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Wartezeit für eine Psychotherapie – was du tun kannst

Der Weg in die Psychotherapie ist leider oft ein steiniger. Schon lange ist es für Menschen mit psychischen Erkrankungen schwer, schnelle Hilfe zu erhalten. So stehen lange Wartezeiten der Hoffnung auf eine baldige Psychotherapie oft im Weg. Die Praxen sind voll – man selbst geht vielleicht leer aus und landet auf Wartelisten. Dabei hat sich der Bedarf an Psychotherapie in den letzten 20 Jahren nahezu verdoppelt. Alleine in Deutschland sind ca. 17,8 Millionen Menschen jährlich von psychischen Erkrankungen betroffen. Viele von ihnen sind auf der Suche nach einem Psychotherapieplatz. Doch diese wird oft zu einem Marathon, bei dem es vor allem eins braucht: Ausdauer. Wahrscheinlich fragst du dich, wie viel Wartezeit für eine Psychotherapie eigentlich üblich ist. Warum es an Therapieplätzen fehlt und wie du die Wartezeit überbrücken kannst, erfährst du hier.

Der Weg in die Psychotherapie

Zu Beginn einer jeden Behandlung steht die Frage: „Brauche ich eine Therapie?” Diese kannst du am besten mit einem Psychotherapeuten oder einer Psychotherapeutin beantworten. Dafür eignet sich die sogenannte psychotherapeutische Sprechstunde. Um einen Termin dafür zu vereinbaren, kannst du eine geeignete Psychotherapiepraxis in deiner Nähe suchen. Wie das funktioniert, erfährst du in unserem Artikel: „Wie finde ich einen Psychotherapieplatz“. Was wir immer raten würden: Sobald du dir die Frage stellst, ob eine Psychotherapie für dich Sinn macht, solltest du es lieber einmal professionell abklären lassen. Im Zweifel gilt also immer – lieber einmal zu oft eine professionelle Meinung einholen.

Im Rahmen der Sprechstunde kannst du dann deine Beschwerden schildern, sodass dein Gegenüber deine Symptome einordnen kann. Anschließend könnt ihr klären, ob eine Psychotherapie das Richtige für dich ist und welche Therapieform zu dir passt. Außerdem erfährst du, ob eine Therapie bei dem jeweiligen Psychotherapeuten oder der jeweiligen Psychotherapeutin sofort möglich oder mit Wartezeit verbunden ist. Alle wichtigen Informationen werden in der Sprechstunde auf einem Formular zusammengefasst, mit dem du dann auf die Therapieplatzsuche gehen kannst.

Wartezeiten auf die Psychotherapie – wie lange dauert es, bis ich Hilfe erhalte?

Einen Termin für die psychotherapeutische Sprechstunde erhält man in der Regel innerhalb von 6 Wochen. Anschließend wird Studienergebnissen zufolge allerdings nur etwa der Hälfte aller behandlungsbedürftigen Patienten und Patientinnen ein nahtloser Übergang in die Psychotherapie ermöglicht.

In den letzten Jahren haben sich daher viele Studien der Frage gewidmet: Wie lange beträgt die Wartezeit für einen Therapieplatz genau? Die Ergebnisse sorgen für Frustration.

Nach einer Auswertung der Bundespsychotherapeutenkammer warten rund 40 Prozent der Hilfesuchenden im Anschluss an eine psychotherapeutische Sprechstunde mindestens 3 bis 9 Monate auf den Beginn einer Behandlung.

Eine Datenanalyse des rbb24, einem Nachrichtenmagazin des Rundfunks Berlin-Brandenburg, ermittelte im Frühjahr 2022 eine durchschnittliche Wartezeit von 3 bis 4 Monaten. 

Wartezeiten auf eine Psychotherapie von mehr als einem Vierteljahr sind also leider eher die Regel als die Ausnahme. Aber ist das überall so? Tatsächlich gibt es Unterschiede in der Wartezeit für Psychotherapie in städtischen und ländlichen Regionen. Die Analyse des rbb24 zeigt: Während Betroffene in Städten nach einer Sprechstunde etwa 2 Monate auf einen Therapieplatz warteten, seien es auf dem Land beinahe 6 Monate.

Was steckt hinter der Wartezeit?

Die Anzahl an zugelassenen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Deutschland steigt. Allerdings kann nur etwas mehr als die Hälfte der Therapeuten und Therapeutinnen ihre Psychotherapien über die gesetzlichen Krankenkassen abrechnen – damit entsteht eine Lücke zwischen Bedarf und Angebot. Es kommt zu langen Wartezeiten für eine gesetzlich bezahlte Psychotherapie.

Woran liegt das? Um als Behandler oder Behandlerin über die Krankenkasse abrechnen zu dürfen, benötigt man in Deutschland einen sogenannten „Kassensitz”. Diese sind allerdings in ihrer Anzahl begrenzt und werden durch die Bedarfsplanung festgelegt. Die Bedarfsplanung bestimmt die Anzahl und die räumliche Verteilung von Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen im Land. Zuständig dafür ist der gemeinsame Bundesausschuss (GBA).

Die erste Bedarfsplanung wurde im Jahr 1999 eingeführt – und seitdem nicht mehr verändert. Mit der stetig wachsenden Zahl an behandlungsbedürftigen Betroffenen zieht sich der Mangel an Therapieplätzen also nicht nur bis heute, er verschlimmert sich sogar. 2019 ermittelte ein Gutachten des GBA einen Bedarf von bis zu 2.400 zusätzlichen Kassenplätzen, um der Wartezeit für Psychotherapie entgegenzuwirken. Grund dafür ist unter anderem die Corona-Pandemie. Durch sie haben sich psychische Belastungen und der Bedarf an Psychotherapie in der Gesellschaft stark erhöht. Aber auch die Offenheit für das Konzept der Psychotherapie steigt, sodass immer mehr Menschen Hilfe in Anspruch nehmen. Doch auch nach dem Gutachten hat sich wenig verändert: So wurden mit 800 neuen Therapieplätzen nur ein Drittel des ermittelten Bedarfs umgesetzt. Warum der GBA weniger Psychotherapieplätze geschaffen hat als empfohlen, bleibt unbeantwortet. 

Wie kann ich mit der Wartezeit für Psychotherapie umgehen?

An der Wartezeit für eine Psychotherapie gibt es leider keinen Weg vorbei – zumindest keinen direkten. Jedoch gibt es einige sinnvolle Alternativen, mit denen du etwas schneller Hilfe erlangen oder die Wartezeit überbrücken kannst. Wir zeigen dir 6 Möglichkeiten:

1Akutbehandlung

Solltest du dich in einer akuten, schweren psychischen Krise befinden, gibt es sogenannte Akutbehandlungen, die das Ziel haben, dir wieder zu emotionaler Stabilität zu verhelfen. Diese finden ambulant statt und beinhalten bis zu 12 Behandlungstermine. Die Wartezeit beträgt je nach Symptomatik etwa 3 Wochen. Wenn du eine Akutbehandlung in Anspruch nehmen möchtest, kannst du dich bei einem Psychotherapeuten oder einer Psychotherapeutin deiner Wahl melden. Im Anschluss an eine psychotherapeutische Sprechstunde kannst du dann mit der Akutbehandlung beginnen. Es ist auch möglich, nach einer Akutbehandlung eine Psychotherapie anzuschließen und die Behandlung somit weiterzuführen.

Hilfe bei Krisen

Ein offenes Ohr in Lebenskrisen findest du – rund um die Uhr – bei der Telefonseelsorge, kostenfrei und anonym (0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222). Wenn du dich in einer akuten Krise befindest, Suizidgedanken hast oder nicht mehr weiter weißt, kannst du dich zu jeder Tages- und Nachtzeit in einer Psychiatrischen Klinik vorstellen. Entsprechende Klinikadressen findest du hier. Du kannst auch den Krisendienst aufsuchen oder den Notarzt rufen, denn der ist nicht nur für körperliche, sondern auch für psychische Notfälle da (112).

2Ein Blick in die Stadt

Wie die Datenanalyse des Rundfunks Berlin-Brandenburg gezeigt hat, warten Hilfesuchende auf dem Land beinahe 4 Monate länger auf einen Psychotherapieplatz als Betroffene in der Stadt. Solltest du auf dem Land leben und bisher erfolglos nach einem Therapieplatz gesucht haben, ist es daher ratsam, deine Suche auf eine nahe gelegene Stadt auszuweiten. Das erhöht deine Chancen, deine Wartezeit für eine Psychotherapie zu reduzieren.

3Auf anderen Wegen suchen

Wie bei vielen Auskünften ist auch bei der Suche nach einem Psychotherapeuten oder einer Psychotherapeutin Google oft unser bester Freund. Jedoch kann es sich lohnen, auf anderen Wegen nach einem Therapieplatz zu suchen und die Wartezeit auf eine Psychotherapie so zu verkürzen. Denn die ersten Suchergebnisse zeigen meist Praxen, die bereits eine gute Internetpräsenz haben und bei denen der Andrang dadurch oft groß ist. 

Alternativ kannst du dich zum Beispiel bei deiner Krankenkasse melden. Von dieser erhältst du eine Liste mit Psychotherapeuten und -therapeutinnen in deiner Nähe – hier sind dann auch die Psychotherapiepraxen aufgeführt, die gar nicht oder nur schwer über das Internet zu finden sind.

4Private Therapiepraxen

Solltest du bei der Suche nach einem Therapieplatz für eine gesetzlich bezahlte Psychotherapie scheitern, lohnt es sich, eine Therapie bei einer privaten Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten in Erwägung zu ziehen. Diese Option ist allerdings nicht günstig, denn eine 50-minütige Sitzung kostet um die 100 Euro.

💡 Gut zu wissen: In manchen Fällen arbeiten Privatpraxen mit dem sogenannten „Kostenerstattungsverfahren”. Das heißt, dass die Kosten für die Therapiesitzungen von der Krankenkasse zurückerstattet werden. Für so einen Ausnahmefall muss die Patientin oder der Patient vorweisen können, dass dringend Psychotherapie benötigt wird und kein Psychotherapeut bzw. keine Psychotherapeutin mit Kassenzulassung in näherer Umgebung einen freien Therapieplatz anbieten kann. Meist werden die Entscheidungen zur Kostenerstattung bei Psychotherapie im Einzelfall getroffen. Wende dich hierfür am besten an deine Krankenkasse.

5Psychologische Beratungsstellen

Eine weitere Möglichkeit, die Wartezeit für eine Psychotherapie zu überbrücken, ist das Aufsuchen einer psychologischen Beratungsstelle. Hier triffst du zwar nicht immer auf Psychotherapeuten oder -therapeutinnen, dafür aber auf geschulte Sozialpädagogen und Sozialpädagoginnen, Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen sowie Psychologen und Psychologinnen, die dir mit einem offenen Ohr und Empathie zur Seite stehen. Einen Termin erhältst du bei der psychologischen Beratung meist recht spontan. Deshalb kann sie eine hilfreiche Alternative zur sofortigen Psychotherapie darstellen.

6Selbsthilfegruppen

Selbsthilfegruppen dienen dazu, Informationen und Erfahrungen auszutauschen. Betroffene, ehemalige Betroffene und/oder Angehörige können sich gegenseitig helfen, Antriebslosigkeit zu überwinden, sich emotional unterstützen und praktische Lebenshilfe geben. Außerdem können die regelmäßigen Kontakte einem sozialen Rückzug vorbeugen und die Selbstmotivation fördern. Die Toleranz und das Verständnis für psychische Beschwerden ist dabei in der Regel sehr groß. Entsprechende Anlaufstellen findest du über die Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen (NAKOS).

7Psychologische Online-Therapieprogramme

Eine Möglichkeit der psychologischen Soforthilfe bieten Online-Therapieprogramme, die flexibel und unabhängig von Zeit und Ort genutzt werden können. Die Online-Therapiekurse von HelloBetter basieren auf der kognitiven Verhaltenstherapie und enthalten 6 bis 9 Kurseinheiten, die du selbstbestimmt absolvierst. Dabei sind die Therapiekurse in ihrer Wirksamkeit wissenschaftlich bestätigt und du wirst während der gesamten Zeit von einer qualifizierten Psychologin oder einem Psychotherapeuten aus dem HelloBetter Team begleitet. 

Zudem erhältst du wichtige Informationen zu deinen Beschwerden und lernst hilfreiche Strategien für deinen Alltag, damit es dir bald wieder besser geht. So kannst du die Wartezeit auf eine Psychotherapie vor Ort effektiv überbrücken, ohne dass dein Anspruch darauf erlischt. Viele der Online-Therapiekurse bekommst du kostenfrei auf Rezept, sodass gesetzliche Krankenkassen alle Kosten zu 100% übernehmen müssen. Interessiert? Dann erfährst du alles Weitere unter HelloBetter.de.

Am Ball bleiben

Auch wenn der Weg in eine Psychotherapie oft kein leichter ist, lohnt es sich, am Ball zu bleiben, Durchhaltevermögen zu zeigen und die Hoffnung nicht aufzugeben – dein Zukunfts-Ich wird dir danken! Vielleicht magst du dir jetzt aber schon mal einen kurzen Moment nehmen, um deine Bemühungen zu wertschätzen und einmal wirklich stolz auf dich zu sein. Du bist auf dem richtigen Weg!

Wünschst du dir psychologische Unterstützung? Wir begleiten dich auf deinem Weg in eine gestärkte Zukunft.
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  • Quellennachweis
    1. Bundespsychotherapeutenkammer. (2021, 29. März). BPtK-Auswertung: Monatelange Wartezeiten bei Psychotherapeut*innen. bptk.de. https://www.bptk.de/bptk-auswertung-monatelange-wartezeiten-bei-psychotherapeutinnen/
    2. Deutscher Bundestag (2022, 15. September). Wartezeiten auf eine Psychotherapie. Studien und Umfragen. bundestag.de. https://www.bundestag.de/resource/blob/916578/53724d526490deea69f736b1fda83e76/WD-9-059-22-pdf-data.pdf 
    3. Deutsches Ärzteblatt. (2022, 25. Mai). Lange Wartezeiten auf eine Psychotherapie. aertzeblatt.de. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/134527/Lange-Wartezeiten-auf-eine-Psychotherapie
    4. Deutsches Psychotherapeuten Netzwerk. (o. D.). Was kann ich tun, wenn ich keinen Therapieplatz bekomme? dpnw.de. https://dpnw.de/keinen_therapieplatz
    5. Piwon, J. (2022, 6. April). Therapieplätze: Viel Nachfrage, wenig Angebot. tagesschau.de. https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/therapie-pandemie-101.html
    6. Rundfunk Berlin-Brandenburg. (2022, 26. Mai). Wartezeiten für Psychotherapieplätze sind weit höher als von Krankenkassen angegeben. rbb24.de. https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2022/05/wartezeiten-psychotherapie-laenger-als-angaben-krankenkassen.html
    7. Singer, S., Maier, L., Paserat, A. et al. (2021, 5. November) Wartezeiten auf einen Psychotherapieplatz vor und nach der Psychotherapiestrukturreform. Psychotherapeut 67, 176–184. https://doi.org/10.1007/s00278-021-00551-0 
    8. Weskott, B. (2021, 8. Februar). Streit um Kassensitze – Ärger für angehende Psychotherapeuten. deutschlandfunkkultur.de. https://www.deutschlandfunkkultur.de/streit-um-kassensitze-aerger-fuer-angehende-100.html
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