Was ist eine soziale Phobie?
Eigentlich sollte es uns egal sein, was andere von uns denken, oder? Trotzdem können wir solche Gedanken um die Bewertung von außen wirklich schlecht abstellen. Für Betroffene einer sozialen Phobie geht es hier jedoch noch um viel mehr. Sie haben Angst davor, merkwürdig, lächerlich oder peinlich zu wirken, ausgelacht oder sogar gedemütigt zu werden. Eine Angst, die so groß ist, dass sie mit Panikattacken einhergehen kann. Diese Angst tritt dann zumeist in sozialen Situationen oder Leistungssituationen auf – bei Prüfungen, beim Reden und ja, sogar beim Essen in der Öffentlichkeit.
Soziale Kontakte sind aber wichtiger Dreh- und Angelpunkt unseres gesellschaftlichen Lebens, schließlich ist unser Alltag geprägt von sozialen Interaktionen. Das bedeutet, der Alltag von Menschen mit sozialer Angst ist gespickt mit Momenten, in denen sie mit ihrer Angst vor Menschen konfrontiert werden. Das kann ein Arztbesuch sein, der Small Talk mit der Kassiererin im Bioladen oder das Telefonat mit dem neuen Vermieter. Schwer auszuhalten ist für Betroffene auch oft die Vorstellung, dass ihre Angst für die Außenwelt sichtbar wird. So fürchten sie, dass jemand ihr Schwitzen, Zittern oder Erröten bemerken könnte. Diese körperlichen und psychischen Folgen der Angstreaktion sind ein zentraler Aspekt der Sozialphobie.
Woher kommt die Sozialphobie?
Die möglichen Ursachen einer sozialen Phobie sind vielfältig, multifaktoriell bedingt und können auch zusammenspielen. Dazu zählen:
- Genetische Anlagen
- Persönlichkeitsmerkmale (z.B. Schüchternheit und Angst vor Unbekanntem)
- bestimmte Gedankenmuster (z.B. hohe Ansprüche an sich selbst oder immer vom Schlimmsten auszugehen)
- Hohe Selbstaufmerksamkeit („Werde ich gerade wieder rot?“ oder „Mein Herz schlägt ja schneller!“)
- Kontrollierender und überbehütender Erziehungsstil der Eltern
- Traumatische Erlebnisse mit anderen Menschen (Mobbing etc.)
- Belastende Lebensereignisse (z.B. Trennungen oder der Tod eines geliebten Menschen)
Was sind Symptome einer sozialen Phobie?
Bei der psychologischen Diagnose (nach ICD-10) steht für die soziale Phobie besonders die Angst vor negativen Bewertungen durch andere Menschen im Fokus. Eine Folge davon und auch ein zentrales Diagnosekriterium, ist die Vermeidung von sozialen Situationen.
Zusätzliche Merkmale sind ein niedriges Selbstwertgefühl und die Furcht vor Kritik. Soziale Phobien gehen oft mit der (tatsächlichen oder vermeintlichen) Verstärkung körperlicher Beschwerden einher. Dazu gehören etwa Erröten, Zittern und Schwitzen, gelegentlich aber auch Übelkeit, Drang zum Wasserlassen oder Panikattacken. Diese Kriterien werden von Psychotherapeuten in einem Interview überprüft.
Kennzeichnend ist außerdem, dass diese Ängste in sozialen Situationen auftreten. Das kann beim Essen in der Öffentlichkeit sein, beim Sprechen vor anderen oder auch bei Begegnungen mit anderen Menschen.
Partys, Klassenräume oder Konferenzen können ganz klassische Situationen und Orte sein, in denen die soziale Angst auftritt. Deutlich wird die Angst dann besonders durch körperliche Symptome wie z.B. Herzklopfen, Schweißausbrüche , Zittern, Atembeschwerden, Übelkeit oder Schwindel. Während dieser Angst kann auch das Gefühl einer veränderten Wahrnehmung entstehen (Derealisation). Dabei besteht häufig die Angst vor einem Kontrollverlust oder das Gefühl verrückt zu werden. Teilweise erleben Betroffene sogar die Angst zu sterben.
Eine emotionale Belastung
Die Angst kann auch eine deutliche emotionale Belastung bedeuten. Als belastend wird mitunter auch das folgende Vermeidungsverhalten empfunden. Zum Beispiel wenn wir aufgrund der sozialen Phobie nicht mehr in die Schule oder zur Arbeit gehen können oder uns vollständig aus dem sozialen Leben zurückziehen. Menschen mit sozialer Angst ist dabei meistens auch selber bewusst, dass ihre Angst übertrieben und das Vermeidungsverhalten unvernünftig ist. Sie wissen, dass aus rationaler Sicht kein Grund zu so großer Sorge besteht.
Menschen mit Sozialphobie sind also keine Misanthropen, die sich gerne in ihren vier Wänden einschließen und andere Menschen nicht ausstehen können. Im Gegenteil: dass sie unter ihrer Isolation leiden, ist ein klares Kriterium der Erkrankung.
Behandlungsmöglichkeiten – was kann ich tun?
Schwierig zu beurteilen ist für uns oft, ob es an der Zeit ist, Hilfe zu suchen. Dabei unterschätzen wir nicht selten die Dringlichkeit und Ernsthaftigkeit unserer Probleme. Wie ist es bei dir? Bemerkst du, dass du eine übermäßige Angst vor sozialen Situation hast oder vermeidest du es, dich mit anderen zu treffen, aus Angst du könntest dich blamieren? Dann kann es durchaus sinnvoll sein, dir Hilfe zu suchen. Denn es bestehen gute Chancen auf einen positiven Verlauf, insbesondere bei einem frühen Therapiebeginn.
Angst ist ein rudimentäres Überbleibsel aus unserer evolutionären Vergangenheit. Sie begleitet uns schon Tausende von Jahren und hat uns das ein oder andere Mal das Leben gerettet. Inzwischen gibt es weniger Säbelzahntiger, aber dafür manchmal kleine innere Schattenwesen. Unser Körper kennt noch dieselben Angstmechanismen aus der Vergangenheit und schätzt die Situationen der Gegenwart manchmal bedrohlicher ein, als sie in Wirklichkeit sind. Wir können ihm helfen, die Dinge wieder so zu sehen, wie sie wirklich sind.
Die soziale Phobie schrittweise überwinden
Eine Therapiemöglichkeit für Menschen mit sozialer Angst ist die kognitive Verhaltenstherapie. Der Fokus liegt hier zunächst auf der Umstrukturierung von unangenehmen Gedanken. In der Therapie lernen Patienten und Patientinnen mit Angst vor Menschen, ihre Gedanken einer sogenannten Realitätsprüfung zu unterziehen. Die mit der sozialen Phobie assoziierten Gedanken werden bewusst gemacht, überprüft und wenn nötig angepasst.
Wir verraten dir ein Geheimnis über die Angst: sie zieht meistens den Kopf ein, wenn wir uns ihr stellen.
Konfrontation ist also ein zentraler Bestandteil der kognitiven Verhaltenstherapie bei sozialer Angst. Außerdem ist es wichtig, Vermeidungsverhalten abzubauen, indem du angstbehaftete Orte und Situationen wieder ganz bewusst angehst.
Die Angst vor den anderen. Die Angst vor der Angst. Diese wesentlichen Aspekte der sozialen Phobie führen mitunter dazu, dass man sich nicht traut, Hilfe zu suchen. Doch vielleicht kannst du dich jemandem anvertrauen, der dich unterstützt. Zum Beispiel dabei, einen Termin bei einer Psychotherapeutin zu finden. Versuche einmal, dich zu trauen und eine E-Mail zu schicken. Die ersten Schritte sind meistens die schwierigsten, aber mit ein bisschen Mut kann es dir bald besser gehen!
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