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Von der Kraft des Tröstens

Trost zu spenden ist keine leichte Aufgabe. Und das, obwohl wahrscheinlich alle von uns Momente kennen, in denen wir traurig sind und Menschen brauchen, die uns aufrichten. Aufgrund von Verlusten, Schmerzen oder auch psychischen Krisen. Und trotzdem kann es unglaublich schwer fallen, selbst zu trösten und die vermeintlich „richtigen Worte” zu finden. Warum ist das so? Warum fühlen wir uns oft so hilflos, wenn wir mit Schicksalsschlägen anderer konfrontiert werden? Wir zeigen dir, was dahintersteckt und wie du nahestehenden Menschen in schweren Zeiten Trost spenden kannst.

Was bedeutet es, Trost zu spenden?

Wir Menschen sind soziale Wesen. Als solche wollen wir, dass es anderen gut geht – vor allem denen, die uns wichtig sind. Sind sie das nicht, weil sie beispielsweise einen Verlust erlebt haben und traurig sind, gerät meist auch unser Wohlbefinden ins Ungleichgewicht, wir sind betroffen und wollen helfen. Zu trösten heißt dann, dass wir unser Gegenüber in seinem Leid aufrichten, ihn beruhigen oder aufmuntern. Es heißt (leider) nicht, dass wir genau dieses Leid und die Belastungen abnehmen oder beenden können. Aber wir können sie für die Betroffenen vielleicht ein bisschen leichter machen, indem wir ihnen Trost spenden und die schwere Zeit gemeinsam durchstehen.

Warum Trösten schwerfallen kann 

Bei vermeintlich kleinen Dingen wie einem aufgeschlagenen Knie werden die meisten von uns ganz gut trösten können. Dazu greifen wir vor allem auf unsere eigenen Erfahrungen zurück und darauf, was wir von anderen in Sachen Trost spenden gelernt haben. Wir wissen nämlich meist, wie sich ein aufgeschlagenes Knie anfühlt – schmerzhaft – und was in einem solchen Moment zu tun ist – nämlich Pusten.

Bei anderen, größeren Belastungen wie beispielsweise einer Kündigung oder auch lebensverändernden Ereignissen wie dem Verlust eines geliebten Menschen sieht das jedoch oft ganz anders aus und Trösten fällt schwer. Das kann zu einem daran liegen, dass wir vor allem bei schweren Schicksalsschlägen keine eigenen Erfahrungswerte haben, mit denen wir uns in die Lage unseres Gegenübers hineinversetzen können. Oder wir haben ähnliche Dinge erlebt, an die wir denken müssen und die uns völlig einnehmen. Zum anderen können wir durch das Leid anderer daran erinnert werden, dass wir auch selbst in eine so schwierige Situation geraten können. Dann werden wir sozusagen mit unseren eigenen Ängsten konfrontiert und versuchen, diese vielleicht zu vermeiden. All das kann es schwer machen, sich dem Gegenüber wirklich zuzuwenden und Trost zu spenden. 

In Kulturen, in denen der Tod als Teil des Lebens ganz offen angesprochen und einen festen Platz im Bewusstsein und Alltag der Menschen hat, fällt das Trösten oft leichter. So werden beispielsweise in Mexiko am Tag der Toten (Día de Muertos) das Leben und der Tod ganz offen gefeiert. Das kann Hemmungen senken, über belastende Themen zu sprechen und gemeinsam zu trauern – auch das kann Trost spenden.

Wege finden, um Trost zu spenden 

Wie wir anderen Trost spenden, hat viel damit zu tun, wie wir mit uns selbst und unseren Gefühlen umgehen. Neigen wir beispielsweise dazu, unangenehmen Gefühlen aus dem Weg zu gehen, werden wir das vielleicht auch bei unserem Gegenüber tun. Sind wir hingegen im engen Kontakt mit unserem Erleben und erlauben uns beispielsweise zu weinen, sind wir wahrscheinlich auch im Trösten viel offener.

Unabhängig davon, was auf dich zutrifft: Indem du diesen Artikel liest, bist du anscheinend schon den ersten wichtigen Schritt des Tröstens gegangen. Du hast nämlich erkannt, dass dein Gegenüber belastet ist und Trost braucht. Wir zeigen dir, wie du mit solchen Momenten umgehen kannst und was dabei wichtig ist. 

Was du beim Trösten nicht sagen oder tun solltest

  • Vertrösten – „Meld dich, wenn was ist.” Hinter solchen meist gut gemeinten Angeboten verbirgt sich oft die eigene Unsicherheit und der Wunsch, die Situation zu vermeiden. Dabei können Menschen, die eine schwere Zeit durchmachen und Trost brauchen, eben genau das meist nicht tun – sich melden. Sei es aus fehlender Kraft oder aus Angst, anderen unnötig zur Last zu fallen.

  • Kleinreden – „Das ist doch gar nicht so schlimm.” Das mag für dich stimmen, aber nicht unbedingt für dein Gegenüber. Indem du die Belastung abschwächst, signalisierst du jedoch, dass es eigentlich gar keinen Grund gibt, traurig zu sein und zu trösten. 

  • Ungeduldig werden – „Bist du immer noch traurig?” So verschieden die Belastungen, so unterschiedlich reagieren Menschen darauf. Wenn du aber deinen eigenen Maßstab und deine eigenen Vorstellungen der „angemessene Dauer” einer Krise anwendest, kannst du dein Gegenüber zusätzlich unter Druck setzen und Gefühle in Frage stellen. 

  • Bemitleiden – „Du tust mir so leid.” Auch solche oft gut gemeinten Worte können dazu führen, dass sich dein Gegenüber noch kleiner und hilfloser fühlt. Versuche, stattdessen den Auslöser zu benennen und bei den Gefühlen des anderen zu bleiben („Es tut mir so leid, dass du dich traurig fühlst.”). 

  • Totschweigen – Es ist ein ganz natürliches Bedürfnis, unangenehmen Situationen aus dem Weg gehen zu wollen. Wenn du die Belastungen deines Gegenübers aber übergehst und so tust, als sei nichts passiert, ist meist niemandem geholfen. Dadurch können nämlich nicht nur Schuldgefühle entstehen, sondern beim Betroffenen auch der Eindruck, nicht gesehen zu werden, fehl am Platz zu sein und unerwünschte Gefühle zu haben. 

Was du tun und sagen kannst, um Trost zu spenden

  • Zeige, dass du da bist – Beim Trost spenden geht es nicht um die perfekten tröstenden Worte und das eine richtige Verhalten. Oft sind es sogar schon die kleinen Gesten, die aufmuntern können. Das kann eine kurze Gute-Nacht-SMS („Ich denke an dich.”) oder eine selbstgemachte Lasagne sein. Oder ihr schweigt zusammen, wenn die Worte fehlen. Wichtig ist, zu zeigen und spüren zu lassen, dass du da bist. 

  • Achte auf die Bedürfnisse des anderen – Sich getröstet zu fühlen, kann für uns alle etwas ganz anderes bedeuten. Frage dich also, was der oder die Getröstete gerade braucht. Eine Umarmung, Ablenkung oder ein Gespräch? Falls du unsicher bist, dann frage ruhig auch nach („Womit kann ich dich unterstützen?”) oder überlege, was dir oder deinem Gegenüber sonst geholfen hat. Auf Vertrautes zurückzugreifen, kann sich dann auch für dich gut anfühlen. 

  • Sei offen – Im Umgang mit belasteten Menschen verunsichert zu sein, ist völlig normal. Sprich daher offen aus, dass du zum Beispiel nicht weißt, was du tun oder sagen sollst. Das ist meist hilfreicher, als genau aus diesen Gründen wegzugehen. Zudem zeigt es deinem Gegenüber, dass er oder sie nicht alleine damit ist, sich hilflos zu fühlen. 

  • Halte deine eigene Unsicherheit aus – Deine eigene Unsicherheit anzusprechen bedeutet auch, sie auszuhalten und da zu bleiben. Das ist eine wichtige Aufgabe von Tröstenden. Und letztlich kann es sogar entlastend sein, dir klarzumachen, dass du nicht alles wissen und tun kannst. 

  • Achte auf dich – Trösten ist nicht immer einfach und kann Kraft kosten. Schaffe dir deshalb einen Ausgleich und Ruhephasen. Du kannst zum Beispiel versuchen, für eine bestimmte Zeit ganz für den anderen da zu sein, um danach bewusst etwas nur für dich zu tun.

  • Respektiere die Grenzen – Trost zu spenden bedeutet nicht, dass dein Gegenüber diesen Trost auch zulässt oder es direkt besser geht. Krisen brauchen Zeit und auch beim Trösten gibt es Grenzen. Versuche also, solche Entwicklungen nicht persönlich zu nehmen, sondern als natürlichen Prozess anzunehmen. 

Das eigene Wohlbefinden im Blick behalten

Wenn es nahestehenden Menschen nicht gut geht, berührt uns das. Aber auch wir sind nur Menschen. Wenn du also – warum auch immer – keinen Trost spenden kannst, dann ist das völlig in Ordnung. Du darfst Nein sagen und auch andere Menschen mit ins Boot holen, indem du dich beispielsweise gemeinsam im Freundeskreis oder der Familie berätst. Oder du motivierst dein Gegenüber, sich ärztlichen oder psychotherapeutischen Rat zu holen. Genau das, was du natürlich auch für dich selbst in Anspruch nehmen kannst. Wenn dich die tröstende Begleitung beispielsweise sehr belastet oder überfordert. Auf unserem Blog zeigen wir dir deshalb, wie du einen Psychotherapieplatz finden kannst.

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