterweise konnten Studien jedoch zeigen, dass sich eben diese Stresshormone negativ auf unser Gedächtnis auswirken. Je mehr Stress, desto vergesslicher werden wir also. Das heißt natürlich nicht, dass du in besonders stressigen Situationen gleich vergisst, wie du heißt oder wo du wohnst. Aber in Tierexperimenten konnte gezeigt werden, dass sich Ratten, denen zuvor Stresshormone verabreicht wurden, weniger gut an ihre Umgebung erinnern konnten, als Ratten, die keine Stresshormone erhalten hatten. Auch bei Menschen ließ sich der Zusammenhang zwischen einer erhöhten Konzentration von Stresshormonen und vermehrten Vergesslichkeit zeigen. Aber was genau passiert da eigentlich im Gehirn?

Begrenzte Rechenleistung

Die ausgeschütteten Stresshormone leiten eine Art Überlebensmodus ein. Alle Ressourcen, die deinem Gehirn zur Verfügung stehen, werden in diesem Fall für die Bewältigung des Stressors aufgewandt. Wenn du zum Beispiel gestresst bist, weil du bis zum Ende des Tages ein besonders wichtiges Projekt für die Arbeit fertigstellen musst, dann ist deine Aufmerksamkeit wahrscheinlich hauptsächlich auf die Bewältigung dieser Aufgabe gerichtet. Andere Aufgaben rücken dann in den Hintergrund. 

Das kannst du dir wie einen Computer vorstellen, auf dem ein sehr rechenintensives Programm läuft. Der Großteil der Rechenleistung wird auf dieses eine Programm aufgewandt. Für die weiteren, im Hintergrund laufenden Programme bleibt nur wenig Energie übrig. Die entsprechenden Seiten bauen sich daher nur langsam auf, was eine Nutzung dieser Programme deutlich erschwert.

Oft müssen wir uns zusätzlich zu dem eigentlichen Stressor noch mit unseren eigenen Gefühlen auseinandersetzen, die durch den starken Stress ausgelöst werden. Das können Gefühle wie innere Unruhe oder Ärger sein. Die verbleibende Rechenleistung unseres Gehirns, die neben der Bewältigung des Stressors noch übrig ist, fällt dann oftmals auf die Emotionsregulation ab. Es bleibt also noch weniger Energie übrig, um andere Aufgaben zu bewältigen. So kann es in der Folge zur Vergesslichkeit durch Stress kommen.

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Was kannst du bei Vergesslichkeit durch Stress tun? 

Die gute Nachricht ist: Du hast die Möglichkeit, etwas gegen deine Stress-Vergesslichkeit zu tun. Eigentlich ist es ganz einfach: Weniger Stress gleich weniger Vergesslichkeit. Doch oft fällt es uns gar nicht so leicht, in unserem Alltag entspannter zu werden. Das kann daran liegen, dass wir für die Erledigung vieler verschiedener Aufgaben gleichzeitig verantwortlich sind und nur wenig Raum und Zeit dafür finden, uns zu entspannen. Vielleicht fühlen wir uns aber auch innerlich so angespannt, dass wir trotz Raum und Zeit nur schwierig zur Ruhe kommen können. Dabei ist es wichtig, dass wir auf uns selbst achten, denn nur dann geht es uns gut und wir können unser Leben dauerhaft so gestalten, wie wir es uns wünschen. 

Hier sind ein paar Dinge, die du einfach verändern kannst, um weniger Stress im Alltag zu erleben und dadurch langfristig weniger vergesslich zu sein. 

1Weniger Stressoren

Ein naheliegender Schritt ist natürlich, die Anzahl der belastenden Stressfaktoren zu reduzieren, denen du in deinem Alltag begegnest. Denn deine eigene Gesundheit und dein eigenes Wohlempfinden sollte stets an erster Stelle stehen. Das gilt auch, wenn einige Stressfaktoren, wie etwa die Erledigung von wichtigen Aufgaben auf der Arbeit oder die Unterstützung von hilfsbedürftigen Familienmitgliedern und Freunden, unumgänglich erscheinen. Denn nur wenn es dir gut geht, kannst du für andere da sein. 

Vor allem dann, wenn wir besonders gestresst sind, haben wir oft das Gefühl, dass wir die Einzigen sind, die eine bestimmte Aufgabe erledigen können. Das ist allerdings fast nie der Fall. Übe, Aufgaben abzugeben oder mit anderen zu teilen. Das kann bereits zu einer großen Erleichterung führen. Es lohnt sich auch einen Blick darauf zu werfen, welche Aufgaben dir weniger wichtig und unumgänglich erscheinen. Muss das Geburtstagsgeschenk für deine beste Freundin wirklich ein 2 x 2 Meter selbst gebastelter Strand mit verbuddelter Schatzkiste sein oder reicht es vielleicht, wenn du eine fertige Geschenkbox bestellst? 

Wichtige Aufgaben zu priorisieren und weniger wichtige Aufgaben zugunsten deines eigenen Wohlbefindens gehen zu lassen, kann ein wichtiger Schritt der Selbstfürsorge sein. 

2Stress mit Selbstbewusstsein begegnen

Du hast bereits geschafft, einige vermeidbare Stressoren zu reduzieren? Das ist super! Dennoch kann es auch weiterhin Dinge geben, die dazu führen, dass du dich überlastet fühlst. Einige Stressoren lassen sich schlichtweg nicht gänzlich vermeiden. So kannst du beispielsweise deinen Traumjob gefunden haben und dich im Allgemeinen sehr wohl mit deiner Arbeit fühlen. Stressige Phasen kann es aber auch dort geben. 

Wie sehr dich solch unvermeidbarer Stress beeinträchtigt, hängt dabei auch von deiner eigenen Bewertung der Situation ab. Hast du den Eindruck, die belastende Situation gut meistern zu können? Oder macht sich Überforderung breit und du hast das Gefühl, dass du nur wenig ausrichten kannst, um die Situation zu bewältigen? In beiden Fällen wirst du dich wahrscheinlich gestresst fühlen. Der Unterschied dabei ist, dass du dich im zweiten Fall nicht nur um die Situation selbst sondern auch um den Umgang mit den unangenehmen Gefühlen von Hilflosigkeit und Resignation kümmern musst. Versuche daher, dich selbst zu beruhigen und Stress selbstbewusst zu begegnen. Du schaffst das!

3Selbstmitgefühl bei Vergesslichkeit durch Stress

Anstatt dich für deine Vergesslichkeit durch den Stress zu tadeln, kann es hilfreich sein, dir in besonders stressreichen Zeiten selbst mit Mitgefühl zu begegnen. Was das genau bedeutet? Nimm den vermehrten Stress bewusst war und erlaube dir in dieser Zeit nicht immer und in jedem Bereich deines Lebens zu hundert Prozent zu funktionieren. Die Bewältigung von besonders stressigen Situationen fordert in der Regel viel Energie. Es ist okay, in dieser Zeit nicht so gut wie sonst zu funktionieren! Du brauchst deshalb kein schlechtes Gewissen zu haben. Sei stolz darauf, dass du versuchst, diese anspruchsvolle Zeit zu bewältigen! 

Oft fällt uns diese Form von Selbstmitgefühl schwerer als der mitfühlende Umgang mit unseren Freundinnen und Freunden. Geht es dir genauso? Dann hilft es dir vielleicht, dich selbst als eine Freundin oder einen Freund zu betrachten und mit einer ähnlichen Fürsorge, Wertschätzung und Zuneigung zu dir selbst zu sprechen. 

4Vergesslichkeit und Burnout – Hilfe finden

Wenn du das Gefühl hast, dass es dir allein nicht gelingt, den Stress abzubauen und du befürchtest ein Burnout zu erleiden, dann kann das Aufsuchen von professioneller Hilfe ein wichtiger Schritt sein. Das kann dir dabei helfen, einen besseren Blick auf deine Situation zu gewinnen und Ansatzpunkte für wertvolle Veränderungen zu entdecken. Mit professioneller Hilfe muss dabei nicht unbedingt eine klassische Psychotherapie gemeint sein. Eine wirksame und direkt zugängliche Alternative bieten speziell darauf ausgerichtete Online-Therapiekurse, wie zum Beispiel HelloBetter Stress und Burnout. In diesem kostenfreien Online-Therapiekurs lernst du wirksame Strategien aus der kognitiven Verhaltenstherapie kennen, die dir dabei helfen können, Stress vorzubeugen, nachhaltig zu reduzieren und besonders stressige Phasen besser zu bewältigen. Außerdem begleitet dich im Kurs eine qualifizierte Psychologin von HelloBetter.

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ZUM KURS

HelloBetter Tipp: Gedächtnis­training 

Eine der wunderbarsten Eigenschaften unseres Gehirns ist dessen Veränderbarkeit bis ins hohe Alter. In der Psychologie spricht man in diesem Zusammenhang auch von Neuroplastizität. Was wir vergessen und verlernen, können wir im Normalfall auch wieder erlernen. Ähnlich wie ein Muskel braucht unser Gehirn hierfür Training. Wenn du also das Gefühl hast, dass du nicht nur durch Stress vergesslicher geworden bist, dann versuche dich doch einmal an Gedächtnistraining. Dabei geht es nicht so sehr darum, die tatsächliche Merkfähigkeit zu trainieren, sondern vielmehr dein Gehirn im Allgemeinen zu aktivieren. Das kannst du zum Beispiel in Form von Rechenaufgaben oder Logikaufgaben tun.

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  • Quellennachweis
    1. Deardorff, J., Gonzales, N. A., & Sandler, I. N. (2003). Control beliefs as a mediator of the relation between stress and depressive symptoms among inner-city adolescents. Journal of abnormal child psychology, 31(2), 205-217.
    2. De Kloet, E. R., Joëls, M., & Holsboer, F. (2005). Stress and the brain: from adaptation to disease. Nature reviews neuroscience, 6(6), 463-475.
    3. De Quervain, D. (2022, 14. Juni). Warum macht Stress vergesslich?. https://www.unibas.ch/de/Aktuell/Uni-Nova/Uni-Nova-115/Uni-Nova-115-Stress.html
    4. (2022, 14. Juni). Protect your brain from stress. https://www.health.harvard.edu/mind-and-mood/protect-your-brain-from-stress
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