Burnout-Phasen: Das Dilemma um Modelle
Wenn Phasen körperlicher oder psychischer Erkrankungen beschrieben werden, ist immer zu beachten, dass es sich dabei um theoretische Modelle handelt. Das bedeutet, dass diese Phasenmodelle uns zwar einen Hinweis darauf geben, wie bestimmte Beschwerden sich entwickeln können. Allerdings müssen wir achtgeben, dass wir weder als Behandelnde noch als Betroffene in die Falle tappen, jemanden oder uns direkt kategorisch einzuordnen. Befürchtungen und Ängste vor einer Verschlimmerung haben wir meistens ohnehin genug und uns in eine Schublade zu stecken, kann eher lähmend sein. Burnout-Phasen können jedoch zur Selbstreflexion nützlich sein, um einen Überblick der Beschwerden zu bekommen und sich gegebenenfalls Unterstützung zu suchen.
Wichtig zu wissen ist, dass Beschwerden unterschiedlich verlaufen können und dass wir vor allen Dingen immer Einflussmöglichkeiten haben.
Es gibt viele unterschiedliche Burnout-Phasenmodelle. Bisher wurde davon noch keines in einer wissenschaftlichen Studie bestätigt, meistens stammen die Annahmen aus der Praxis.
Burnout-Phasen nach Freudenberger
Der Psychoanalytiker Herbert J. Freudenberger hat 1974 den Burnout-Begriff erstmals in der Fachliteratur erwähnt und auch 12 Burnout-Phasen beschrieben. Da es sich um ein Modell handelt, müssen die folgenden Burnout-Phasen nicht in dieser Reihenfolge ablaufen und können sich auch in ihrer Intensität unterscheiden.
Phase 1 : Der Zwang, sich zu beweisen
In dieser Phase fällt allein die Vorstellung bereits schwer, im Job mal nicht alles zu schaffen. Betroffene versuchen, alles perfektionistisch zu erledigen und leiden unter Versagensängsten.
Phase 2: Verstärkter Einsatz
Der Perfektionismus aus der ersten Phase verstärkt sich, Betroffene denken, alles alleine und möglichst schnell erledigen zu müssen.
Phase 3: Vernachlässigung der eigenen Bedürfnisse
Die Not wird zu Tugend und Betroffene beschreiben die Überarbeitung in dieser Phase oft als etwas Positives („Workaholic”). Die eigenen Bedürfnisse treten jedoch an die zweite Stelle, so kann es zu einem ungesunden Lebensstil, zum Beispiel durch zu wenig Schlaf kommen. Bei der Arbeit passieren erste Fehler.
Phase 4: Verdrängung von Konflikten und Bedürfnissen
Schlaflosigkeit und psychosomatische Beschwerden können auftreten und es kann zu Konflikten kommen, zum Beispiel mit dem Partner oder der Partnerin – beides wird jedoch wenig wahrgenommen. Die Fehlleistungen im Job werden mehr, zum Beispiel Zuspätkommen oder vergessene Termine.
Phase 5: Umdeutung von Werten
Die Arbeit steht an erster Stelle, Familie, Freunde und Hobbys treten in den Hintergrund. Von Zeit für sich keine Spur. Betroffene erscheinen anderen gegenüber härter und weniger empathisch.
Phase 6: Verleugnung der Probleme
Betroffene werden zynischer, verbitterter und isolieren sich. Der Ton kann aggressiver werden, die Arbeitsleistung lässt deutlich nach. Körperliche Beschwerden verstärken sich.
Phase 7: Rückzug
Der Betroffene ist nicht mehr kritikfähig, grundsätzlich abweisend, fühlt sich selbst jedoch orientierungs- und hoffnungslos. Im Job wird nur noch das Nötigste getan, da Betroffene keine Kraft mehr haben.
Phase 8: Verhaltensänderung
Betroffene sind zunehmend gleichgültig, reagieren gleichzeitig jedoch empfindlich, unangemessen oder sind überaus misstrauisch. Alles wird als Angriff erlebt. Der Job wird als große Belastung empfunden.
Phase 9: Depersonalisation
Betroffene fühlen sich in dieser Phase nicht mehr wie sie selbst, ihr Leben kommt ihnen sinnlos vor. Sie haben das Gefühl, nur noch „funktionieren” zu müssen, selbst die Körperhygiene kann vernachlässigt werden.
Phase 10: Innere Leere
In dieser Phase erleben Betroffene vor allem innere Leere, fühlen sich nutzlos, sind ängstlich und es kann auch zu Panikattacken kommen.
Phase 11: Depression
Betroffene können Selbsthass empfinden, fühlen sich komplett ausgelaugt und verzweifelt, es kann zu Suizidgedanken kommen.
Phase 12: Völlige Erschöpfung
Die völlige Erschöpfung ist ein psychischer Zusammenbruch, auch eine körperliche Erkrankung ist möglich. Betroffene befinden sich in einer Notfallsituation und schnelles Handeln ist erforderlich.
Andere Modelle und Nutzen der Burnout-Phasen
Das Burnout-Phasenmodell von Freudenberger ist nicht die einzige Beschreibung von Burnout-Phasen. Der Psychologe Matthias Burisch zum Beispiel hat das Burnout-Syndrom in 7 Phasen eingeteilt, für die er jeweils typische Symptome genannt hat. Ähnlich wie bei Freudenberger können die Übergänge fließend sein und nach leichten Symptomen, sogenannten Warnsymptomen, verläuft die Erkrankung bis zur Verzweiflung.
Egal welche Burnout-Phasen wir nun zugrunde legen, der Nutzen kann für uns sein, einen Eindruck möglicher Symptome zu bekommen.
Letztendlich ist es jedoch nicht entscheidend, in welcher Phase wir uns nach einer Selbst- oder Fremdeinschätzung befinden. Spätestens wenn wir leiden, sollten wir besonders auf uns achtgeben.
Das kann in Form von Burnout Selbsthilfe geschehen oder wir suchen uns Unterstützung. Es ist auch möglich, Burnout vorzubeugen, selbst wenn du noch kein Symptom an dir erkennen kannst.
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