Warum haben wir Ängste?
Von dem Tag unserer Geburt an gibt es Angst in unserem Leben. Das klingt dramatisch, ist aber genauso natürlich wie notwendig. Angst ist eine unserer Basisemotionen und hat uns dorthin gebracht, wo wir heute sind. Hätten Menschen keine Angst, so wären unsere Vorfahren einen Kampf mit dem Säbelzahntiger eingegangen statt zu fliehen und mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit bereits ausgestorben.
Angst ist etwas Gutes. Sie will uns schützen. Heute seltener vor dem Säbelzahntiger, aber es gibt immer noch mehr als genug gute Gründe dafür, dass sie zum Einsatz kommt. In unserem alltäglichen Leben begegnen uns unzählige Situationen, die Ängste in uns auslösen können. Und dabei geht es so gut wie nie wirklich um unser Überleben. Denn Angst verspüren wir genauso vor einem Bewerbungsgespräch, bei einem Konflikt mit einem Freund oder dem Umzug in eine neue Stadt.
Was passiert mit mir, wenn ich Angst habe?
Wir alle kennen dieses mulmige Gefühl in unserem Bauch, als würde der Magen eine Etage nach unten rutschen. Unser Herz schlägt schneller, unsere Hände kommen ins Schwitzen und unser Körper wird zittrig. All diese Reaktionen haben ihre Berechtigung und sind grundsätzlich sinnvoll.
Sie haben uns früher auf den Kampf vorbereitet – „Fight or Flight“. Unser sympathisches Nervensystem wird hochgefahren, das Blut strömt aus dem Kopf in die Beine, wir sind darauf vorbereitet, zu rennen oder zu kämpfen. Alle anderen Funktionen werden heruntergefahren: Erholung, Schlaf, Verdauung stehen jetzt erstmal hinten an. Sobald die Gefahr vorüber ist, kommt es zum Ausgleich – der Parasympathikus wird aktiviert und sorgt dafür, dass sich unser Körper von der Anstrengung wieder erholt.
Und wenn meine Angst nicht mehr nützlich ist?
Was ist aber, wenn dieser Wechsel von der Anspannung in die Entspannung nicht mehr stattfindet? Bei vielen Menschen, die unter einer Angststörung leiden, ist das der Fall. Sie verspüren deutlich häufiger und auch intensiver Angst als andere und kommen dadurch immer wieder in den Zustand der Erregung.
Angststörungen sind ein sehr weites Feld, aber egal, ob generalisierte Angststörung, soziale Phobie oder Panikstörung – das Prinzip ist immer dasselbe: Verschiedene Situationen oder Reize lösen Angst in der Person aus, obwohl diese nicht dem Schutze oder Überleben dienen. Der Sympathikus ist dadurch übermäßig häufig und stark aktiviert und versetzt die Person in einen andauernden Zustand von Anspannung.
Wie wirkt Yoga gegen Angst?
Die Aktivierung unseres vegetativen Nervensystems ist keine Einbahnstraße. Genauso, wie Angst unser sympathisches Nervensystem aktivieren und uns in Anspannung versetzen kann, können wir seinen Gegenspieler, den Parasympathikus, über gezielte Entspannung aktivieren. Wenn wir diese Zusammenhänge einmal verstanden haben, ist ein großer Schritt schon getan.
Denn ein ganz entscheidender Aspekt der Angststörungen ist das Gefühl des Kontrollverlustes. Personen mit einer Angststörungen haben meist das Gefühl, ihrer Angst machtlos ausgeliefert zu sein, was die Angst wiederum verstärkt. Dieser Teufelskreis lässt sich aber durchbrechen, wenn wir uns bewusst machen, dass wir sehr wohl Einfluss auf unsere Angst nehmen können. Der Großteil der Angst spielt sich im Außen ab, ausgelöst durch äußere Reize, Situationen, vermeintliche Gefahren.
Bei Yoga gegen Angst richten wir unsere Aufmerksamkeit weg von der Außenwelt hin zu unserem Inneren. Dieses innere Bewusstsein ist gerade im Bezug auf Angst essentiell. Im Yoga lernen wir, unsere körperlichen Reaktionen wie auch unserer Gedanken genau zu beobachten. Nur wenn wir sehen und verstehen, was in uns passiert, können wir auch Einfluss darauf nehmen.
Die Angst mit Yoga Atemübungen einfach wegatmen?
Bei allen Atemtechniken geht es in erster Linie darum, den Atem bewusst wahrzunehmen und zu steuern. Dadurch lernen wir, Einfluss auf unsere körperlichen Funktionen zu nehmen und spüren diesen unmittelbar.
Ein Beispiel: Wir stehen kurz vor einer wichtigen Prüfung. Wir haben Angst, die Hände werden feucht, der Kopf scheint plötzlich leer zu sein. Wir atmen flach und schnell. Nur ein paar tiefe, ruhige Atemzüge in den Bauch, die Augen geschlossen, lassen uns wieder klarer denken.
Was so banal und einfach klingt, ist deutlich mehr als das oft gehörte „einfach mal tief durchatmen“. Durch gezielte Atemtechniken, im Yoga Pranayama genannt, lassen sich Nervenbahnen des Parasympathikus aktivieren, was uns in einen Zustand der Entspannung bringt. Hast du die Techniken einmal verinnerlicht, kannst du Yoga gegen Angst und aufkommende Panik in Alltagssituationen einsetzen. Außerdem können regelmäßige Yogaübungen auch deinen Schlaf verbessern.
Es haben schon zahlreiche Studien die positiven Effekte von Pranayama auf verschiedenste psychische Variablen nachgewiesen. Bei regelmäßiger Praxis hat sich bei Personen mit einer Panikstörung die Anzahl der Attacken reduziert, bei Menschen mit einer generalisierten Angststörung senkte sich das Niveau der Anspannung durch die Atemübungen. Und dafür musst du weder ein Yoga Guru sein, noch jahrelange Erfahrung haben. Mit ein paar gezielten Übungen kannst du einen großen Teil deiner Angst in die Hand nehmen und dir in brenzligen Situationen selbst helfen.
Yoga gegen Angst
Einfache Übungen für zuhause
Einen entspannten Geist beobachten
Neben den Atemtechniken zählen auch Asanas, die körperlichen Übungen sowie Meditation zur Yogalehre. Die Meditation ist ein toller Weg, um sich selbst zu beobachten und besser zu verstehen. Dazu gehören auch körperliche Empfindungen wie dein Herzklopfen oder dein Atem.
Deshalb ist es besonders wertvoll, während der Yogapraxis immer wieder kleine Check-Ups zu machen und deinen Körper zu scannen. Du wirst merken, dass viele der Empfindungen, die auch vom Erleben der Angst kennst, auftreten werden. Diese wahrzunehmen und zu spüren, wie sie wieder nachlassen ist sehr wirkungsvoll, um die Angst vor der Angst zu reduzieren.
Du kannst hier im Video anschauen, welche Atemtechniken und Asanas besonders gut geeignet sind, um Angstgefühle zu überwinden und Mut und Stärke in dir zu aktivieren. Vielleicht ist für dich die ein oder andere Übung dabei, die du mitnehmen kannst und dir das gute Gefühl gibt, bei Angst etwas in der Hand zu haben.
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