Die Angst im Wandel der Zeit
Schon allein der Gedanke an die bevorstehende Prüfung kann uns ins Schwitzen bringen. Das Gefühl von Angst und die damit einhergehende innere Unruhe vor Prüfungen ist ganz normal. Im Grunde genommen hat die Angst eine evolutionäre Bedeutung: Sie warnt uns vor möglichen Gefahren und bereitet unseren Körper auf Kampf oder Flucht („fight or flight”) vor.
Was bedeutet das genau? Drehen wir das Rad der Zeit etwas zurück und blicken in die Welt unserer Vorfahren. Kurz gesagt: Die Reaktion unseres Körpers auf bedrohliche Signale war für unser Überleben bedeutsam. Wenn sich beispielsweise ein Raubtier näherte, war blitzschnelles Handeln gefragt: Kampf oder Flucht? Die angstauslösenden Signale der früheren Zeit unterscheiden sich zwar stark von denen der Gegenwart, das innere Fight-or-Flight-Programm begleitet uns jedoch allgegenwärtig und lässt sich auch auf die Prüfungsangst übertragen.
Prüfungsangst: Die 2 Seiten der Medaille
Menschen reagieren ganz unterschiedlich auf Prüfungssituationen: Die einen nehmen sie als eine Chance an, ihre Fähigkeiten unter Beweis und sich der Situation zu stellen, während andere der Prüfung lieber aus dem Weg gehen würden.
Entscheidend ist hier unsere Wahrnehmung: Nehmen wir die Prüfung als eine Herausforderung oder Bedrohung wahr?
Mit anderen Worten, unsere Antwort auf diese Frage entscheidet über Kampf oder Flucht.
„So schnell wie möglich weg von hier!” – Nehmen wir die Prüfung als eine Bedrohung wahr, löst das Stress in unserem Körper aus. Genauer gesagt wird die Amygdala, der Teil unseres Gehirns, welcher für die Emotionsverarbeitung zuständig ist, aktiviert. Dadurch werden die Stresshormone Adrenalin und Cortisol ausgeschüttet. Im Grunde genommen nimmt unser Körper alle Kraft zusammen, um uns für die Flucht fit zu machen. Mitunter nimmst du das vielleicht wahr, indem sich dein Herzschlag erhöht und deine Atmung sich beschleunigt.
Wird die Prüfung als bedrohlich abgespeichert, überfluten Stresshormone teilweise unser Gehirn. Infolgedessen wird unser Hippocampus, der Teil des Gehirns, der für die Gedächtnisfunktion zuständig ist, lahmgelegt – wir haben eine Blockade. Die Angst verhindert, dass wir klar denken können. Somit kommt es zum sogenannten Blackout.
Es kann jedoch auch anders ablaufen, wenn wir uns der Situation stellen und uns sagen: „Ich bin bereit!” Denn die Nervosität vor einer Prüfung kann sogar bis zu einem gewissen Grad leistungsfördernd wirken und ermöglicht es uns, Bestleistungen zu erbringen.
In diesem Fall führt die Ausschüttung der Stresshormone dazu, dass die Zellen mit mehr Sauerstoff versorgt werden. Mit anderen Worten: Nimmst du die Prüfung als eine Herausforderung an, unterstützt dein Körper dich und verbessert somit deine Denkleistung.
Laufschuhe oder doch lieber Boxhandschuhe?
Die Prüfungsangst ist kein Schicksal, welchem wir schutzlos ausgeliefert sind. Vielmehr haben wir selber das Steuer in der Hand und können unsere Reaktion auf die Prüfungssituation beeinflussen. Nehmen wir die Prüfung als Bedrohung wahr und entscheiden uns für die Laufschuhe oder holen wir die Boxhandschuhe heraus und steigen in den Ring?
Soforthilfe bei Prüfungsangst
Angenommen du bist in der Prüfung und dein Herz rutscht dir sprichwörtlich in die Hose. Wie kannst du es schaffen, in dieser Situation das Steuer noch einmal herumzureißen und deine Prüfungsangst in den Griff zu bekommen?
1Wackle mit deinen Zehen
Kein Scherz! Viele Menschen machen das bereits unbewusst in Prüfungssituationen. Wenn du dich darauf konzentrierst, deine Zehen zu bewegen, richtest du deine Aufmerksamkeit auf den Teil deines Körpers, der am meisten von deinem qualmenden Kopf entfernt ist. Die Bewegung bewirkt außerdem, dass sich die Anspannung aus deinem Körper löst. Probiere es mal aus!
2Sei ehrlich
Falls dein Kopf während einer mündlichen Prüfung zumacht und all dein Gelerntes wie verschwunden scheint, dann kannst du das ruhig offen mitteilen. Ehrlichkeit ist hier die beste Waffe. Du kannst deinem Gegenüber zum Beispiel um eine kurze Pause bitten oder fragen, ob du erst einmal mit der nächsten Frage weitermachen kannst.
3Atme gegen die Prüfungsangst
In Angstsituationen atmet man häufig schnell und flach. Das bewirkt allerdings, dass deine Zellen mit weniger Sauerstoff versorgt werden. Versuche also gegen die Angst zu atmen: Atme ein paar Atemzüge ganz bewusst tief ein und aus. Achte darauf, wie sich dein Bauch hebt und senkt.
Tipps für die Vorbereitung auf die Prüfung
Vor einer Prüfung ist es für viele selbstverständlich sich auf die Inhalte vorzubereiten und zu lernen. Wieso sollte man sich dann nicht auch schon vorab mit seinen möglichen Gefühlen in der Prüfung beschäftigen? Im Folgenden geben wir dir 4 Tipps an die Hand, um dich langfristig für die Prüfungen der Zukunft zu wappnen.
1Was könnte im schlimmsten Fall passieren?
Schreibe dir deine Sorgen und Gedanken auf ein Blatt Papier auf: Was könnte im schlimmsten Fall passieren? Überlege dir, welche Auswirkungen das Nichtbestehen auf dein Leben in 2 bis 3 Jahren haben könnte. Das Aufschreiben deiner Ängste kann dir den Druck nehmen und dabei helfen, lähmende Angstgedanken loszuwerden.
2Übe die Situation
Nimm der Angst den Überraschungseffekt und stell dich bereits vorher auf die Situation ein. Du kannst die Prüfung zu Hause einmal durchspielen und dir dabei vorstellen, wie genau deine Prüfungssituation aussehen wird. Unterstützung kannst du dir zum Beispiel von deiner Familie oder Freunden holen und sie bitten, die Rolle der Prüfer einzunehmen.
3Eine gute Planung ist das A und O
Eine gute Vorbereitung ist essenziell. Es kann helfen, wenn du dir deinen Lernstoff zunächst in verschiedene Teilbereiche gliederst und dir für jeden Bereich einen Zeitplan erstellt. In unserem Artikel zum Thema Zeitmanagement haben wir dir hierfür 4 hilfreiche Methoden zusammengefasst.
4Schaffe dir ein Ritual
Der Mensch ist ein Gewohnheitstier: Regelmäßigkeit kann uns Erleichterung bringen. Und das gilt auch für die Vorbereitung auf die Prüfung. Überlege einmal, wie du gerne die Zeit vor deiner Prüfung verbringen möchtest und wie du deine Selbstmotivation fördern kannst. Du könntest zum Beispiel eine Runde spazieren gehen, deine Lieblingsmusik hören oder Yoga zur Entspannung machen.
Und wenn das alles nichts hilft?
Deine Panik vor Prüfungen überschattet alles und die Sorgen verschwinden nicht? Dann kann es helfen, einmal mit einem Experten über deine Prüfungsangst zu sprechen. Du kannst zum Beispiel mit einer Vertrauenslehrerin über deine Sorgen sprechen oder Unterstützung von einem Sozialarbeiter erhalten. In der Hochschule stehen dir hierfür ebenfalls Fachkräfte der Studienberatung zur Seite. Übrigens bieten diese neben Einzelgesprächen auch häufig Workshops an, in denen du Methoden erarbeiten kannst, um die Prüfungsangst zu überwinden.
Letztlich gilt – ganz verschwinden muss die Angst vielleicht gar nicht. Du kannst dich der Prüfung stellen, indem du dich auf sie vorbereitest und selber entscheidest, wie du sie wahrnehmen möchtest. Und wenn dir dein Herz in die Hose rutscht, dann denk daran: Dein Körper unterstützt dich!
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