Stigmatisierung? Psychisch kranke Menschen und gut gemeinte Floskeln
„Ich war letztens auch mal voll depri!“, „Hast du schon mal Yoga probiert?“, “Stell dich nicht so an!” oder „Lach doch mal – das wird schon wieder!“. Menschen mit psychischen Erkrankungen kennen solche Sätze wohl zur Genüge. Das liegt daran, dass die Ratgebenden oft überfordert sind, aber vor allem daran, dass psychische Erkrankungen in der Gesellschaft immer noch nicht richtig eingeordnet oder ernstgenommen werden. Oft sind sie sogar mit negativen und falschen Vorurteilen belegt, die dann nicht selten in Diskriminierung enden.
Wir leben im 21. Jahrhundert und immer noch ist es ein Problem, sich bei psychischer Belastung Hilfe zu suchen. Einerseits wegen mangelnder Therapieplätze. Aber eben auch durch die Angst vor Stigmatisierung als „psychisch Kranker” und vor einer damit verbundenen Ausgrenzung. Denn nicht nur dem Arbeitgeber gegenüber ist es oft unangenehm, psychische Erkrankungen anzusprechen – selbst in unserem nahen Umfeld mögen wir immer noch nicht so gern über das Thema psychische Gesundheit sprechen. Woran liegt das? Wenn wir uns das Bein brechen, dann stürmen wir (sofern es noch geht) in die Notaufnahme und verlangen nach Behandlung. Wir posten vielleicht sogar heroische Bilder des martialischen Knochenbruchs samt Gips auf den sozialen Medien, um uns damit zu brüsten, was wir alles ‚abkönnen‘. Geht es aber um unsere psychische Gesundheit, verhalten wir uns oft ganz anders. Vielleicht weil wir ahnen, welche Stigmata damit verbunden sein können und Sorge vor Diskriminierung haben.
Was ist eigentlich ein Stigma?
Menschen, die unter Depressionen leiden wird nachgesagt, sie seien nur faul. Menschen, die an einer Schizophrenie erkrankt sind, werden in unserer Gesellschaft oft fälschlicherweise als gespaltene Persönlichkeiten oder als gewalttätig eingestuft. In all diesen Fällen wird Menschen mit psychischen Erkrankungen also ein negativer und falscher Stereotyp angedichtet. Sie werden in eine Schublade gesteckt und daraufhin oft abgewertet und ausgegrenzt – diesen Prozess nennt man auch Stigmatisierung. Oft führt das Stigma zu einer weiteren, fast größeren Belastung als die Erkrankung selbst.
Welche Folgen kann Stigmatisierung für psychisch kranke Menschen haben?
Ein großes Risiko der Stigmatisierung psychisch Kranker: Betroffene trauen sich oft nicht, Hilfe aufzusuchen, weil sie befürchten, negativ bewertet zu werden und Angst vor Ablehnung haben.
Die soziale Ausgrenzung oder die Furcht davor wird dabei zu einer scheinbar unüberwindbaren Hürde. Außerdem sind Menschen mit psychischen Erkrankungen als Folge von Stigmatisierung besonders oft von Arbeitslosigkeit betroffen und haben ein erhöhtes Armuts- oder Obdachlosigkeitsrisiko.
Auf welchen Ebenen kann sich Stigmatisierung zeigen?
Diskriminierung und Stigmatisierung psychisch Kranker erfolgt auf unterschiedlichen Ebenen – zum Beispiel am Arbeitsplatz, in der Nachbarschaft, der Politik und in den Medien, aber manchmal auch im direkten Umfeld.
Aktiv und selbstbestimmt gegen Stigmatisierung psychisch Kranker
In den Köpfen mancher Menschen ist der Begriff „psychische Erkrankung” immer noch mit negativen Eigenschaften verknüpft. Was können wir also tun, um für mehr Aufklärung zu sorgen und selbstbestimmt der Stigmatisierung die Stirn zu bieten? Wir haben für euch 5 wichtige Tipps gegen Stigmatisierung zusammengefasst:
1Ein offenes Ohr!
Aufklärung, Informationen und Kontakt zu Betroffenen sind die wichtigsten Elemente zum Abbau von Vorurteilen und Stereotypen. Besonders dann, wenn wir noch keine Berührungspunkte mit dem Thema hatten. Hast du Menschen mit psychischen Erkrankungen in deinem Umfeld? Dann versuche mit ihnen in Kontakt zu treten und mehr aus ihrer Perspektive über das Thema zu erfahren, sofern die Betroffenen dafür offen sind natürlich. So gelingt es uns, mehr Empathie aufzubauen und die Welt eher durch die Augen der Betroffenen zu sehen.
2Speak out!
Die Stigmatisierung psychisch kranker Menschen geht uns alle etwas an. Wenn du mitbekommst, dass in deinem Umfeld Stereotype und Vorurteile verbreitet werden, versuche, dich dagegen zu positionieren. Sprich aus, was du denkst, gehe mit gutem Beispiel voran und zeige anderen, dass es nicht in Ordnung ist, über Menschen mit psychischen Erkrankungen zu urteilen. Versuche, Partei zu ergreifen, wenn du Zeugin oder Zeuge von Situationen wirst, in denen Stigmatisierung laut wird – zum Beispiel im Arbeitskontext. Zeige, wofür du stehst: im Alltag, politisch, in den Medien und im Internet.
3Sei ein Teil der Bewegung
Die Verantwortung liegt in unseren Händen. Wir stehen Seite an Seite mit gleichgesinnten Menschen, alle mit einer Mission: Das Stigma beenden. Gemeinsam können wir so viel verändern und die Welt bewegen. Mit alten Traditionen brechen und stigmatisierte Weltbilder ins Wanken bringen. Wir haben heute einen großen Vorteil: das Internet!
Ein wichtiger Tipp, um ganz aktiv gegen die Stigmatisierung von Menschen mit psychischen Erkrankungen vorzugehen, ist, sich besser über das Thema zu informieren. Dann kannst du außerdem Inhalte für Aufklärung verbreiten – sowohl digital als auch analog. Zum Beispiel kannst du dazu Profilen folgen, die über psychische Gesundheit aufklären und konkrete Hilfestellungen in den sozialen Medien zum Thema Mental Health geben. Teile deren Beiträge oder verschicke sie an dein Umfeld. Poste selbst deine Gedanken zum Thema psychische Gesundheit und werde Teil von Kampagnen wie #endthestigma.
Mit HelloBetter gegen das Stigma
Du willst mehr über das Thema psychische Gesundheit erfahren und ganz aktiv gegen Stigmatisierung psychisch Kranker vorgehen? Dann schau gerne mal bei unserem HelloBetter Instagram oder Facebook Channel vorbei. Dort teilen wir Beiträge rund um das Thema Mental Health und geben konkrete Tipps und Tricks für deine psychische Gesundheit. Vielleicht magst du ja sogar einen unserer Beiträge teilen und so direkt zu mehr Aufklärung beitragen! #endthestigma #spreadthelove
Wenn du selbst betroffen bist
Vielleicht hast du selber schon persönliche Erfahrungen mit dem Thema Stigmatisierung gemacht oder erlebt, wie andere damit konfrontiert wurden. Wichtig ist es, das Sprechen über die Erkrankung nicht als Schwäche zu sehen. Im Gegenteil: darüber offen zu reden und andere zu informieren, ist eine echte Stärke. Versuche vor allem, dich nicht von der Angst vor Stigmatisierung einengen zu lassen.
Du hast das Gefühl, dass du Unterstützung für deine psychische Gesundheit bräuchtest, traust dich aber nicht, dir Hilfe zu suchen aus Angst vor negativer Beurteilung von außen? Auf unserem Blog erhältst du hilfreiche Tipps, um einen Therapieplatz zu finden. Wenn dir Anonymität und Flexibilität besonders wichtig sind, könnten auch psychologische Online-Kurse etwas für dich sein, denn diese kannst du ganz selbstbestimmt nutzen. Schau gerne bei unserem Kursangebot vorbei.
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