Was ist Selbstakzeptanz?
Eigentlich stecken in dieser Frage zwei Fragen: Was ist das Selbst und was ist Akzeptanz? Das Selbst ist die Vorstellung, die du über dich hast. Was sind deiner Meinung nach deine Eigenschaften, Fähigkeiten und Gewohnheiten? Welche Gedanken und Gefühle sind typisch für dich? Was denkst du, was macht dich aus?
An dieser Stelle reicht es zu wissen, dass es bei Selbstakzeptanz um deine eigene Sicht auf dich selbst geht – auch wenn andere Menschen dich vielleicht ganz anders einschätzen.
Akzeptanz bedeutet, die Dinge so sein zu lassen, wie sie sind. Mit Akzeptanz können wir loslassen lernen – von Erwartungen, dem Wunsch anders zu sein oder einer idealisierten Vorstellung. Durch dieses Loslassen kann viel Kraft frei werden, die wir für Dinge nutzen können, die uns wichtig sind oder auch einfach, um Spaß zu haben.
Selbstakzeptanz ist also der Prozess, in dem wir aufhören, mit einer Vorstellung von unserem Selbst zu kämpfen und uns annehmen, wie wir sind.
Selbstakzeptanz: So bin ich
Vermutlich hast du schon von Selbstliebe gehört, bei der es auch um ein Gefühl der Zuneigung zu dir selbst geht und auch um Selbstfürsorge. Man könnte Selbstakzeptanz wie einen Baustein zur Selbstliebe verstehen oder auch als Vorstufe: Wenn ich nicht sehen möchte, wie ich bin, mich selbst nicht akzeptiere, kann ich mich schließlich auch nicht lieben.
Selbstakzeptanz bedeutet zunächst, dich zu sehen, wie du gerade bist. Metaphorisch gesehen ist Selbstakzeptanz ein wenig so, als würdest du dich ganz ungeschminkt und nackt im Spiegel betrachten und dir einfach denken: Aha, das bin ich.
Es geht nicht um ein: So bin ich und das ist gut so. Selbstakzeptanz bedeutet anzuerkennen, nicht zu bewerten, nicht zu kritisieren, aber auch nicht gutzuheißen. Was so einfach klingt, kann jedoch ganz schön schwierig sein, weil wir häufig automatisch bewerten. Die Frage ist daher: Wie können wir dieses neutrale Hinschauen, die Selbstakzeptanz, lernen? Welche positiven Auswirkungen kann Selbstakzeptanz haben?
Übung: Blick auf dein Selbstbild
Um Selbstakzeptanz lernen zu können, brauchen wir zunächst – ähnlich wie bei der Selbstreflexion – die Bereitschaft, uns mit uns selbst zu beschäftigen. Bei positiven Dingen fällt uns das meistens leicht. Doch Selbstakzeptanz zu lernen bedeutet, auch auf das zu blicken, was wir nicht gerne sehen.
Vielleicht möchtest du genau das jetzt einmal ausprobieren: Welche Seiten an dir lehnst du ab? Welche Eigenschaften, Gedanken oder Gefühle bereiten dir Probleme? Welches Verhalten kannst du an dir selbst nicht leiden? Was versuchst du eventuell schon lange zu verändern?
Hier sind einige Beispiele:
- das körperliche Aussehen
- Eifersucht
- Trägheit
- Schüchternheit
- Reizbarkeit
- depressive Gefühle
- Ängste
- Selbstzweifel
- Selbsthass
- Süchte (zum Beispiel Alkohol oder Zigaretten)
- …
Es genügt, wenn du dir ein persönliches Beispiel auswählst, du kannst aber auch eine Liste machen. Nun geht es nicht darum, dass du lernen sollst, diese Dinge an dir zu mögen. Lasse sie einfach da sein. Sei mit dir selbst, so wie du bist.
Wenn du möchtest, schließe die Augen. Das, woran du jetzt denkst, ist weder gut, noch schlecht, noch ist es zwangsläufig wahr – es ist erst mal nur dein gegenwärtiger Gedanke, deine Sichtweise auf dich selbst. Diese Vorstellung, die du von dir hast, darf sich in vollem Umfang entfalten. Du kannst dir dein Selbstbild wie ein großes Wandgemälde vorstellen, das dir in einem Museum begegnet und von dem du dir jedes Detail genau betrachten willst. Dir würde nicht in den Sinn kommen, daran etwas verändern zu wollen, denn es ist ja bereits da. Vielleicht möchtest du versuchen, 5 Minuten am Tag auf diese Art und Weise mit dir selbst zu sein.
Gut zu wissen
Es ist ganz natürlich, bei dieser Übung nicht „neutral” zu bleiben, sondern unangenehme Gefühle und Ablehnung zu erleben. Beim Blick auf unser Selbstbild beginnen wir automatisch damit zu hadern und darüber nachzudenken, was anders werden soll. Doch auch das ist okay und sogar Teil unseres Menschseins. Vielleicht geht es dabei um Perfektionismus oder das dir vertraute Gedankenkarussell. Wichtig ist: Spinne diese Gedanken nicht aktiv weiter, sondern nimm sie in dein Bild mit auf.
Die Früchte ernten: Was bringt Selbstakzeptanz?
Hinsehen, wo wir lieber wegschauen würden und unangenehme Gefühle da sein lassen, wofür soll das gut sein? Zieht mich das nicht runter und macht alles noch schlimmer?
Wenn du die obige Übung machst, wirst du vielleicht feststellen, dass du nicht nur unangenehme, sondern auch angenehme Gefühle erlebst. Das geschieht dadurch, dass du den Kampf mit dem, was ist, aufgibst. Daher ist es möglich, dass sich mit der Zeit Gefühle der Erleichterung und Zufriedenheit breitmachen. Wir spüren, dass wir loslassen und das kann sich sehr schön anfühlen.
Doch nicht nur das: Zu akzeptieren, wer wir gerade sind, kann uns dabei helfen, anders zu werden. Das klingt etwas widersprüchlich und genau deshalb ist dieser Prozess in der Gestalttherapie als Paradox der Veränderung bekannt.
Beim Paradox der Veränderung geht es darum, dass sich etwas in uns verändert, wenn wir uns in Selbstakzeptanz üben. Wir lassen los und können genau dadurch neue Ufer gewinnen.
So wichtig Aktionismus, Vorsätze und konkrete Ziele auch sind, so ergeben sich die Veränderungen durch Selbstakzeptanz vor allem passiv.
Beispiele dafür sind:
- Ich akzeptiere, dass ich eifersüchtig bin und erlebe mich dadurch plötzlich entspannter.
- Ich akzeptiere, dass ich süchtig nach Zigaretten bin, nehme mir dadurch Druck und Anspannung und rauche weniger.
- Ich akzeptiere, dass ich mich selbst nicht mag oder sogar hasse und bekomme Mitgefühl mit mir selbst.
- Ich akzeptiere mein Aussehen, dadurch verändert sich meine Ausstrahlung und ich erhalte Komplimente – wodurch ich mir selbst besser gefalle.
Die Folgen der Selbstakzeptanz können enorm sein, doch wichtig ist, dass wir eben nicht darauf aus sind, anders zu werden. Es geht nicht darum, die Selbstakzeptanz zu benutzen, um uns doch wieder zu optimieren. Es geht darum, bleiben zu dürfen, wer wir sind. Übe dich in Selbstakzeptanz – und genieße die Früchte deines Übens, wenn sie dir in den Schoß fallen.
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