Die Definition von Empathie
Was bedeutet Empathie? Bisher gibt es keine einheitliche Definition von Empathie. Versuchen wir uns trotzdem daran, den Begriff zu definieren, können wir Empathie als ein Einfühlen und Nachempfinden der Erlebnisse und Gefühle anderer Lebewesen beschreiben.
Forschende unterscheiden dabei zwischen 3 Arten der Empathie:
- Bei der kognitiven Empathie geht es darum, sich gedanklich in die Situation unserer Mitmenschen hineinzuversetzen. Wir übernehmen also die Perspektive einer anderen Person. Trotz der gedanklichen Anteilnahme gelingt es uns bei der kognitiven Empathie, emotional unbeeinflusst zu bleiben und die eigene Gefühlswelt zu wahren.
- Die affektive Empathie beschreibt ein Mitfühlen mit einer anderen Person. Anders als bei einem fürsorglichen Mitgefühl (z. B. Sorge oder Mitleid), erleben wir bei der affektiven Empathie dieselben oder ähnliche Emotionen wie diese Person – und das ganz unabhängig von unserer eigenen Gefühlswelt.
- Die soziale Empathie kann als eine Mischform der oberen Empathie-Arten beschrieben werden. Hier verstehen wir die Situation unserer Mitmenschen und können, anders als bei der kognitiven Empathie, auch die damit verbundenen Emotionen teilen. Im Unterschied zur affektiven Empathie gelingt es uns dabei jedoch, uns nicht vollständig von den Emotionen anderer vereinnahmen zu lassen.
Wie funktioniert Empathie?
Im Laufe der Zeit sind verschiedene Ansätze entstanden, die versuchen, diese Frage zu beantworten. Wir stellen euch 2 Konzepte aus dem neuropsychologischen Kosmos vor:
1Empathie als Ergebnis des Zusammenspiels von neuronalen Netzwerken
Die Informationsverarbeitung in unserem Gehirn wird durch tausende Nervenzellen (Neuronen) gesteuert, die sich zu verschiedenen, sogenannten neuronalen Netzwerken zusammenfassen lassen. Wissenschaftler der University of Chicago beschreiben das Erleben von Empathie als Ergebnis eines Zusammenspiels von 4 neuronalen Netzwerken. Diese übernehmen unter anderem Aufgaben zur Perspektivenübernahme, Emotionsregulation und zur Unterscheidung von uns selbst und anderen. Dabei spielen auch die speziellen Spiegelneurone eine wichtige Rolle.
Gut zu wissen
Spiegelneurone
Spiegelneurone sind dafür verantwortlich, dass alleine bei der Beobachtung eines anderen Menschen, in unserem Gehirn die gleichen Zellen aktiv werden, wie bei der Person, die wir bei einer Tätigkeit oder dem Erleben einer Emotion zuschauen. Sehen wir z. B. jemanden weinen, sind bei uns also die gleichen Gehirnbereiche aktiv wie bei der Person, die tatsächlich weint – das Geschehen wird in unserem Gehirn widergespiegelt, allerdings nicht in eine Handlung übersetzt.
2Empathie als Ergebnis von Wahrnehmung und Erinnerung
Andere Forschende gehen davon aus, dass unsere Erinnerungen beim Nachempfinden der Emotionen anderer eine wichtige Rolle spielen. Beobachten wir etwa, dass jemand traurig ist, werden in unserem Gehirn Erinnerungen an Situationen, in denen wir selbst unangenehme Gefühle wie Traurigkeit oder Niedergeschlagenheit empfunden haben, aktiviert. So können wir uns gut in unser Gegenüber hineinversetzen und fühlen mit.
In welchem Alter beginnt Empathie?
In welchem Alter entwickelt sich die Fähigkeit? Die reine Übertragung von Emotionen, auch Gefühlsansteckung genannt, lässt sich bereits kurz nach der Geburt beobachten. So beginnen Säuglinge meist auch zu schreien, sobald sie andere Babys weinen hören. Um nicht wie, sondern mit einer anderen Person zu fühlen und Empathie zu empfinden, werden jedoch noch weitere Fähigkeiten benötigt, die wir im Laufe unserer Kindheit erlernen.
Dazu gehört unter anderem die Selbst-Andere-Differenzierung. Denn um einen anderen Menschen als Ursprung unserer Emotion zu erkennen, ist es nötig, zwischen den eigenen und fremden Gefühlen unterscheiden zu können. Das gelingt uns etwa ab dem 4. Lebensjahr. Hier lernen Kinder, eine andere Perspektive zu übernehmen und die Denkweise einer anderen Person nachzuvollziehen. In der weiteren Entwicklung wird unser Mitfühlen auch von anderen Dingen, wie dem Umfeld, in dem wir aufwachsen und unserer Sensibilität beeinflusst. So gelingt es etwa Menschen mit Hochsensibilität oft besonders gut, sich in ihr Gegenüber einzufühlen.
Warum brauchen wir diese Fähigkeit?
Nachdem du nun viel über die Entstehung und Bedeutung von Empathie erfahren hast, bleibt die Frage: Wozu ist sie überhaupt wichtig?
Die Fähigkeit zur Empathie kann uns in vielen Lebensbereichen eine Unterstützung sein. Dabei hilft sie uns vor allem im sozialen Miteinander wie in der Freundschaft.
Verstehen wir die Emotionen unserer Mitmenschen, fällt es uns meist leichter, mit ihnen zu kommunizieren, Verständnis zu empfinden und Streitigkeiten aus dem Weg zu räumen. Das bedingt eine gegenseitige Wertschätzung und führt dazu, dass sich unsere Beziehungen vertiefen.
Auch im Job zählt Empathie zu einer wichtigen Eigenschaft und spricht für eine hohe soziale Kompetenz. Zeigen wir Empathie, kann es uns bei Stress auf der Arbeit gelingen, Konflikte frühzeitig zu deeskalieren, andere Mitarbeitende mit einzubeziehen und ein vertrauensvolles Arbeitsumfeld zu schaffen. Zudem konnte eine Studie zeigen, dass Empathie die Stressresistenz erhöhen kann. Dabei fanden Forschende heraus, dass Menschen mit einer bestimmten Genvariante, die mit einer höheren Empathie einhergeht, in einem Stresstest besser mit nervlicher Belastung umgehen konnten.
Neben der Beziehung zu anderen kann ein hohes Maß an Empathie auch die Beziehung zu uns selbst verbessern und unseren Selbstwert stärken. Dabei kommt sie beispielsweise zum Einsatz, wenn es darum geht, sich selbst zu verzeihen, gute Entscheidungen zu treffen und auf die eigene Intuition zu vertrauen.
Kann man Empathie lernen?
Generell lässt sich sagen: Empathie ist trainierbar. Denn mit einigen wenigen Ausnahmen psychischer Erkrankungen besitzen wir alle die Fähigkeit, die Perspektive einer anderen Person einzunehmen und dennoch unsere Emotionen von denen unserer Mitmenschen zu unterscheiden.
Neben dieser allgemeinen Voraussetzung gibt es noch andere Faktoren, die beeinflussen, wie schnell wir Empathie erlernen können. Dazu zählt auch unsere Erziehung: Wurden wir in unserer Kindheit zur Selbstreflexion motiviert, fällt es uns heute vermutlich leichter, Gefühle wahrzunehmen und Empathie zu empfinden.
Empathischer werden – So kann es gelingen
Unabhängig von unseren Fähigkeiten und Erfahrungen ist klar: Es ist nie zu spät, um empathisch(er) zu werden. Wir zeigen dir mit 5 Tipps, wie du deine Empathiefähigkeit trainieren kannst.
1Mit den eigenen Gefühlen auseinandersetzen
Um die Emotionen anderer besser zu verstehen, ist es zunächst wichtig, dir über deine eigenen Gefühle im Klaren zu sein. Hier kann es helfen, deine Emotionen auf verschiedenen Ebenen zu beobachten. Dazu kannst du dich z. B. fragen: Woran merke ich, dass ich mich traurig fühle? Verändert sich mein Ausdruck oder mein Verhalten? Was würde ich mir von einem anderen Menschen wünschen, wenn ich diese Emotion empfinde?
2Dein Gegenüber bewusst beobachten
In diesem Schritt geht es darum, die Emotionen deines Gegenübers genau zu beobachten. Vielleicht erkennst du einen veränderten Ausdruck wie einen leeren Blick oder feuchte Augen, die ein bestimmtes Gefühl beobachten lassen. Vor allem die Körpersprache kann viel über die Emotionen eines Menschen verraten.
3Interesse und Verständnis zeigen
Um Empathie zu erlernen, ist es besonders wichtig, Interesse an der Situation und den Gefühlen der entsprechenden Person zu zeigen. Wenn es dir schwerfällt, eine Reaktion deines Gegenübers zu verstehen, kannst du einmal versuchen, dich an eine Situation zu erinnern, in der du ähnliche Gefühle erlebt hast. Erinnere dich daran, wie du dich in dieser Situation verhalten hast und welche Form der Unterstützung du dir in diesem Moment gewünscht hättest – vielleicht ein liebevolles Trösten?
4Von anderen Menschen lernen
Wie bei vielen anderen Dingen kannst du auch in puncto Empathie von anderen Menschen lernen. Vielleicht fällt dir eine bestimmte Person ein, die du als sehr empathisch wahrnimmst – bestimmt wird sie sich über einen Austausch mit dir freuen und dir gerne weitere Tipps und Tricks verraten!
5Dir Zeit geben
Der wohl wichtigste Tipp: Gib dir Zeit! Empathie ist eine Fähigkeit, die sich nicht von heute auf morgen erlernen lässt. Also habe Geduld mit dir – du bist auf einem wunderbaren Weg!
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Quellennachweis
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