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Psychische Erkrankung dem Arbeitgeber mitteilen? Das solltest du wissen

Wahrscheinlich musste sich jeder von uns schon einmal krankmelden. Doch was bei einer Grippe, einem Knochenbruch oder einer allergischen Reaktion deutlich sichtbar und nachvollziehbar ist, gilt nicht für psychische Erkrankungen: Sie sind auf den ersten Blick meist unsichtbar. Hinzu kommt: Bei körperlichen Erkrankungen erhalten wir Genesungswünsche und die Empfehlung, uns zu erholen. Bei psychischen Erkrankungen hingegen weiß oft niemand so recht, wie man sich verhalten soll. Was also tun, wenn man aufgrund einer psychischen Erkrankung bei der Arbeit fehlt oder im Arbeitsalltag eingeschränkt ist? Sollte man die psychische Erkrankung dem Arbeitgeber mitteilen? Und bringt eine Psychotherapie eigentlich Nachteile im Beruf mit sich? Werfen wir einen genaueren Blick auf das Thema.

Auswirkungen psychischer Erkrankungen auf die Arbeit

Psychische Belastungen oder Erkrankungen wirken sich oft direkt auf die Arbeit aus. So können beispielsweise soziale Phobien die Zusammenarbeit mit Kolleginnen zur Herausforderung werden lassen oder eine depressive Episode zu Konzentrationsschwierigkeiten und erhöhter Erschöpfung führen. Viele Betroffene versuchen zudem, ihre Erkrankung zu verheimlichen – zum Beispiel aus Scham oder aus Angst, als weniger leistungsfähig wahrgenommen zu werden. Das Verheimlichen der Erkrankung ist für viele jedoch mit noch mehr Anstrengung und Belastung verbunden, sodass ein regelrechter Teufelskreis entstehen kann. 

Unabhängig davon, ob man sich aufgrund einer psychischen Erkrankung krankschreiben lassen muss oder ob man dadurch bei der Arbeit eingeschränkt ist, sind sich viele Betroffene unsicher, ob sie die psychische Erkrankung dem Arbeitgeber mitteilen sollten. Eine weitere Herausforderung ist, dass Vorgesetzte oft wissen wollen, wie lange die Krankschreibung voraussichtlich dauern wird. Das Problem: Anders als eine Erkältung lässt sich eine psychische Erkrankung nicht innerhalb weniger Tage behandeln. Und die Wartezeit für eine Psychotherapie oder einen Klinikaufenthalt liegt meist bei mehreren Monaten. 

Wenn du mit genau diesen Problemen zu kämpfen hast, bist du nicht allein: In Deutschland erkrankt etwa jeder vierte Erwachsene im Laufe eines Jahres an einer psychischen Erkrankung – das sind rund 18 Millionen Menschen. Und das wirkt sich auch auf den Krankenstand aus. Psychische Erkrankungen sind heutzutage die zweithäufigste Ursache für Fehlzeiten am Arbeitsplatz – Tendenz steigend.

Sollte man eine psychische Erkrankung dem Arbeitgeber mitteilen?

Zunächst ist es wichtig zu wissen, dass du nicht verpflichtet bist, deinem Arbeitgeber den Grund deiner Krankschreibung mitzuteilen. Dennoch denken viele Betroffene darüber nach, offen darüber zu sprechen – sei es, um mehr Verständnis zu schaffen oder die Last der Geheimhaltung loszuwerden. Die Frage, ob man eine psychische Erkrankung dem Arbeitgeber mitteilen sollte, lässt sich leider nicht pauschal mit „Ja” oder „Nein” beantworten. Diese Entscheidung hängt von vielen Faktoren und der individuellen Situation ab. Wir geben dir aber einige Anhaltspunkte, die diese Entscheidung erleichtern können:

  • Wie sind die Unternehmenskultur und das Arbeitsklima an deinem Arbeitsplatz? Wird offen über das Thema psychische Gesundheit gesprochen und haben vielleicht schon Kolleginnen über ihre psychischen Belastungen berichtet? Vielleicht gibt es auch ausgebildete Kollegen, mit denen du darüber sprechen kannst, zum Beispiel aus dem Personalwesen?
  • Wie ist das Verhältnis zu deinem Vorgesetzten und zu deinen Kollegen? Kannst du dir vorstellen, Menschen in deinem Arbeitsumfeld von deiner Erkrankung zu erzählen?
  • Welche Folgen hat es für dich, nicht von der Erkrankung zu erzählen? Belastet es dich zum Beispiel sehr, nicht darüber sprechen zu können? Welche Folgen hätte es dagegen, wenn du offen darüber sprechen würdest?
  • Gibt es etwas, das du dir von der Offenlegung deiner psychischen Erkrankung erhoffst? Zum Beispiel bestimmte Rahmenbedingungen, die dich entlasten, oder die Möglichkeit, während der Arbeitszeit zu einer Psychotherapie zu gehen?

Für viele Betroffene spielt es auch eine Rolle, ob sie sich in der Probezeit, in einem befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis befinden. Auch die Angst vor Kündigung, Stigmatisierung oder negativen Auswirkungen auf die eigene Karriere können eine Rolle spielen und in die Entscheidung einfließen.

Eine Kündigung aufgrund einer (psychischen) Erkrankung ist übrigens nicht ohne Weiteres möglich. Für eine sogenannte krankheitsbedingte Kündigung müssen verschiedene Kriterien erfüllt sein. Zum Beispiel, dass eine Genesung sehr unwahrscheinlich ist und die zu erwartenden Fehlzeiten eine erhebliche Beeinträchtigung für das Unternehmen darstellen.

Tipps für das Gespräch unter vier Augen 

Wenn für dich feststeht, dass du deiner Vorgesetzten deine psychische Erkrankung mitteilen möchtest, haben wir 6 Tipps für dich: 

  1. Bereite dich auf das Gespräch vor und überlege dir, wie viel und was du preisgeben möchtest. Im Gespräch wird nicht erwartet, dass du alle Facetten deiner Erkrankung oder bestimmte Diagnosen offenlegst und erklärst. Es reicht, wenn du sagst, dass eine psychische Belastung der Grund für deine Krankschreibung ist oder dass du in psychotherapeutischer Behandlung bist. Der Schwerpunkt des Gesprächs sollte nicht auf der Krankheitsgeschichte, sondern auf gegenseitigem Verständnis und dem Austausch von Überlegungen liegen.
  1. Es kann hilfreich sein, mögliche Szenarien in einem Rollenspiel oder in Gedanken durchzuspielen und so auf verschiedene Reaktionen deines Gegenübers vorbereitet zu sein. Zur Vorbereitung kannst du dir auch Unterstützung holen, zum Beispiel bei Beratungsstellen oder bei deiner Psychotherapeutin, falls du in Behandlung bist.
  1. Am besten ist es, wenn du um einen Termin bittest, bei dem Ruhe und Zeit für ein Gespräch eingeplant ist.
  1. Überlege dir vorher: Was erhoffe ich mir von dem Gespräch? Möchtest du zum Beispiel einen stufenweisen Wiedereinstieg besprechen oder gibt es bestimmte Situationen bei der Arbeit, für die du dir Entlastung oder Verständnis wünschst?
  1. Es kann hilfreich sein, anhand von Beispielen zu erläutern, wie sich deine psychische Erkrankung auf deine Arbeit auswirkt und welche konkrete Unterstützung du dir in diesen Situationen wünschst.
  1. Wenn du dir nicht sicher bist, welche Unterstützungsmöglichkeiten es gibt, frage konkret nach Möglichkeiten. Manche Unternehmen bieten beispielsweise Programme zur psychischen Gesundheit oder Termine mit Psychologinnen an oder können dir mit flexiblen Arbeitszeiten entgegenkommen. 

Ein erster Schritt können auch verschiedene Anlaufstellen innerhalb deiner Firma sein. Je nach Größe des Unternehmens gibt es zum Beispiel Betriebsärztinnen, Schwerbehindertenbeauftragte oder Personalbeauftragte, die sich mit dem Thema auskennen und dir weiterhelfen können. Wichtig ist, dass du dich vorher vergewisserst, dass die jeweilige Ansprechperson der Schweigepflicht unterliegt.

Kann Psychotherapie Nachteile für die Berufslaufbahn haben?

Viele Betroffene wollen sich in Form einer Psychotherapie Unterstützung holen, wissen aber nicht, ob eine Psychotherapie Nachteile für ihre Berufslaufbahn haben könnte. Auch hier gilt: Du musst deinen Arbeitgeber nicht darüber informieren. Wenn dein Psychotherapietermin in deine Arbeitszeit fällt, kannst du deinem Arbeitgeber mitteilen, dass du in Zukunft wöchentlich einen externen Termin wahrnehmen möchtest. Für den Arbeitgeber ist nicht erkennbar, ob es sich dabei um eine Fortbildung, ein Coaching, eine Physiotherapie oder etwas anderes handelt. Vielleicht kannst du im Gespräch direkt konkrete Lösungen anbieten, etwa dass du in dieser Zeit Überstunden abbaust oder an diesem Tag früher beginnst. 

Suchst du nach schneller psychologischer Unterstützung, die sich unabhängig von Arbeitszeiten in deinen Alltag integrieren lässt? Dann könnte ein Online-Therapiekurs eine Lösung für dich sein. Online-Therapiekurse, die als digitale Gesundheitsanwendung zugelassen sind, kannst du dir kostenlos von einer Ärztin oder einem Psychotherapeuten auf Rezept verschreiben lassen. Wie das genau funktioniert, erfährst du hier: Erste Schritte zum Rezept.

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  • Quellennachweis
    1. DGPPN (2023). Basisdaten zu psychischen Erkrankungen in Deutschland. Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e.V. https://www.dgppn.de/_Resources/Persistent/93a818859031c45661aa7f6d298d6fecc6de45e9/20230104_Factsheet_Kennzahlen.pdf
    2. Gesundheitsreport 2023 – Arbeitsunfähigkeiten, Herausgeber: Techniker Krankenkasse, Unternehmenszentrale, Hamburg
    3. Daten und Fakten. (2023, August 25). psyGA. https://www.psyga.info/psychische-gesundheit/daten-fakten
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