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Beziehung mit einem depressiven Partner: Einen guten Umgang finden

Empfindet ein geliebter Mensch kaum mehr Freude, verliert den eigenen Antrieb oder wird von Niedergeschlagenheit überwältigt, kann das auch für die Partnerin oder den Partner mit großen Schmerzen verbunden sein. Eine Depression kann die Beziehung verändern und Fragen zum richtigen Umgang mit dem depressiven Partner aufwerfen. Zum einen kann der Wunsch zu helfen, sehr stark sein. Zum anderen sind auch die eigenen Kräfte begrenzt. In diesem Artikel erfährst du, welche Unterstützung ein depressiver Partner braucht, welche Rolle du selbst einnehmen kannst und wie du dabei auf deine eigenen Bedürfnisse achtest.

Die Depression deines Partners verstehen

Unter einer Depression zu leiden, kann für die Zeit der Erkrankung sowohl den Betroffenen als auch die Beziehung stark verändern. Für eine gute Unterstützung des depressiven Partners ist es deshalb zentral, sich über die Krankheit Depression zu informieren. Die geliebte Person kann sich mit Selbstvorwürfen überhäufen, sich isoliert fühlen und in Angst vor Ablehnung leben. Mit Depression einhergehen können auch eine Distanz zu den eigenen Emotionen, eine innere Leere und der Wunsch sich abzuschirmen. Vielleicht ist für partnerschaftliche Gefühle oder auch Intimität zeitweise kein Raum. All dies kann – auf beiden Seiten – überfordern und auch zu Frustration führen. 

Neben dem Lesen über Depression ist eine weiter Möglichkeit, dass du dich direkt von der Psychotherapeutin oder dem Psychotherapeuten mit einbeziehen lässt. So lernst du den typischen Verlauf einer Depression kennen und kannst realistische Erwartungen entwickeln. Indem du genau verstehst, was bei deinem depressiven Partner vor sich geht, kannst du besser helfen und Missverständnisse vermeiden.

Du bist nicht für die Depression verantwortlich

Zu Beginn einer psychischen Erkrankung überwiegen beim Gegenüber meist Verständnis und der Drang zu unterstützen. Bietest du viel Hilfe an, deine Unterstützung zeigt jedoch zunächst kaum Wirkung, können Gefühle von Ohnmacht und Hilflosigkeit aufkommen. Auch beziehen viele Partner das depressive Verhalten fälschlicherweise auf sich und kämpfen dann mit Schuldgefühlen. Sie fürchten, Teil der Ursache zu sein und die Depression mit ausgelöst zu haben. In der Regel ist es jedoch anders herum. Dann sind Konflikte in der Partnerschaft eher Folge einer Depression, nicht deren Ursache.

Es gilt: Du bist weder die Ursache der Depression, noch kannst du diese alleine heilen.

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Die eigene Rolle finden: Sei du selbst

Depression ist eine psychische Erkrankung. Wie bei vielen anderen Krankheit auch, steht es weder in deiner Macht, noch ist es deine Aufgabe, eine Heilung herbeizuführen. Manchmal wären wir zwar gerne Therapeutinnen oder Therapeuten, die genau wissen, was zu tun und zu sagen ist. Doch es besteht die Gefahr, sich in der Rolle eines „Pflegenden” zu verlieren. 

Ein klares Abgrenzen von therapeutischer Arbeit kann deshalb helfen, die Partnerschaft langfristig zu bewahren. Die Partnerin wird wieder zur Partnerin und muss nicht mehr die Rolle „der Psychologin“ übernehmen. Dadurch rückt man zusammen und schafft Raum für andere Themen und schöne Erlebnisse. Denn ein Fallstrick bei der Hilfe und Sorge um den depressiven Partner ist das Entstehen von „Pfleger-Patient“ Dynamiken. Über die Zeit der Depression spielen sich dabei die Rollen von „gesundem“ Partner (Pfleger) und „erkranktem“ Partner (Patient) ein. Diese Dynamik kann dann auch nach Abklingen der depressiven Symptome weiter bestehen bleiben und die Beziehung belasten. Die Behandlung der Depression sollte also von psychotherapeutischer oder ärztlicher Seite geschehen.

Was kann ich für den depressiven Partner tun?

Neben einem guten Verständnis der Depression, dem Bemühen, diese nicht persönlich zu nehmen, und dem Abgrenzen von der therapeutischen Rolle, kannst du den depressiven Partner auch ganz konkret unterstützen.

1Wertfreies Zuhören

Wahrscheinlich ist für dich der Wunsch sehr stark, die Welt wieder gemeinsam unbeschwert und in alter Fröhlichkeit zu sehen. Bei Menschen mit Depression kann eine „Kopf-hoch“ Mentalität und gut gemeintes Aufmuntern jedoch eher ein Gefühl von Isolation verstärken. Vielleicht kommt der Eindruck auf, nicht verstanden zu werden. Ein „einfaches” Zuhören hingegen kann sehr wertvoll sein. Eine Atmosphäre, in der du spiegelst was du beobachtest und Mitgefühl zeigst, kann dem Betroffenen manchmal mehr helfen, als direkte Ratschläge. So gibt ein „ich sehe, dass du dich in den letzten Tag sehr zurückziehst – willst du darüber sprechen?“ dem Betroffenen unter Umständen mehr Energie, als deine Meinung, dass der Partner oder die Partnerin mal wieder vor die Tür gehen sollte. Tröstende Worte wie: „Du bist mir wichtig”, oder „Zusammen schaffen wir das” können hingegen verbinden und Kraft geben.

Achte auch beim wertfreien Zuhören auf deine Grenzen. Vielleicht hilft es, diese Gespräche bewusst zu planen und womöglich zeitlich zu begrenzen. Niemand sagt, dass du immer nur zuhören und wertfrei sein musst.

2Externe Hilfe organisieren

Menschen mit Depression empfinden ihre eigene Situation oft als ausweglos. Bei dieser Hoffnungslosigkeit hilft es, wenn du die Initiative ergreifst und den depressiven Partner auf externe Hilfsangebote hinweist. Das können eine Therapie, Selbsthilfegruppen oder ein passendes Online-Therapieprogramm sein. Alle Infos findest du auch in unserem Artikel: Wie finde ich einen Psychotherapieplatz. Vielleicht kannst du Anrufe bei Therapeuten unterstützen, indem du passende Angebote suchst und den Anruf gemeinsam mit dem Betroffenen vorbereitest. Nimm deinem Partner jedoch auch nicht alles ab. Die wichtigen Dinge im eigenen Leben noch selbst zu meistern, stärkt ein Gefühl von Kontrolle und Selbstwert.

3Positive Impulse richtig setzen

Im täglichen Leben kann Hilfe besonders beim Strukturieren des Alltags, der Begleitung beim Gang zum Psychotherapeuten, oder der Erinnerung an die regelmäßige Einnahme von Medikamenten wichtig sein. Erinnere deinen Partner oder deine Partnerin daran, dass Depression eine gut behandelbare Krankheit ist. Wie jede andere Krankheit wird auch sie vorübergehen. Mache Mut, indem du betonst, dass die belastenden Symptome zum Krankheitsbild gehören – jedoch nicht zur Persönlichkeit der geliebten Person. Ganz praktisch helfen auch kleine Angebote wie Unternehmungen und Aktivitäten, von denen du weißt, dass sie deinem Partner vor der Depression Freude bereitet haben. Auch wenn die Aktivitäten deinen Partner vielleicht gerade nicht sofort glücklich machen, hilft es doch, schöne Aktivitäten wieder zu entdecken.  

Eigene Grenzen im Umgang mit dem depressiven Partner wahrnehmen

Als Partner oder Partnerin einer depressiven Person kann es passieren, dass du deine eigenen Interessen immer wieder zurückstellst und viel deiner eigenen Energie abgibst. Das kann mit der Zeit zu Überlastung und Erschöpfung führen. Vielleicht ist es auch einfach traurig, wenn die von dir geliebte Person den eigenen Antrieb verliert und keine Freude mehr empfindet. Womöglich bist du der negativen Sicht auf die Welt auch manchmal überdrüssig, hegst Zweifel oder empfindest Ärger über deinen depressiven Partner. All das ist normal. Für die Partnerschaft ist es zentral, auch mit diesen negativen Gefühlen und Gedanken offen umzugehen. Sag deinem Partner, wenn du an deine Grenzen kommst und nicht mehr kannst.

Exkurs

Sexualität und Depression

Eine Depression beeinflusst sowohl die Gefühlswelt als auch den Hormonhaushalt. Häufig geht das mit einem Nachlassen des allgemeinen sexuellen Verlangens einher. Der Verlust, Gefühle zu spüren fällt beim depressiven Partner oft zusammen mit einer negativen Einstellung zum eigenen Körper. Für das Gegenüber kann es schwer sein, das verminderte Verlangen nicht persönlich zu nehmen.

Es empfiehlt sich deshalb, gerade über diese für beide mit Verletzlichkeit verbundene Situation offen und behutsam zu sprechen. Sonst kann die Situation schnell als Ablehnung oder gar fehlende Liebe verstanden werden. Insgesamt ist es wichtig, den depressiven Partner nicht zu bedrängen und sexuellen Druck zu vermeiden. Wie bei der Depression insgesamt besteht sonst die Gefahr, dass sich Rollen (der Partner mit mehr, der Partner mit weniger Verlangen) festschreiben. Diese Rollen können auch nach Abklingen der Erkrankung schwierig abzulegen sein. Lass dem depressiven Partner ausreichend Zeit, seinen eigenen Weg durch diese Phase zu finden.

Achte auf dich: Die eigenen Energiequellen pflegen

Als Partner einer depressiven Person bist du mitunter einer Vielzahl von großen Belastungen ausgesetzt. Sorge deshalb dafür, dass du bei Kräften bleibst und achte auf deine Grenzen. Nur wenn du dich zuerst selbst schützt, kannst du auch deinem depressiven Partner helfen. Nimm deshalb ganz bewusst Auszeiten und tu, was dir Spaß macht. Teile im Gespräch mit Freunden und Verwandten was dich belastet. Sollte der depressive Partner im Zuge seiner Krankheit verletzendes oder nicht akzeptierbares Verhalten zeigen, ziehe ganz deutlich Grenzen. Professionelle Beratung und Betreuung zum Umgang mit einem depressiven Partner kannst du sowohl beim Bundesverband der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen (BApK) finden, als auch in Selbsthilfegruppen. Im Zuge der Therapie des Betroffenen können auch einzelne gemeinsame Sitzungen als Paar helfen, die neue Situation zu verstehen und mit ihr umzugehen. 

Vielleicht ist der größte Kraftgeber der Blick nach vorn. Eine Depression ist eine psychische Erkrankung die dem Umfeld viel abverlangen kann. Sie ist jedoch gut behandelbar und wird vorübergehen. Womöglich geht ihr als Paar stärker aus dieser Herausforderung, als ihr es vorher wart. 

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