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Verbitterung erkennen, verstehen und verändern

Vielleicht fühlst du dich selbst verbittert und wünschst dir, dieses unangenehme Gefühl loszuwerden. Oder du hast eine Person in deinem Umfeld, die verbittert wirkt und würdest dir wünschen, dass sie ihre Lebensfreude wiederfindet. Doch woran erkennst du, ob es sich dabei wirklich um Verbitterung handelt – gibt es typische Symptome von Verbitterung? Was sind mögliche Wege aus der Verbitterung? Und was ist eine Verbitterungsstörung?

Was ist Verbitterung?

Mit Verbitterung meint man ein länger anhaltendes unangenehmes Gefühl, einen Groll, der mit einer negativen Lebenseinstellung einhergeht.

Verbitterung ist auf eine Kränkung zurückzuführen, der wir uns hilflos gegenüber sehen und nach der wir es nicht schaffen, die unangenehmen Gefühle anzunehmen. Das kann zum Beispiel auch zur Folge haben, dass erwartet wird, dass Ereignisse in der Zukunft (wieder) nicht klappen oder die Überzeugung entsteht, dass Dinge sich nicht positiv verändern können.

Durch die Kränkung, die zu Verbitterung führt, fühlen wir uns enttäuscht, ungerecht behandelt oder herabgewürdigt. Die auslösenden Situationen oder Kontexte können dabei ganz unterschiedlich sein. Es können Konflikte in der Familie, in Freundschaften, in der Partnerschaft oder auch im beruflichen Umfeld sein.

Wege aus der Verbitterung

Wenn du selbst Verbitterung erlebst, gibt es einiges, was du tun kannst, um dieses Gefühl zu verändern. Dafür ist es zunächst wichtig zu wissen, dass deine Gedanken großen Einfluss auf deine Gefühle – und damit auch auf das Gefühl der Verbitterung – haben. 

Leider können wir Gedanken nur bedingt steuern. Der Versuch, insbesondere aus Verbitterung heraus positiv zu denken, ist daher eher schwierig, da positive Gedanken in dieser Gefühlslage wenig glaubhaft erscheinen können. Wenn der sofortige Erfolg ausbleibt, kann es zudem zu Gedanken kommen, wie: „Habe ich es doch gewusst, das funktioniert eh nicht.” Mehr zu den Schwierigkeiten positiven Denkens und nützlichen Alternativen findest du auch in unserem Artikel Toxische Positivität.

Statt sofort positiv denken zu müssen, kannst du zunächst Gedanken, die du mit dem Gefühl der Verbitterung verbindest, hinterfragen. Oftmals sind diese Gedanken ins Negative verzerrt, ohne dass dir das bewusst ist. Sehen wir uns das mal genauer an.

Häufige Denkfallen als Ursache und Folge von Verbitterung

Wenn Gedanken einseitig sind und wenig Spielraum für eine andere Sichtweise oder Interpretation lassen, kann das maßgeblich zur Verbitterung beitragen. Bei der Betrachtung solcher Gedanken hat man herausgefunden, dass es Denkmuster gibt, die häufig vorkommen. Deshalb nennt man sie auch „typische Denkfallen”. Bei Verbitterung können insbesondere folgende Denkfallen eine Rolle spielen: 

  • Schwarz-Weiß-Denken

    Es werden nur zwei Kategorien berücksichtigt. Es gibt nur „Entweder-oder”, „Alles- oder nichts” und keinen Spielraum dazwischen. Beispiel: „Wenn meine Freundin mich heute nicht anruft, braucht sie sich nie wieder bei mir zu melden.”

  • Abwerten des Positiven

    Wenn etwas Positives passiert oder etwas gelingt, wird dies kleingeredet oder dem Zufall zugeschrieben. Auf diese Weise werden negative Überzeugungen aufrechterhalten, auch wenn positive Erfahrungen im Alltag dagegen sprechen. Beispiel: „Ich wurde nur zum Geburtstag eingeladen, damit ich ein Geschenk mitbringe.”

  • Emotionale Beweisführung

    Gefühle werden als Beweis dafür genommen, dass ein Gedanke oder eine Annahme stimmt. (Nach dem Motto: „Ich fühle es, also muss es stimmen.”). Beispiel: „Ich habe ein ungutes Gefühl, deshalb wird es eh wieder nichts.”

  • Negativer Filter

    Ein negatives Detail wird herausgegriffen und verallgemeinert, wohingegen positive Aspekte nicht berücksichtigt werden. Beispiel: „Mein Vorgesetzter hat meinen Bericht kritisiert, er kann mich nicht leiden.”

  • Gedankenlesen

    Davon ausgehen zu wissen, was andere denken, ohne es überprüft oder Alternativen in Betracht gezogen zu haben. Beispiel: „Ich weiß, dass sie ihre Entschuldigung nicht ernst meint.”

Bewusster denken

Wenn du die Bereitschaft mitbringst, deine Gedanken nicht automatisch für wahr zu halten, kannst du sie – vielleicht zunächst für den Rest des heutigen Tages – mal beobachten. Nimm sie wahr, als wären sie Forschungsgegenstände. Du kannst dir hierbei der Reihe nach folgende „Forschungsfragen” stellen:

  • Was denke ich gerade? (Versuche am besten, einen konkreten Gedanken zu „erwischen”.)
  • Könnte dieser Gedanke zu einer Denkfalle passen?
  • Welches Gefühl löst dieser Gedanke in mir aus?

Wenn du auf diese Weise vorgehst, kannst du entdecken, dass das Gefühl der Verbitterung von deinen Gedanken mitbestimmt wird. Wenn du möchtest, kannst du den negativ verzerrten Gedanken auch einen realistischeren Gedanken entgegensetzen. Zum Beispiel: „Es muss nicht sein, dass ich wegen des Geschenks eingeladen wurde, vielleicht mag die Person mich auch gerne.” Wenn du dein Denken auf diese Weise beobachtest, immer wieder ein bisschen ergänzt und damit zurechtrückst, kann dein Gefühl der Verbitterung mit der Zeit weniger werden.

Was kann ich tun, wenn ein mir nahestehender Mensch verbittert ist?

Wenn ein Mensch, der uns nahesteht, verbittert ist, kann uns das als Außenstehende belasten. Schließlich wünschen wir uns, dass die andere Person glücklich ist und vielleicht sehen wir auch, in welche Denkfallen der andere Mensch tappt. Wenn der oder die andere allerdings nicht den Wunsch und die Bereitschaft mitbringt, die Dinge anders zu sehen und die Verbitterung damit ein Stück weit „loszulassen”, müssen wir das akzeptieren. 

Es kann hilfreich sein, in Gesprächen andere Themen einzubringen und zum Beispiel gemeinsame Unternehmungen zu machen, um positive Erlebnisse zu schaffen, die euch beiden guttun.

Was ist eine posttraumatische Verbitterungsstörung?

Eine Verbitterungsstörung ist momentan keine alleinstehende Diagnose, die zum Beispiel im Rahmen einer Psychotherapie vergeben werden kann. Die sogenannte Posttraumatische Verbitterungsstörung (kurz: PTED) wurde erstmals von der Forschungsgruppe Psychosomatische Rehabilitation der Charité in wissenschaftlichen Studien beschrieben und es geht dabei um Verbitterung in Folge eines einmaligen schwerwiegenden negativen Lebensereignisses. Von der Verbitterung, die uns allen vertraut ist, lässt sie sich durch den Schweregrad und auch die Ausbreitung der Symptome abgrenzen.

Bei der Posttraumatischen Verbitterungsstörung kommt es zu ähnlichen Symptomen wie bei einer Depression, die Stimmung kann allerdings auch aggressiv sein und körperliche Anzeichen wie Schlaflosigkeit, Appetitverlust oder Schmerzen können auftreten.

Auch wenn die Posttraumatische Verbitterungsstörung noch keine alleinstehende Diagnose ist, kannst du dir psychotherapeutische Hilfe suchen, wenn du vermutest, betroffen zu sein und Verbitterung erlebst, unter der du leidest. In diesem Zusammenhang könnten auch unsere Artikel zu den Themen Psychotherapieplatz finden und Therapieformen hilfreich sein.

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