Woher kommt Weihnachtsstress?
Besinnlich, festlich, fröhlich, erholsam – klar, das klingt gut, aber es klingt vor allem nach großen Erwartungen. Wenn unsere Erwartungen sehr hoch sind, ist Stress meistens vorprogrammiert. Wir wollen dafür sorgen, dass auch wirklich alles nach Plan läuft und setzen uns dadurch unter Druck. Das perfekte Geschenk, die schönste Dekoration, das leckerste Festmahl und vor allem: kein Streit an Weihnachten, bitte! So kommt es dann zu Weihnachtsstress.
» Die besinnlichen Tage zwischen Weihnachten und Neujahr haben schon manchen um die Besinnung gebracht. «
Joachim Ringelnatz
Überhöhte Erwartungen und Perfektionismus
Die festliche Jahreszeit neigt dazu, hohe Erwartungen und den Druck nach Perfektionismus mit sich zu bringen. Dabei ist es wichtig zu erkennen, dass niemand und nichts perfekt ist, und dass das Streben nach Perfektion oft mehr Stress verursacht als Freude bringt. Eine Möglichkeit, überhöhte Erwartungen zu bewältigen, besteht darin, klare Prioritäten zu setzen.
Benenne die drei für dich wichtigsten Elemente, die dir während der Feiertage am meisten am Herzen liegen, und konzentriere dich darauf.
Das könnte auch bedeuten, dass du manchen Traditionen wie zum Beispiel einem opulenten Weihnachtsessen, dieses Jahr nicht nachgehst – die dir aber scheinbar ohnehin nicht so wichtig sind. Es kann manchmal eine wahre Erleichterung sein, sich von gesellschaftlich-kulturellen Erwartungen zu lösen und einmal nicht dem „perfekten” Weihnachtsfest nachzueifern, das uns in Hollywood-Filmen suggeriert wird. Denn vielleicht ist es eigentlich ein ganz anders, unkonventionelles Fest, das dir und deiner Familie viel schönere Feiertage mit weniger Weihnachtsstress schenken könnte.
Aufgaben aufteilen und abgeben
Ein Tipp für die Vorbereitung der besinnlichen Zeit: Bitte um die Hilfe deiner Familienmitglieder. Teilt euch die Verantwortlichkeiten und Aufgaben, sei es bei der Zubereitung des Festessens oder beim Dekorieren des Hauses. So bleibt nicht der ganze Mental Load bei einer Person hängen, die dann den Druck verspürt, allen ein möglichst schönes Fest zu gestalten. Gemeinsame Vorbereitung kann auch das Familiengefühl stärken und so ein noch schöneres Fest ermöglichen.
Die liebe Familie – Konflikte und Streit an Weihnachten vorprogrammiert?
Weihnachten bringt oft die ganze Familie zusammen. Das ist auf der einen Seite sehr schön, kann aber bei vielen Familien auch so einige Herausforderungen mit sich bringen. Gerade zu dieser Zeit, wo alles besonders harmonisch sein soll, treffen oft unterschiedliche Erwartungen, Meinungen und Vorstellungen aufeinander. Jedes Familienmitglied hat in der Regel etwas andere Vorstellungen von dem „perfekten” Weihnachtsfest und Streit an Weihnachten ist so keine Seltenheit.
Unser Tipp: Versuche, in diesem Jahr möglichst frühzeitig über die Vorstellungen und Wünsche zu sprechen. Dann könnt ihr bereits vor den Feiertagen versuchen, einen Kompromiss zu finden, sodass die Eskalation über nicht erfüllte Erwartungen und der Stress in der Familie hoffentlich ausbleibt.
Wisst ihr bereits, dass beim Aufeinandertreffen verschiedener Familienmitglieder immer wieder Konflikte über bestimmte Gesprächsthemen auftreten können? Versucht einmal, von vornherein festzulegen, dass diese Themen – zum Beispiel politische Diskussionen – am Weihnachtsabend diesmal nichts zu suchen haben. Dadurch kann es einfacher fallen, frühzeitig in das Gespräch einzugreifen, sollte es doch passieren. Zum Beispiel so: „Entschuldigt bitte, aber wir hatten gesagt, dass wir Politik heute Abend nicht besprechen möchten, ist das in Ordnung für euch?”
Vielleicht wollt ihr auch mal ein Experiment wagen und Spiele mit Gesprächsimpulsen mit in euren Weihnachtsabend aufnehmen. So könnt ihr vielleicht nochmal ganz neue Seiten und Geschichten eurer Familienmitglieder kennenlernen – und vermeidet ganz nebenbei die schwierigen Themen.
3 Schritte gegen Weihnachtsstress
Erwartungen zu haben und sich zu verausgaben, passiert zwar oft ganz automatisch, du bist dem aber nicht hilflos ausgeliefert. Wichtig dafür ist, dass du weißt, wie du damit umgehen kannst. Um dich möglichst gut auf dein Weihnachtsfest vorzubereiten, haben wir hier eine kleine Übung in 3 Schritten für dich, um dich gegen Weihnachtsstress zu wappnen.
Schritt 1: Ein schreckliches Weihnachten
Nimm dir ein Blatt Papier und einen Stift und schreibe einmal auf, wie dein Weihnachten aussehen würde, wenn wirklich alles schiefgeht. Du kannst das in einem Text machen oder auch in Stichpunkten, zum Beispiel:
- ich habe bis Heiligabend kein einziges Geschenk gekauft
- erst in letzter Sekunde schaffe ich es in den Supermarkt, es ist rappelvoll und vieles bereits ausverkauft
- ich streite mich wieder mit meiner Schwiegermutter
- das Weihnachtsessen lasse ich anbrennen
- ich komme überhaupt nicht in Weihnachtsstimmung
- mein Freund oder meine Freundin schenkt mir schon wieder ein Kochbuch
An diesen schlimmsten Befürchtungen kannst du ablesen, welche Erwartungen du hast und was deiner Meinung nach auf keinen Fall passieren darf. Weihnachtsstress entsteht dadurch, dass du versuchst, dieses „Negativszenario” unter allen Umständen zu vermeiden. Lies dir nun alles noch mal in Ruhe durch. Atme dann tief durch und mache mit Schritt 2 weiter.
Schritt 2: Was kann ich beeinflussen?
Auf deiner Liste oder in deinem Text stehen sehr wahrscheinlich Punkte, von denen du einige gut beeinflussen kannst, um den Stress an Weihnachten zu reduzieren. Du kannst zum Beispiel nicht erst in letzter Minute einkaufen gehen, sondern den Einkauf eine Woche vorher einplanen oder auch auf mehrere Einkäufe aufteilen, damit es nicht so viel wird. Oder mach es dir leichter, indem du jemand anderen um Hilfe bittest.
Sage deinem Freund oder deiner Freundin, dass du dir dieses Jahr einen grünen Pullover mit lila Streifen wünscht, weil du schon genügend Kochbücher hast. Bemühe dich, freundlich und geduldig mit deiner Schwiegermutter zu sein. Das klappt am besten, wenn du dich an ihre guten Eigenschaften erinnerst oder auch daran, dass auch sie sich bestimmt keinen Streit wünscht, es ihr aber schwerfällt, sich anders zu verhalten.
Frage dich also bei allen Aspekten (Geschenke, Einkäufe, Essen, Weihnachtsstimmung, Zwischenmenschliches usw.), was du wie positiv beeinflussen kannst. Das kann auch bedeuten, im Vorhinein mit Familienmitgliedern schon mal Erwartungen und Wünsche zu besprechen. Denk dran: Es geht darum, es dir leichter zu machen und für Entlastung zu sorgen.
Schritt 3: Loslassen
Genauso wie es Dinge gibt, die du gut beeinflussen kannst, gibt es auch Umstände oder Ereignisse, die du nicht beeinflussen kannst. Dazu gehören auch die Ergebnisse deiner Bemühungen aus Schritt 2: Du kannst zum Beispiel eine Woche vor Weihnachten einkaufen gehen, aber ob der Supermarkt nicht trotzdem rappelvoll ist, liegt nicht in deiner Hand.
Du kannst deinem Freund oder deiner Freundin sagen, dass du dir einen grünen Pullover mit lila Streifen wünscht, doch vielleicht schenkt er oder sie dir trotzdem schon wieder ein Kochbuch. Du kannst freundlich und geduldig mit deiner Schwiegermutter sein, aber wenn sie es auf eine Auseinandersetzung anlegt, kann die Situation trotzdem unangenehm werden.
Um dadurch keinen Weihnachtsstress zu erleben und aus Angst vor Kontrollverlust panisch zu versuchen, alles zu retten, sage dir in solchen Momenten beim Einatmen „lass” und beim Ausatmen „los”. Lass los. Du darfst dich entspannen, auch wenn etwas Unvorhergesehenes passiert oder wenn du etwas nicht beeinflussen kannst.
Gedanken und Gefühle zu Weihnachten
Neben dem, was um dich herum passiert, gilt es auch, deine eigenen Gedanken und Gefühle loszulassen. Denn stell dir mal vor: Alles klappt perfekt, es wird von außen betrachtet ein spitzenmäßiges Bilderbuch-Weihnachtsfest, aber du fühlst dich einfach nicht so gut. Du bist traurig, weil du einen geliebten Menschen vermisst, du langweilst dich, weil dich die Gesprächsthemen eher weniger interessieren oder du fühlst dich wegen der ganzen Vorbereitungen leer und erschöpft. Besonders mitfühlende oder gesellige Gedanken hast du auch nicht und abends möchtest du an Weihnachten alleine sein und lieber einen Film gucken.
Sich über solche Gedanken zu ärgern und sie am liebsten nicht haben zu wollen, kann zusätzlich Druck verursachen. Dir deswegen keinen Stress zu machen, bedarf viel Übung und Weihnachten ist eine perfekte Gelegenheit dafür.
Aus Weihnachtsstress kann Weihnachtsentspannung werden, wenn du deine Gefühle und Gedanken so sein lässt, wie sie gerade sind.
Wenn du mit deinen Gedanken oder Gefühlen haderst, schließe für einen Moment die Augen und versuche, sie wie Schneeflocken zu beobachten, die vom Himmel fallen und auf dem Boden schmelzen. Fällt dir diese Vorstellungsübung eher schwer, können stattdessen auch Sätze helfen, in denen du dir eine klare Erlaubnis für alles gibst, was in dir vorgeht. Zum Beispiel: „Ich darf mich jetzt traurig fühlen”, „Ich darf mich jetzt gelangweilt fühlen”, „Ich darf meine Schwiegermutter jetzt doof finden”. Wichtig dabei ist, dass du versuchst, deine Gedanken oder Gefühle nicht als schlecht zu bewerten, sondern sie einfach da sein lässt. Und mit der Zeit wirst du merken, dass auch sie wieder vergehen.
Denn dieses Jahr lautet dein Motto nicht nur frohe, sondern vor allem: Freie Weihnachten!
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