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Sexuelle Unlust bei Frauen – was ist normal und was hilft?

Wie oft und wie lange haben Menschen Sex, wer kommt wann oder überhaupt zum Orgasmus? Und läuft etwas schief, wenn ich gar keine Lust auf Sex, vielleicht noch nicht mal auf Selbstbefriedigung habe?

Leider wird über das Thema Sex immer noch viel zu wenig offen gesprochen und gleichzeitig gibt es viele Annahmen darüber, wie ein erfülltes Sexleben aussehen sollte. Stimmt das nicht mit unserer Realität überein, zum Beispiel weil wir als Frau unter sexueller Unlust leiden, fühlen wir uns oft nicht wohl, vielleicht sogar schuldig.

In diesem Artikel kannst du mehr über die psychischen Ursachen für sexuelle Unlust bei Frauen erfahren und auch, wie du etwas daran ändern kannst, wenn du möchtest.

Klischee adieu

Wahrscheinlich ist uns allen schon mal das Klischee begegnet, dass Männer mehr – vielleicht sogar nahezu immer – Sex wollen und Frauen Kopfschmerzen vortäuschen, obwohl sie eigentlich sexuelle Unlust verspüren. Wie bei jedem Klischee ist wenig bis gar nichts Wahres daran, außer der Tatsache, dass es sexuelle Unlust gibt, die allerdings Männer wie Frauen gleichermaßen betreffen kann. Möglich ist, dass Frauen sich sexuelle Unlust eher eingestehen, weil sexuelle Unlust bei Frauen aufgrund dieses Klischees akzeptierter ist. 

Nichtsdestotrotz verhindert das Klischee der „lustlosen Frau”, dass wertfrei und geschlechtsunabhängig über sexuelle Unlust gesprochen werden kann. Denn sexuelle Unlust ist weder ein weibliches noch ein männliches Problem – manchmal ist sie überhaupt kein Problem.

Sexuelle Unlust verstehen

Sexuelle Unlust ist etwas anderes als eine Abneigung oder sogar Angst vor Sex. Wir können sexuelle Unlust besser verstehen und mit ihr umgehen, wenn wir sie nicht als etwas Aktives und Ablehnendes betrachten, sondern zunächst lediglich als die Abwesenheit von Lust. Wie jedes Gefühl, jeder Gedanke und jede Empfindung kann Lust gar nichts Dauerhaftes sein. Genauso wenig wie wir dauerhaft Hunger haben oder nicht immer müde sind und schlafen können, kommt und geht auch unsere Lust auf Sex oder Selbstbefriedigung. Sexuelle Unlust ist die Kehrseite sexueller Lust und damit zunächst ganz normal und notwendig, um auch wieder Lust zu verspüren.

Was ist normal?

Auch wenn sexuelle Unlust bei Frauen als auch Männern normal ist, kommt wahrscheinlich die Frage auf: Wie lange ist sie denn normal? Wann sollte wieder Lust aufkommen? Letztendlich kommt es hier nicht auf Statistiken oder Meinungen von Experten oder Expertinnen an, sondern auf dein persönliches Empfinden. Wenn du unter Libidoverlust leidest, dir mehr Sex wünschst oder dich gerne selbst häufiger selbstbefriedigen würdest, aber nicht erregt bist, kann das ein Grund sein, um etwas zu verändern.

Psychologisch gesehen kann der Verlust oder der Mangel an sexuellem Verlangen als psychische Erkrankung diagnostiziert und behandelt werden. Ausschlaggebend ist hierfür jedoch, dass deine gewünschte sexuelle Beziehung durch diesen Verlust oder Mangel verhindert wird.

Achte jedoch darauf, dass hinter deinem Wunsch nicht doch der Gedanke steckt, wie viel Lust du vermeintlich haben solltest oder gar müsstest. Diese Erwartungen an dich selbst können zum Beispiel entstehen, wenn du Zahlen im Kopf hast, wie oft Menschen durchschnittlich Sex haben, wie oft deine Freunde und Freundinnen Sex haben oder auch durch Reaktionen deines Partners oder deiner Partnerin auf deine Unlust.

Sexuelle Unlust in der Partnerschaft

Sexuelle Unlust kann zu sexuellem Druck in der Partnerschaft führen, von dem du dich nicht verleiten lassen solltest, deine Bedürfnisse und Grenzen zu übergehen. Dich nicht von deinem Partner oder deiner Partnerin verunsichern oder gar ein schlechtes Gewissen machen zu lassen, das auch dein sexuelles Selbstwertgefühl beeinträchtigen kann, bedeutet natürlich nicht, dass es egal ist, was dein Partner oder deine Partnerin sagt und sich wünscht.

Es ist schön, wenn Menschen in Beziehungen ähnlich oft sexuelle Lust empfinden und es kann frustrierend sein, wiederholt vom Partner oder der Partnerin abgewiesen zu werden. Es bedeutet jedoch nicht, dass mehr oder weniger sexuelle Lust richtig oder falsch ist.

Es kann hilfreich sein, offen über diesen Unterschied zu sprechen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Wenn du das Gefühl hast, dass sexuelle Unlust ein wiederkehrendes Problem in der Partnerschaft ist, kann es außerdem hilfreich sein, sich in einer Paar- oder Sexualtherapie beraten zu lassen. 

Was können Ursachen für sexuelle Unlust bei Frauen sein?

Wenn es um sexuelle Unlust bei Frauen geht, können zum Beispiel hormonelle Veränderungen eine Ursache sein. Viele Frauen erleben einen Libidoverlust im Zusammenhang mit der Einnahme der Pille oder den Wechseljahren. Um körperliche Ursachen zu überprüfen, hole dir am besten ärztlichen Rat ein. 

Sexuelle Lust entsteht aber auch durch psychosomatische Prozesse, das heißt durch ein Zusammenspiel der Psyche und des Körpers. Als psychische Ursache kann zum Beispiel Stress eine Rolle spielen und das Gefühl, keine Zeit für dich zu haben. Wenn wir akuten Stress haben, hegen wir meistens noch abends im Bett Gedanken an unsere To-do-Liste, die eher wenig erregend sind. Partnerschaftsprobleme und fehlende Anziehung zum Sexualpartner oder zur Sexualpartnerin können ebenfalls eine Rolle bei Libidoverlust spielen. Es kann auch Lebensphasen geben, in denen andere Dinge im Vordergrund stehen, als sexuelle Lust. Viele Paare erleben solche Phasen zum Beispiel nach der Geburt eines Kindes.

Gut zu wissen

An wen kann ich mich bei sexueller Unlust wenden?

Ein guter Ansprechpartner bei Problemen rund um sexuelle Unlust kann dein Frauenarzt oder deine Hausärztin sein. Beim Arzt oder der Ärztin deines Vertrauens können körperliche Ursachen für den Libidoverlust besprochen und untersucht werden. Finden sich keine körperlichen Ursachen, kannst du trotzdem hilfreiche Tipps oder Empfehlungen für eine therapeutische Behandlung erhalten. Weitere Ansprechpartner:innen findest du auch bei Sexualberatungsstellen, in der Sprechstunde einer Psychotherapeutin oder bei einem spezialisierten Sexualtherapeuten. Da manchmal andere Probleme hinter der sexuellen Unlust stehen, kann dir eine psychotherapeutische Behandlung helfen, diese aufzuarbeiten.

Ich möchte etwas an meiner sexuellen Unlust verändern

Es ist verständlich, dass du dir deine „gewohnte” Lust zurückwünschst, wenn du bemerkst, dass sie zurückgegangen ist. Die folgenden 4 Tipps können dir dabei helfen, wieder mehr sexuelle Lust zu erleben, wenn keine körperlichen Ursachen vorliegen.

1Erregende Gedanken

Deine Gedanken haben einen großen Einfluss auf deine Libido. Überlege dir bildlich, was dich in Stimmung versetzt. Das kann dir helfen, vor oder bei sexueller Intimität erregt zu sein. Deiner Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt und du musst dich für keinen lustvollen Gedanken schämen. Vielleicht möchtest du auch ausprobieren, ein erotisches Hörbuch oder einen Pornofilm zu sehen, um herauszufinden, welche Bilder dich erregen.

2Selbstbefriedigung

Selbstbefriedigung kann nicht nur sehr angenehm sein, sondern führt auch dazu, dass bestimmte Körperregionen für sexuelle Erregung sensibler werden. Außerdem lernst du dadurch, wo du es magst berührt zu werden, was sich gut anfühlt und was vielleicht nicht. Erlaube dir hier, deinen eigenen Körper mit Neugier und Offenheit zu erforschen.

Setze dich nicht unter Druck, um unbedingt einen Orgasmus zu erreichen. Letztendlich dauert dieser nur Sekunden. Sexuelle Lust hingegen kannst du viel länger empfinden, deshalb setze deinen Fokus auf das Experimentieren.

3Doppelt erregt besser

Das Besondere an Sex mit deinem Partner oder deiner Partnerin ist, dass ihr eine gemeinsame Erfahrung macht, um euch gegenseitig angenehme Empfindungen zu bescheren. Es kann daher sehr erregend sein, wenn du weißt, dass deine Partnerin oder dein Partner gerade Lust empfindet. Frage, wo er oder sie Berührungen mit welcher Intensität mag, welche Stellung ihm oder ihr gefällt und zeige ihm oder ihr, zum Beispiel durch Worte oder Laute, was du magst. So kann Sex mit der Zeit zu einer gemeinsamen lustvollen Aktivität werden.

4Allgemeine Tipps

Hier haben wir noch ein paar weitere Tipps für dich, wie du von sexueller Unlust zu mehr Lust gelangen kannst:

  • Angenehme Musik kann deine Stimmung und dein Wohlbefinden auch vor und während des Geschlechtsverkehrs oder der Masturbation positiv beeinflussen.
  • Beziehe deinen ganzen Körper mit ein: Auch Zärtlichkeiten am Hals, Bauch oder den Brüsten können sehr angenehm sein.
  • Probiere einmal, dich mit dir selbst, deinem Partner oder deiner Partnerin für sexuelle Intimität zu verabreden. Möglicherweise spürst du dadurch eine luststeigernde Vorfreude.
  • Versuche, ein positives Körpergefühl aufzubauen: Das kann durch regelmäßigen Sport und gesunde Ernährung gelingen, aber auch durch einen langen Spaziergang in der Natur, den Genuss der Sonne oder ein ausgiebiges Bad.
  • Schaffe dir die Atmosphäre, die du dir wünschst, zum Beispiel durch Kerzen, Blumen oder frische Bettwäsche.

Wichtig anzumerken ist, dass dies alles Tipps sind, die für dich funktionieren können, aber nicht müssen. Jeder Mensch ist anders und was für die eine funktioniert, muss nicht gleich auch für dich funktionieren. Mit ein wenig Neugier und Entdeckerlust kannst du vielleicht aber auch das Mittel und den Weg finden, der dir hilft, deine Lust wieder zu steigern.

Schmerzen beim Sex als Ursache für sexuelle Unlust bei Frauen

Manchmal können Schmerzen beim Sex oder Schmerzen beim Einführen die Ursache für sexuelle Unlust bei Frauen sein. Wenn Sex mit Schmerzen einhergeht oder aufgrund dieser gar nicht möglich ist, kann es sich dabei um die sogenannte Genito-Pelvine Schmerz-Penetrationsstörung (GPSPS) handeln. Diese umständliche Bezeichnung umfasst die beiden Diagnosen Vaginismus und Dyspareunie. Wenn du vermutest, davon betroffen zu sein, interessiert dich vielleicht unser Online-Therapieprogramm Vaginismus Plus. Innerhalb von 12 Wochen lernst du darin Übungen kennen, um die Angst vor Schmerzen beim Sex abzubauen, deine sexuelle Lust zu steigern und das schrittweise Einführen zu üben. Und das Beste: Du kannst dir das Therapieprogramm von einem Arzt oder einer Ärztin kostenfrei auf Rezept verschreiben lassen. Schau dazu gerne mal auf unserer Informationsseite zu Vaginismus Plus vorbei.

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  • Quellennachweis
    1. Reddish S. Loss of libido in menopausal women. Management issues. Aust Fam Physician. 2002 May;31(5):427-32. PMID: 12043546.
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    3. Goldstein I, Kim NN, Clayton AH, DeRogatis LR, Giraldi A, Parish SJ, Pfaus J, Simon JA, Kingsberg SA, Meston C, Stahl SM, Wallen K, Worsley R. Hypoactive Sexual Desire Disorder: International Society for the Study of Women’s Sexual Health (ISSWSH) Expert Consensus Panel Review. Mayo Clin Proc. 2017 Jan;92(1):114-128. doi: 10.1016/j.mayocp.2016.09.018. Epub 2016 Dec 1. PMID: 27916394.
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