Warum wir festhalten, was uns nicht guttut
Häufig wissen wir ziemlich genau, was wir gerne loswerden möchten: unsere Eifersucht, die Erinnerung an ein peinliches Ereignis, die Langeweile, das gestresste Gefühl beim Arbeiten, den Winterblues oder den Liebeskummer.
Das Problem ist, dass unser Gehirn leider nicht wie ein Computer funktioniert, bei dem wir etwas auf Knopfdruck in den Papierkorb verschieben können. Doch auch wenn es für uns nicht so wirken mag: Unser Gehirn versucht uns durch das Festhalten an Schmerzhaftem das Leben zu erleichtern. Läuft bei uns etwas schief und ist uns unangenehm, wiederholt es entsprechende Erinnerungen, Gedanken und Gefühle deshalb, um endlich eine Lösung zu finden. Leider ist unser Leben jedoch zu komplex und eine Lösung zu finden, ist häufig nicht so leicht möglich. Die Folge: Wir, beziehungsweise unser Gehirn, hält an dem fest, was uns belastet und wir sind unglücklich.
Loslassen lernen in 3 Schritten
Auch wenn unser Gehirn nicht so leicht zu bedienen ist, wie ein Computer: Eine großartige Fähigkeit ist, dass es über die gesamte Lebensspanne lernen kann. Das geschieht einerseits von ganz alleine und ist dann andererseits für uns manchmal nachteilig. Zum Beispiel, wenn wir aufgrund dieser unbewussten Lernprozesse psychische Erkrankungen wie eine Angststörung entwickeln. Aber wir können die Lernfähigkeit unseres Gehirns auch gezielt nutzen, um diese ungesunden Muster wieder aufzulösen und das Loslassen zu lernen. Die folgenden 3 Schritte können dir dabei helfen:
1Einen Schritt zurücktreten
Um etwas loszulassen zu lernen, musst du erst mal bemerken, dass du etwas festhältst. Stell dir vor, du hältst einen schweren Stein in der Hand und wunderst dich, warum nach einiger Zeit dein Arm wehtut. Erst wenn du weißt, dass du den Stein selbst trägst, kannst du deine Finger öffnen und ihn fallen lassen. Auf psychischer Ebene bedeutet das: Folge deinen Gedanken nicht blindlings und lasse dich nicht in deinen Erinnerungen an Gefühle treiben, sondern registriere, was in dir vorgeht. Das kann sich in deinem inneren Monolog zum Beispiel so anhören: „Aha, jetzt denke ich schon wieder an den Streit von gestern und bin tierisch wütend.”
2Lösbar oder unlösbar?
Wenn du einen Schritt zurückgetreten bist, kannst du etwas klarer sehen, was das Problem überhaupt ist. Stell dir vor, du hältst dir ein Blatt Papier ganz nah vor das Gesicht. Das macht dich allenfalls ganz wuschig, aber du wirst nicht lesen können, was darauf steht. Wenn du es etwas weiter weg hältst (Schritt 1), wird die Sache klarer. Frage dich dann: Ist es durch irgendetwas, was ich tun kann, möglich, dieses Gefühl, diesen Gedanken oder diese Erinnerung zu verändern?
Kommen wir noch einmal auf das Beispiel des Streits zurück: Hast du zum Beispiel das Bedürfnis, dich zu entschuldigen oder erwartest du eine Entschuldigung vom anderen? Würde es dich erleichtern, mit einem Freund oder einer Freundin zu sprechen? Falls du zu Lösungen kommst: Gehe ihnen nach, um dein Erleben aktiv durch dein Verhalten zu verändern und dadurch besser loslassen zu können. Falls nicht, mache mit Schritt 3 weiter.
3Bedanke dich bei deinem Gehirn
Wahrscheinlich kommt dir diese Überschrift schon seltsam vor: dich bei deinem Gehirn bedanken? Wie soll das denn helfen, loslassen zu lernen? Wenn immer wieder Gedanken, Gefühle und Erinnerungen in dir auftauchen, die schmerzhaft sind, die du aber nicht oder jetzt nicht durch etwas, was du tust, verändern kannst, musst du innerlich nicht länger auf sie eingehen. Das wird deinen Kopf allerdings nicht davon abhalten, sie wiederzukäuen. Denn er möchte sie nur zu gerne verändern, weil sie so unangenehm sind. Ein Teil deines Gehirns weiß es jedoch besser und kann ganz mitfühlend sagen: „Danke, dass du mich immer wieder darauf hinweist, aber ich kann daran (momentan) leider nichts ändern.”
Achtung: Es ist möglich, dass das Loslassen auf diese Art und Weise recht schnell funktioniert, manchmal musst du deinem Gehirn aber auch tage- oder wochenlang Dankbarkeit entgegenbringen, bis dein Erleben nicht mehr als allzu dringlich und bedrohlich wahrgenommen wird.
Doch mit Geduld und Ausdauer wirst du das Loslassen lernen bald gemeistert haben! Auch unser Übungsvideo kann dich auf diesem Weg unterstützen. Darin zeigt dir unser Coach Marcus eine Übung, um Ballast loszulassen und befreiter aufzuatmen:
Übung
ErdFriede
Loslassen lernen erfordert Mut
Es ist nicht ungewöhnlich, dass dir beim Loslassen lernen mulmig ist. Das liegt daran, dass wir oftmals etwas aus Angst vor einer Leerstelle auf psychischer Ebene festhalten. Sind wir zum Beispiel verlassen worden, halten wir manchmal am Liebeskummer fest, um diesen Menschen vermeintlich in unserem Leben zu halten. Auch im Falle der Trauer bei einem Todesfall kann das der Fall sein. Überlege dir daher am besten schon bevor du die obigen Schritte ausführst: Womit möchte ich die Leerstelle füllen?
Es bietet sich immer an, dir Selbstfürsorge entgegenzubringen. Nutze deine freigewordene Energie dazu, dich um dich selbst zu kümmern! Zum Beispiel um dein Lieblingsgericht zu kochen, einen lieben Menschen zu treffen oder eine interessante Zeitschrift zu lesen. Nicht nur das Loslassen, sondern auch das folgende selbstbestimmte Leben will gelernt sein. Wir wünschen dir viel Experimentierfreude, Mut und Spaß dabei!
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