Was ist die Komfortzone in der Psychologie?
In der Psychologie wird die Komfortzone als ein Bereich des Verhaltens und Erlebens definiert, in dem eine Person sich sicher und geborgen fühlt, weil sie mit den Erfahrungen, Verhaltensweisen und Umgebungen vertraut ist. Darin haben wir das Gefühl, alles ganz gut im Griff zu haben. Aufgaben, die wir möglicherweise nicht so gut beherrschen, überlassen wir lieber anderen. Wir haben Routinen, die gut funktionieren und unser Alltag bringt keine großartigen Herausforderungen mit sich, vor denen wir uns vielleicht sorgen müssten. Dadurch erleben wir keinen Stress und keinen Druck, weshalb wir abschalten und entspannen können. Das ist auch gut so, denn jeder braucht mal Zeit, um durchzuatmen und neue Energie zu tanken. Die Komfortzone ist sozusagen unser sicherer Raum – unsere Erholungsinsel.
Manchmal kann es aber sinnvoll sein, die Komfortzone verlassen und Gewohnheiten zu ändern. Denn der Nachteil der Komfortzone ist, dass es innerhalb dieser kaum möglich ist, Neues zu lernen, Fähigkeiten auszubauen oder neue Erfahrungen zu sammeln.
Das Komfortzonenmodell
Das Komfortzonen- oder Lernzonenmodell wurde vom Sozialpädagogen Tom Senniger entwickelt. Es ist ein einfaches Modell, das beschreibt, wie sich 3 verschiedene Zustände oder Zonen auf unser Lernen und unsere persönliche Entwicklung auswirken. Die Komfortzone hast du gerade bereits kennengelernt. Sie zeichnet sich durch Sicherheit, Erfüllung der grundlegenden Bedürfnisse und Entspannung aus. In der Regel wird in dieser Zone jedoch kein Lernprozess angestoßen.
Die Lernzone, die man auch Wachstumszone nennen kann, ist gekennzeichnet von Unerwartetem, Veränderungen und unbekanntem Terrain. Darin überschreiten wir die Grenze dessen, was sich für uns gut, sicher und bekannt anfühlt. Entsprechend müssen wir unsere Verhaltensweisen den neuen Bedingungen anpassen. Wir treten in die Lernzone ein, wenn wir zum Beispiel eine neue Aufgabe im Beruf oder gar einen neuen Job beginnen, wenn wir ein neues Hobby ausprobieren oder etwas Unbekanntes unternehmen. Dadurch können Selbstzweifel und die Sorge, uns überfordert zu fühlen oder zu scheitern, auftreten. Das auf sich zu nehmen erfordert Mut und Überwindung. Gleichzeitig birgt es aber die Chance auf Erfolg, neue Leidenschaften oder Freundschaften.
Außerhalb der Lernzone befindet sich die sogenannte Panikzone. In dieser Zone sind wir einer echten Gefahr ausgesetzt. Wir spüren tiefe Ängste und fühlen uns vielleicht bedroht. Unser Gehirn schaltet auf eine Kampf-oder-Flucht-Reaktion. In diesem Zustand ist es nicht möglich zu lernen. Alles, was dann für uns zählt, ist, die Notfallsituation zu verlassen und zurück in die Komfortzone zu gelangen, wo Sicherheit herrscht. In der Panikzone befindet man sich beispielsweise während einer Panikattacke oder während existenzieller Bedrohungen, wie zum Beispiel der Verwicklung in einen Unfall.
Wovon hängt ab, wie groß unsere Komfortzone ist?
Wie groß die Komfortzone ist, ist bei jeder Person ganz unterschiedlich. Es kommt darauf an, welche Erfahrungen du in deinem Leben bereits gemacht hast und wie viel Zeit du bezüglich einer bestimmten Tätigkeit bereits in der Lernzone verbracht hast. Eine Professorin, die seit vielen Jahren Vorlesungen an der Universität hält, wird ein Vortrag wahrscheinlich kaum aus der Komfortzone herausholen. Denn sie kennt sich mit dem Thema und dem Vortragen so gut aus, dass sie sich dort absolut sicher fühlt. Für einen Studenten jedoch, der im ersten Semester seine erste Präsentation zu einem Thema halten muss, wird dieser Vortrag ein großer Schritt aus der Komfortzone heraus in die Lernzone sein.
Wieso bleiben wir in der Komfortzone?
Aus der Komfortzone herauszutreten und neue Dinge zu lernen klingt doch erst mal ganz erstrebenswert. Warum also verweilen wir dann so gerne in der Komfortzone? Die Antwort kannst du dir nach den letzten Absätzen wahrscheinlich bereits denken: Die Komfortzone zu verlassen, kann mit verschiedenen Ängsten und Sorgen einhergehen. Um das besser zu verstehen, lohnt sich ein Blick auf die Bedürfnispyramide von Maslow. Bestimmt hast du schon einmal von dieser gehört. Maslows Modell besagt, dass wir im Leben verschiedene Bedürfnisse und Bedürfnisgruppen haben, die erfüllt werden möchten. Je weiter die Bedürfnisse am Boden der Pyramide zu finden sind, desto wichtiger ist ihre Erfüllung, um ein glückliches Leben zu führen. Und umso größer ist die Sorge und Angst bezüglich des Risikos, diese Bedürfniserfüllungen zu verlieren.
Typische Gründe, die Komfortzone nicht zu verlassen
Aus der Komfortzone herauszutreten kann riskant wirken, weil damit Ängste einhergehen, dass wichtige Bedürfnisse ins Wanken geraten könnten. Mögliche Gründe, warum wir die Komfortzone nicht verlassen können Folgende sein:
1Angst zu Scheitern
Wir haben Versagensangst oder Angst, nicht gut genug zu sein. Im Job aus der Komfortzone herauszutreten und neue Aufgabenbereiche zu übernehmen, geht zum Beispiel mit der Angst einher, dass wir verheerende Fehler machen und dadurch im schlimmsten Fall unseren Job verlieren könnten. Unser Sicherheitsbedürfnis ist bedroht.
2Angst vor Zurückweisung
Wir haben Angst vor Ablehnung, wenn es zum Beispiel darum geht, ehrlich unsere Meinung zu sagen und unsere Gefühle zu äußern. Denn vielleicht erhalten wir dann eine abweisende Reaktion von Freunden oder Familie. Unser Bedürfnis nach Zugehörigkeit ist bedroht.
3Gemütlichkeit
Ein weiterer, ganz anderer Grund kann auch Gemütlichkeit und Bequemlichkeit sein. Vielleicht bist du gerade ganz zufrieden und sehnst dich nicht nach einer Veränderung. In diesem Fall kann dir die innere Motivation fehlen, die Komfortzone zu verlassen. Trotzdem ist es möglich, dass dein Leben früher oder später durch äußere Einflussfaktoren ins Wanken gerät und du aus der Komfortzone heraus gezwungen wirst. Deshalb lohnt es sich, deine eigene Fähigkeit zur Veränderung zu entdecken.
Was wir gewinnen können, wenn wir die Komfortzone verlassen
In der Komfortzone fühlen wir uns sicher. Und nach der Maslowschen Bedürfnispyramide ist Sicherheit neben unseren Grundbedürfnissen eines der Wichtigsten. Wir sind also sehr bemüht, uns diese Sicherheit zu bewahren.
Wenn die grundlegenden Bedürfnisse erfüllt sind, kann jedoch auch der Wunsch nach mehr aufkommen. Wertschätzung, Anerkennung und Selbstverwirklichung können dann in den Vordergrund treten. Gleichzeitig ist es schwer, Bedürfnisse wie das nach Selbstverwirklichung, das ganz an der Spitze steht, zu erfüllen, wenn wir unsere Komfortzone nicht verlassen und nie etwas wagen. Um unsere Wünsche, Träume und Ziele zu verwirklichen, ist es also häufig notwendig, die Komfortzone zu verlassen und über uns hinauszuwachsen.
Zudem ist es von Vorteil, sich bereits selbst immer mal wieder mit Unsicherheiten zu konfrontieren, um zu lernen, mit kleinen und großen Krisen umzugehen. Je öfter wir uns überwinden und den Schritt ins Ungewisse zu wagen, desto mehr Vertrauen gewinnen wir in unsere Fähigkeit, mit allem fertig zu werden, was uns auf dem Weg begegnen wird.
Wie kann ich die Komfortzone verlassen?
Wie aber kann es nun ganz praktisch aussehen, die Komfortzone zu verlassen? Wir haben dir hier einige Tipps und Übungen zusammengefasst, die dir im Alltag vielleicht helfen können.
1Werde dir deiner Komfortzone bewusst
Beobachte dich im Alltag und mache dir bewusst, wann du dich in deiner Komfortzone bewegst. Wo vermeidest du Dinge und Aktivitäten, weil sie vielleicht einen Schritt aus der Komfortzone heraus bedeuten würden? Was tust du aus Bequemlichkeit? Manchmal kann es auch helfen, deinen typischen Tagesablauf einmal Schritt für Schritt durchzugehen. Hast du herausgefunden, wann du den Schritt aus der Komfortzone heraus vermeidest? Dann kann es hilfreich sein, dich als Nächstes zu fragen, was dich bisher davon abgehalten hat, die Komfortzone zu verlassen. Hemmen dich vielleicht innere Blockaden oder die Stimme deines inneren Kritikers?
2Sage häufiger „Ja”
Oft sind wir ziemlich schnell darin, „Nein” zu Gelegenheiten, Aufgaben und Verabredungen zu sagen. Versuche, in der nächsten Zeit vielleicht häufiger mal „Ja” zu sagen, wenn es darum geht, eine neue Aufgabe zu übernehmen oder ein unbekanntes Event zu besuchen. Manchmal kann dieser Schritt aus der Komfortzone heraus dir völlig neue Optionen eröffnen.
3Sei achtsam mit dir selbst
Wenn du starke Höhenangst hast, ist es vermutlich der falsche Ansatz, dich zu einem Fallschirmsprung zu zwingen. Das wird vermutlich zu Angst und Panik führen und du landest damit in der Panikzone, in der Lernen nicht möglich ist. Hier ist es wichtig zu reflektieren, welche Dinge dir in deiner Entwicklung helfen können und wo die Grenze zur Panikzone liegt.
Übung
Die Vermeidungsskala
Manche Dinge bereiten dir mehr Angst oder unangenehme Gefühle als andere. Hier kommt es darauf an, das richtige Maß dabei zu finden, welchen Dingen du dich stellst und welchen erst mal nicht. Stell dir eine Skala von 1 bis 10 vor – wir nennen sie die „Vermeidungsskala”. Versuche, zukünftig neue Aktivitäten und Aufgaben in diese Vermeidungsskala einzuteilen. Dabei bilden:
- 0 bis 2: die Komfortzone,
- 3 bis 6: die Lernzone und
- 7 bis 10: die Panikzone.
Versuche, dich zukünftig zu überwinden, den Dingen nachzugehen, die du auf der Skala zwischen 3 und 6 bewertest – die dich also voraussichtlich herausfordern, aber nicht in die Panikzone katapultieren. Du wirst feststellen, dass du auf diese Weise deine Komfort- und Lernzone Stück für Stück erweitern wirst und du Ängste überwinden kannst. Dinge, die am Anfang noch eine 6 waren, verlieren an Bedrohlichkeit und sind irgendwann vielleicht nur noch eine 3 oder sogar eine 2.
4Belohne dich
Gerade am Anfang kann es anstrengend sein, die Komfortzone zu verlassen. Schließlich stellen sich die positiven Effekte manchmal erst nach einer ganzen Weile ein. Einer der wichtigsten Tipps, um die Komfortzone häufiger zu verlassen, ist deshalb: Belohne dich selbst jedes Mal dafür, wenn du es geschafft hast. Das wird deinem Unterbewusstsein helfen, den Schritt aus der Komfortzone zukünftig auch sofort mit positiver Erwartung in Verbindung zu bringen. Wie diese Belohnung aussehen kann, bleibt ganz dir überlassen – vielleicht eine Massage, ein Besuch in deinem Lieblingscafé oder ein heißes Bad? Deiner Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Oft ist aber auch das Erlebnis außerhalb der Komfortzone die größte Belohnung, denn wir spüren, was wir alles schaffen können, wenn wir es nur wollen.
Die Panikzone – was tun bei Ängsten und Panik?
Manchmal möchte man nichts lieber als die Komfortzone verlassen und etwas wagen, aber die Angst wird so übermächtig, dass wir immer wieder in der Panikzone landen. Das kann vor allem der Fall sein, wenn du an einer psychischen Erkrankung leidest, die mit starken Ängsten einhergeht, wie zum Beispiel einer Panikstörung. Falls du dich darin wiedererkennst, kann es helfen, dir professionelle Unterstützung zu suchen, um deine Panikattacken loszuwerden.
Eine wirksame Therapieoption ohne Warteliste bietet außerdem unser Online-Therapiekurs HelloBetter Panik. Darin erhältst du innerhalb von 12 Wochen wichtige Informationen rund um Panikattacken. Außerdem lernst du die Angstsymptome deines Körpers zu verstehen und dich deiner Angst in sogenannten „Mutprojekten” Schritt für Schritt zu stellen. Das Beste: HelloBetter Panik kannst du dir kostenfrei auf Rezept verschreiben lassen. ▷ Starte jetzt und mache den ersten Schritt aus der Komfortzone heraus in ein selbstbestimmtes Leben mit weniger Angst.
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Quellennachweis
Kenrick, D. T.; Griskevicius, V.; Neuberg, S. L.; Schaller, M. (2010). Renovating the Pyramid of Needs: Contemporary Extensions Built Upon Ancient Foundations. Perspectives on Psychological Science, 5(3), 292–314. doi:10.1177/1745691610369469
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