Was bedeutet Entschleunigung?
Viele Dinge sollen schleunigst getan werden. Vor allem im Arbeitskontext gilt häufig: Am liebsten bis gestern und so schnell wie möglich. Dann gleichen wir Autos auf der Autobahn, die aneinander vorbeirasen, sich gegenseitig überholen und scheinbar unermüdlich Gas geben.
Entschleunigung bedeutet, mit der Raserei aufzuhören. Tempo rauszunehmen, auf uns und die Menschen um uns herum zu achten, anstatt schnellstmöglich alles erledigt zu haben.
Auf diese Weise können wir weniger Stress erleben und unser Leben mehr auskosten und genießen. Klingt doch gut, was hält uns also davon ab?
Warum kann Entschleunigung schwerfallen?
Es gibt mehrere Gründe, weshalb sich Entschleunigung im Alltag nicht spontan und wie von selbst einstellen kann.
Zum einen bemerken viele von uns gar nicht, wie schnell sie unterwegs sind. Wenn wir unter Stress stehen, blenden wir vieles einfach aus – auch unseren eigenen Stresspegel. Wir hetzen also weiter und kommen gar nicht auf die Idee zu entschleunigen.
Ein zweiter möglicher Grund ist, dass wir zwar entschleunigen wollen, aber befürchten, dass wir anschließend in Arbeit versinken werden. Jetzt weniger zu tun, könnte schließlich bedeuten, später mehr tun zu müssen.
Ein dritter Grund könnte sein, dass wir schlichtweg nicht wissen, wie Entschleunigung im Alltag aussehen könnte: Sollten wir mit Yoga anfangen oder lieber unsere Arbeitsstunden reduzieren?
Wie Entschleunigen gelingen kann
Wir haben für dich in drei Schritten zusammengefasst, wie du diese Hindernisse überwinden und in Zukunft vom Gas runtergehen kannst.
1Innehalten
Die gute Nachricht ist: Du liest diesen Artikel vermutlich, weil du bemerkt hast, dass du zu schnell unterwegs bist. Dich für Entschleunigung zu interessieren, ist der erste Schritt, um deinen Alltag tatsächlich entschleunigter zu gestalten. Trotzdem ist es für Entschleunigung wichtig, immer mal wieder innezuhalten und zu überprüfen, wie es dir geht – sozusagen einen Blick auf den Tacho zu werfen.
Das kannst du zum Beispiel umsetzen, indem du täglich vor dem Schlafengehen einträgst, wie schnell du unterwegs warst – eine Art Fahrtenbuch. Denke dir dafür eine Skala von 1 bis 5: Die 5 bedeutet, dass du nur hin- und hergehetzt bist, die 1 bedeutet ausschließlich Muße. Dein Ziel kann es sein, an den meisten Tagen eine 2 oder 3 eintragen zu können.
Stress kann sich zum Beispiel körperlich, gedanklich oder auf der Gefühlsebene äußern.
Das ist bei jedem Menschen verschieden: Eventuell bemerkst du eine flache Atmung, einen schnellen Herzschlag, dir ist heiß oder du schwitzt sogar. Bei vielen Menschen überschlagen sich auch die Gedanken, die To-do-Liste wird immer wieder innerlich abgespult, gefolgt von Gedanken wie: Ich kann nicht mehr. Es kann zum Gefühl der Überforderung kommen, zu Gereiztheit oder zu Stimmungsschwankungen.
2Grenzen einhalten
Im Straßenverkehr ist es klar festgelegt: Hier darf man 50 km/h fahren, da 30 km/h und so weiter. Um zu entschleunigen, ist es sinnvoll, dir zu überlegen, wo deine jeweiligen Geschwindigkeitsgrenzen liegen.
Im Alltag ist das natürlich etwas schwieriger zu bestimmen, aber versuche einmal, dir klare Regeln zu überlegen, die du selbst nutzen, aber auch anderen mitteilen oder sogar vor ihnen verteidigen kannst.
Du kannst dir zum Beispiel vornehmen, pünktlich Feierabend zu machen. Auch eine Zubettgehzeit kann hilfreich sein, um genügend Schlaf zu bekommen. Falls Freizeitstress für dich ein Thema ist, kann es hilfreich sein, dir zum Beispiel nicht mehr als 3 Verabredungen oder zusätzliche Aktivitäten pro Woche einzuplanen. Vielleicht kannst du dir auch vorstellen, täglich eine halbe Stunde für dich zu reservieren, um einfach die Beine hochzulegen oder – wenn dir das zu langweilig erscheint – dir etwas Gutes zu tun. Mehr zu diesem Thema findest du auch in unserem Artikel zur Selbstfürsorge.
Überlege dir nun 3 Grenzen, die du einhalten möchtest, um für mehr Entschleunigung zu sorgen. Natürlich kannst du dir auch Geschwindigkeitsübertretungen erlauben, wenn diese an bestimmten Tagen oder zu bestimmten Anlässen sinnvoll sind. Aber diese Tempolimits können dich vor täglicher Hektik schützen.
3Prioritäten setzen
Wenn es mit der Entschleunigung nicht klappt – obwohl Schritt 1 und 2 dir bekannt sind – kann das daran liegen, dass du einen entschleunigten Lebensstil nicht für umsetzbar hältst oder ihn dir nicht erlaubst. Vielleicht hast du viele Pflichten und in deinem Job sind tägliche Überstunden an der Tagesordnung. Alles unter einen Hut zu kriegen, scheint dann eben nur ohne geregelte Pausen zu gelingen. Es ist verständlich, dass du dich darum sorgst und eventuell sogar innere Unruhe verspürst, selbst wenn du gerade durchschnaufen kannst.
Eine effektive Übung für dieses Problem, ist eine Liste mit deinen Alltagsaktivitäten zusammenzustellen und jede Tätigkeit in wichtig und wesentlich einzuteilen. Die Idee ist:
Vieles in unserem Leben ist wichtig, aber nicht alles ist wesentlich. Das Wesentliche ist das, worauf es deiner Meinung nach in deinem Leben wirklich ankommt. Dabei spielen deine persönlichen Werte eine Rolle.
Während die meisten Menschen zum Beispiel ihre Gesundheit oder Zeit mit der Familie als wesentlich ansehen, sind die Arbeit oder die Überstunden „nur” wichtig.
Versuche einmal, diese Liste mit den wesentlichen Dingen deines Lebens zur Beruhigung zu nutzen, wenn du das Gefühl hast, zu wenig zu tun, sobald du entschleunigst. Wenn du dich um Wesentliches gekümmert hast, kannst du dir getrost auf die Schulter klopfen. So kannst du deinen Alltag nach und nach von geschäftig zu bedeutungsvoll gewichten.
Entschleunigung, Langeweile und innere Leere
Wenn du mehr Entschleunigung in deinen Alltag gebracht hast, wirst du vielleicht nicht unmittelbar innere Ruhe und Entspannung erleben. Stattdessen ist dir in einigen Momenten eventuell langweilig oder es macht sich sogar zeitweise ein Gefühl der inneren Leere oder des schlechten Gewissens breit. Auch wenn das unangenehm sein kann, ist es ganz normal und es kann darüber hinaus wichtig für deine persönliche Entwicklung sein, dich mit diesen Gefühlen auseinanderzusetzen.
Mache dir bewusst: Gefühle der Leere machen sich nicht breit, weil du nun entschleunigter lebst, sondern sie waren immer schon da – und wurden vom ständigen Tun überdeckt. Zur Ruhe zu kommen, kann eine wunderbare Möglichkeit sein, um den Umgang mit unangenehmen Gefühlen zu üben, die manchmal aufkommen, wenn sie genügend Platz haben. Entschleunigung ist also kein Ziel, sondern ein Sprungbrett, um dir selbst näherkommen und dich in Einklang bringen zu können.
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