Keine Frage: Veränderung kann Leiden mit sich bringen. Zum einen, weil die Veränderungen uns vielleicht nicht (sofort) gefallen, zum anderen, weil wir uns anpassen müssen und das kostet Kraft. Es ist also kein Wunder, wenn wir Angst vor Veränderungen haben. Da sie im Laufe unseres Lebens aber unvermeidlich sind, lohnt es sich umso mehr, die Angst vor Veränderungen zu durchschauen und mit ihr umgehen zu lernen.
Woher kommt die Angst vor Veränderung?
Wenn du auf dein Leben zurückblickst und gedanklich untersuchst, wie und wo sich die Angst vor Veränderung bei dir geäußert hat, wirst du wahrscheinlich Folgendes feststellen: Du hattest nicht grundsätzlich immer und in allen Lebensbereichen Angst vor Veränderungen. Die meisten von uns haben zum Beispiel schon in der Kindheit auf die Einschulung hingefiebert und wenn wir in der Pubertät einen fiesen Pickel im Gesicht hatten, waren wir heilfroh, wenn er täglich ein wenig mehr verschwand. Auch die hormonelle Veränderung, die uns auf Wolke 7 schweben lässt, wenn wir uns verlieben, finden wir meist großartig, genauso wie die berufliche Beförderung.
Trotzdem lässt sich nicht generell sagen, vor welchen Veränderungen wir Angst haben und über welche wir uns freuen. Es gibt Menschen, denen es große Angst macht, sich zu verlieben oder beruflich befördert zu werden.
Diese Unterschiede haben unter anderem mit unseren bisherigen Erfahrungen zu tun. Außerdem kommt es auch darauf an, wie viel Kraft und Energie uns gefühlt zur Zeit bereitsteht, um uns an Veränderungen anzupassen.
Wenn wir zum Beispiel umziehen, eine große und meist aufwendige Veränderung, haben wir wenig Kapazitäten für andere Veränderungen.
Angst, dass etwas Schlimmes passiert
Da wir wissen und erleben, dass sich alles um uns herum und in uns verändert, kann das beängstigend sein. Denn wir wissen nie genau, welche Veränderung als nächstes kommt. Wir können uns alle Mühe geben, unser Leben zu lenken. Das bedeutet, Veränderungen, die wir uns wünschen, in Angriff zu nehmen und unerwünschte Veränderungen zu vermeiden. Trotzdem kann immer etwas Unvorhergesehenes und mitunter auch etwas passieren, das wir als schlimm empfinden. Die Angst davor kann uns lähmen und traurig stimmen. Wenn unsere Gedanken über einen längeren Zeitraum auf mögliche negative Veränderungen fixiert sind, können Angst vor Veränderung und Depressionen zusammenhängen.
Angst vor Veränderungen und Depressionen
Niedergeschlagenheit und Antriebslosigkeit gehören zu den Symptomen einer Depression. Menschen mit einer Depression können daher Angst vor Veränderung haben, weil sie aufgrund der gedrückten Stimmung und den damit zusammenhängenden trüben Gedanken eher negative Veränderungen befürchten oder Zukunftsperspektiven fehlen, um sich (positive) Veränderungen überhaupt auszumalen. Das kann auch mit der empfunden Hoffnungslosigkeit zusammenhängen. Außerdem kommt vielleicht das Gefühl auf, keine Kraft mehr zu haben, um sich an Veränderungen anzupassen.
Neben dem starken Wunsch, dass sich die depressiven Symptome bessern mögen, kann zudem auch die Angst vor einer Veränderung der Symptome bestehen. Während einer depressiven Episode ist es teilweise sehr schwierig, sich vorzustellen, wie das „normale” Leben weitergeht, wenn die Depression abklingt. Diese Angst vor Veränderung kann auch mit der Sorge um zukünftige Überforderung, dem Gefühl wieder „funktionieren zu müssen” und auch mit der Angst vor Rückfällen verbunden sein.
Achtung: Es könnte besser werden!
Dass wir uns vor negativen Veränderungen fürchten, darüber sind wir uns größtenteils bewusst. Doch unsere Angst vor Veränderungen gilt manchmal auch für positive Entwicklungen. In extremer Form kann es sich um die sogenannte Methatesiophobie, die Angst vor Erfolg, handeln. Es gibt verschiedene Gründe, warum wir Angst vor Erfolg haben können – natürlich auch ohne, dass es sich dabei gleich um eine Phobie handeln muss.
Unsere Lebenssituation mit allen großen und kleinen Problemen ist zum Beispiel eine Art Komfortzone für uns. Jede Art von Veränderung bedeutet also auch die Veränderung unserer Routinen und Gewohnheiten, die uns Sicherheit und Stabilität geben.
Angenommen, wir wünschen uns, mit dem Rauchen aufzuhören. Wenn uns das gelingt, ist das zwar sehr schön, könnte aber auch bedeuten, dass wir keine Raucherpausen mehr mit unseren Kollegen und Kolleginnen verbringen. Unsere sozialen Kontakte könnten sich also verändern.
Egal, wie positiv oder erfolgreich unsere Lebensumstände nach einer Veränderung also sein mögen, sie sind immer noch eines: anders. Und daran müssen wir uns gewöhnen.
Eine neue Perspektive
Wenn es um die Angst vor Veränderungen geht, hat die buddhistische Psychologie einen interessanten Ansatz. Einerseits gibt es natürlich Veränderungen, unter denen wir leiden und die wir daher am liebsten vermeiden wollen. Andererseits liegt in diesem ständigen Wandel aber auch eine Beständigkeit.
Wir alle haben eine Art unveränderliches, aber trotzdem nicht festgelegtes Potenzial, das es uns erlaubt, mit dem Leben mitzufließen, uns zu verändern, uns Veränderungen anzupassen und damit auch immer wieder neu glücklich zu sein.
Mit anderen Worten:
Es gibt keine Veränderung, die dich wirklich bedrohen kann, da du selbst die Fähigkeit zur Veränderung hast.
Um dieses Potenzial zu entdecken, braucht es vor allem eine gewisse Bereitschaft und auch Akzeptanz. Wenn wir akzeptieren, dass wir in einer Welt leben, in der Veränderungen unvermeidbar sind, kann es uns leichter fallen, uns ihnen zu öffnen und damit auch die Flexibilität unserer Psyche zu entdecken.
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