Wie läuft der normale Schlaf ab?
Ein guter Nachtschlaf ist ungeheuer wichtig für deine Gesundheit, deine Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit sowie deine Stimmung. Um zu verstehen, wie sich Alkohol auf deinen Schlaf auswirkt, ist es hilfreich, erst einmal den normalen Schlaf zu verstehen.
Der Schlaf ist kein gleichbleibender Zustand. Während der Nacht wechselt dein Gehirn die ganze Zeit zwischen verschiedenen Schlafphasen ab. Diese haben auch unterschiedliche Funktionen für deinen Körper. Ganz grob unterscheidet man die folgenden Phasen:
- kurze Aufwachphasen, an die du dich morgens meistens gar nicht erinnerst
- den leichten Schlaf, aus dem du auch ganz leicht geweckt werden kannst
- den Tiefschlaf, in dem sich Herzschlag und Atmung beruhigen
- und den Traumschlaf, der auch als REM (rapid-eye-movement)-Schlaf bekannt ist und in dem wir träumen
Dein Körper durchläuft den Kreislauf dieser Phasen in jeder Nacht etwa 5 bis 6 mal. Jeder einzelne Durchlauf dauert ungefähr 90 Minuten.
Welche Funktionen hat denn nun der Schlaf?
Es gibt zahlreiche Forscher, die sich mit den Funktionen des Schlafes beschäftigen und trotzdem haben wir noch nicht alle Geheimnisse um das Thema Schlafen gelüftet. Man weiß zum Beispiel immer noch nicht über alle Funktionen Bescheid. Sicher ist aber, dass sich im Schlaf dein Körper und Gehirn von den Anstrengungen des Tages erholen und regenerieren. Im Tiefschlaf geht es dabei vor allem um das Grobe. Um das besser zu verstehen, stell dir deinen Tiefschlaf als Großbaustelle vor: Gebäude werden abgerissen, andere aufgebaut und der ganze Schutt – der ganze Müll des Tages – wird abgetragen.
Übersetzt auf deinen Körper heißt das: Im Schlaf repariert der Körper beschädigte Zellen, er baut Muskeln auf und er entsorgt die Gift- und Abfallstoffe, die sich über den Tag angehäuft haben.
In der REM-Schlafphase danach, also in unserer Traumphase, wird weiter regeneriert. Aber jetzt auf feinerer Ebene und ganz speziell im Gehirn. Stell dir hier nicht mehr die Baustelle vor, sondern dein Schlafzimmer, in dem du aufräumst und sortierst: Was brauche ich noch, wo kommt das neue Bild hin, was kann aussortiert und weggegeben werden? In dieser Phase träumst du oft ganz intensiv und verarbeitest alles, was du am Tag gelernt, erlebt und gefühlt hast. Wenn hier alles nach Plan läuft, dann bist du am nächsten Tag konzentrierter, triffst bessere Entscheidungen, bist entspannter und weniger anfällig für Stimmungsschwankungen. Die REM-Phase ist sehr wichtig für dein emotionales und seelisches Gleichgewicht.
Was passiert mit unserem Schlaf durch Alkohol?
Es stimmt, Alkohol hilft dir erst mal schnell einzuschlafen. Nur leider bringt er dann in der Nacht deine Schlafphasen total durcheinander:
Die Auswirkungen auf den Tiefschlaf
In der ersten Nachthälfte, wenn der Alkohol noch in deinem Blut und die Leber mit dem Abbau beschäftigt ist, verändert er deinen Tiefschlaf. Dieser ist viel länger als normal und läuft auch anders ab. Denn Teile deines Gehirns sind unter Alkoholeinfluss in der Tiefschlafphase viel aktiver als normalerweise. Sie sind gestresst und in Alarmbereitschaft, weswegen du auch viel häufiger kurz aufwachst. An unserem Bild der Großbaustelle kannst du dir vorstellen, dass plötzlich permanent eine Sirene heult, die ablenkt und bei der Arbeit stört. Außerdem ist der Alkohol selbst ein sogenanntes Zellgift. Das heißt zusätzlich zum Krach ist plötzlich auch noch viel mehr zu reparieren und viel mehr Müll da, der weggeschafft werden muss.
Die Auswirkungen auf den Traumschlaf
Ungünstig ist außerdem, dass du durch den Alkohol in der ersten Hälfte der Nacht so gut wie keinen REM-Schlaf bekommst. Erst wenn die Leber einen Großteil des Alkohols abgebaut hat, hast du auch wieder Traumschlafphasen. Und jetzt versucht das Gehirn in dieser viel kürzeren Zeit noch all das Erlebte vom Tag zu verarbeiten. Ungefähr so wie du, wenn deine Eltern sich plötzlich zum Besuch in einer halben Stunde anmelden und in deiner Wohnung ein absolutes Chaos herrscht. Dann werden die ganzen Dinge, die auf dem Boden herumliegen, einfach schnell in irgendwelche Schränke gepfeffert oder unters Bett geschoben. Dabei geht vielleicht etwas kaputt oder du findest Dinge später einfach nicht mehr wieder.
In der Folge bist du am nächsten Tag müde, weil du in der Nacht oft kurz wach geworden bist und die Schlafphasen nicht lang genug waren. Außerdem konnten sich Körper und Gehirn nicht ausreichend regenerieren. Deswegen fühlst du dich vielleicht emotional unausgewogen, unkonzentriert und unkreativ.
Wie wirken verschiedene Mengen von Alkohol auf den Schlaf?
Es lässt sich leider nicht verallgemeinern, ab welcher Menge Alkohol den Schlaf nachhaltig stört. Man kann sagen, dass sich der Schlaf ab etwa 0,2 bis 0,3 Promille verschlechtert. Als Faustregel heißt das, dass ein Drink – zum Beispiel ein Glas Wein – sich noch nicht so stark auf den Schlaf auswirkt. Jedoch hängt es ganz individuell von der Person ab, wann diese „Promillegrenze“ erreicht ist. Darauf einwirkend sind z. B. Größe, Gewicht, Geschlecht, Gewöhnung und auch tagesabhängige Faktoren – zum Beispiel wie viel die Person am Tag gegessen hat. Bei manchen Personen kann bereits ein „Schlummertrunk” unerwünschte Auswirkungen auf den Schlaf haben.
Außerdem ist es wichtig zu wissen, dass zwar die gelegentliche Einnahme von Alkohol zum Schlafen am Anfang nützlich scheinen kann. Mit der Dauer entwickelt man aber schnell eine Toleranz für die Wirkung, sodass man immer mehr Alkohol für den gewünschten Effekt benötigt. Durch die Gewöhnung kann zudem das Gefühl entstehen, ohne Alkohol nicht schlafen zu können. Dazu gleich mehr.
Wie kann ich meinen Schlaf trotz Alkoholkonsum verbessern?
Damit der getrunkene Alkohol den Schlaf nicht mehr stört, müsstest du bei ca. 0,8 Promille (Grenze zur Fahrtüchtigkeit) etwa 4 Stunden vor dem Zubettgehen mit dem Trinken aufhören. Dass dies in der Theorie einfacher als in der Praxis ist, ist uns allen bewusst. Und gegen gelegentliche Drinks unter Freunden hat auch niemand etwas einzuwenden. Leider gibt es kein Patentrezept, das den Schlaf an diesem Abend noch retten kann. Bleibt nur, den Schlafmangel und den Kater zu ertragen und sich auf die nächste erholsamere Nacht zu freuen.
Und wenn ich ohne Alkohol nicht schlafen kann?
Vielleicht hat sich bei dir schon ein regelmäßiger Schlummertrunk eingeschlichen und du möchtest eigentlich deinen Alkoholkonsum reduzieren. Falls sich das schwieriger gestaltet als gedacht, ist es völlig okay, sich professionelle Hilfe zu holen. Vielleicht möchtest du mit deinem Hausarzt oder deiner Hausärztin darüber sprechen oder zu einer psychotherapeutischen Sprechstunde gehen. Auch Online-Therapiekurse können dich bei deinem Vorhaben, weniger Alkohol zu trinken, unterstützen.
Wenn du das Gefühl hast, den regelmäßigen Alkohol vor dem Schlafen zu brauchen, kann es auch notwendig sein, sich mit der Frage zu beschäftigen, warum du nicht schlafen kannst? Hast du vielleicht gerade viel Stress oder bereitet dir etwas starke Sorgen, sodass du unentwegt grübeln musst? Oder haben sich ein paar ungünstige Angewohnheiten in deinen Tagesablauf geschlichen, z. B. ein hoher Koffeinkonsum? Vielleicht helfen dir die 10 goldenen Regeln der Schlafhygiene, damit du besser schlafen kannst. Eine andere Möglichkeit, deinen Schlafproblemen auf die Schliche zu kommen und so deinen Schlaf ohne Alkohol zu fördern, kann der Therapiekurs HelloBetter Schlafen sein. Hier lernst du, deinen eigenen Schlaf und die Ursachen deiner Schlafprobleme besser zu verstehen und positiv zu verändern. Und das Ganze sogar 100% kostenfrei! Alles was du für deinen Kursstart brauchst, ist ein Rezept von einem Arzt oder einer Ärztin.
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Quellennachweis
- Behrends, J., Bischofberger, J., Deutzmann, R., Ehmke, H., Frings, S., Grissmer, S., Hoth, M., Kurtz, A., Leipziger, J. et al (2021). Duale Reihe Physiologie, Hrsg. 4., unveränderte Auflage. Stuttgart: Thieme. doi: 10.1055/b000000462
- Chan, J.K.M. et al. (2015): The Acute Effects of Alcohol on Sleep Electroencephalogram Power Spectra in Late Adolescence. Alcoholism: Clinical and Experimental Research, online veröffentlicht am 10.01. 2015. doi: 10.1111/acer.12621
- Colrain, I., Nicholas, C., Baker, F (2014). Alcohol and the sleeping brain. Handbook of Clinical Neurology, Volume 125, Page 415-431. doi: 10.1016/B978-0-444-62619-6.00024-0
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