Was ist eigentlich Kritik?
Kritik ist eine Beurteilung durch andere oder auch durch uns selbst. Vielleicht lässt dich das zunächst stutzen, aber es gibt tatsächlich auch einen inneren Kritiker, durch den wir uns selbst das Leben schwer machen können.
Kritik ist dabei jedoch nicht per se negativ. Das Wort Kritik kennst du in diesem Zusammenhang vielleicht auch aus dem Kunstbereich, indem ein Werk durchaus positive Kritiken erhalten kann. Im Arbeitskontext ist dabei oftmals eher von Lob oder „konstruktiver” Kritik die Rede.
Konstruktive Kritik bedeutet, dass die Beurteilung so formuliert ist, dass wir etwas damit anfangen, uns zum Beispiel verbessern und weiterentwickeln können.
Ob wir konstruktive Kritik tatsächlich konstruktiv auffassen und nutzen können, hängt aber bereits davon ab, ob wir grundsätzlich Kritik annehmen oder eher keine Kritik vertragen können.
Mit Kritik umgehen: Warum fällt uns das schwer?
Wenn wir Kritik erhalten, denken wir meistens automatisch, dass wir kritisiert werden. Das heißt, wir beziehen die Kritik nicht auf das, was wir tun oder sagen, sondern auf unsere gesamte Person. Aus: „Ich würde mir wünschen, dass du auch mal den Müll runterbringst” wird unserem Verständnis nach zum Beispiel: „Du bist ein Nichtsnutz.”
Oftmals vollzieht sich diese Verallgemeinerung still und heimlich in unseren Köpfen. Das heißt, wir denken keine konkreten Worte und wir reflektieren auch nicht, warum wir uns dermaßen angegriffen fühlen. Alles, was wir häufig wahrnehmen, ist ein unangenehmes Gefühl und eine unangemessene Reaktion. Vielleicht sind wir wütend und fahren schon bei einer harmlosen Bitte aus der Haut und eventuell ist genau das der Grund, warum du diesen Artikel liest und dir wünschst, besser mit Kritik umgehen zu lernen.
Wie wir häufig auf Kritik reagieren
Anstatt zum Beispiel gelassen mit der Müll-Bitte umzugehen und zu antworten: „Klar kann ich machen. Manchmal vergesse ich es einfach, dann erinnere mich bitte daran”, kann Folgendes passieren:
1Wir verteidigen uns
„Weißt du eigentlich, was ich alles im Haushalt mache? Was ich um die Ohren habe? Wie gestresst ich bin?” Um unseren Selbstwert „zu retten“, schmettern wir Kritik möglicherweise ab und verteidigen uns. Wir rechtfertigen, warum es richtig ist, uns genauso so zu verhalten, wie wir es tun.
2Wir setzen zum Gegenangriff an
„Das muss ich mir von dir anhören? Du machst doch selbst gar nichts und sitzt nur auf der faulen Haut!” Wenn wir uns durch Kritik angegriffen fühlen, kann eine weitere Reaktion darauf sein, nun unsererseits auszuteilen. Auch damit versuchen wir uns händeringend wieder wohl in unserer Haut zu fühlen.
3Wir ziehen uns zurück
Eine weitere Reaktion auf Kritik kann auch sein, dass wir innere Wut oder Groll spüren, die wir aber nicht zeigen. Spüren lassen tun wir sie die andere Person meistens trotzdem, zum Beispiel durch Ignorieren oder Schweigen.
4Scham und Schuld empfinden
Es ist auch möglich, dass wir uns schämen oder Schuldgefühle haben. Das kann zum Beispiel daran liegen, dass wir unsere Beziehung zur anderen Person nicht gefährden wollen. Wir erlauben uns gewissermaßen nicht wütend zu sein und einen Streit zu riskieren, stattdessen richten wir unsere Aggressionen gegen uns selbst, etwa indem wir denken: „Ich bin eine Enttäuschung.” Es kann sich dabei auch um negative Glaubenssätze handeln, die durch Kritik an die Oberfläche kommen.
Wie kann ich mit Kritik umgehen lernen?
Wir können lernen, Kritik nicht auf unsere gesamte Person zu beziehen. Dann können wir sie mehr annehmen, aus ihr lernen und zum Beispiel unsere Beziehungen oder unsere Arbeit verbessern. Allgemein ist es dafür ratsam, unseren Selbstwert zu stärken.
Um dann in konkreten Situationen nicht unsere innere Ruhe zu verlieren, müssen wir zunächst unsere automatische Reaktion auf Kritik durchbrechen. Das kann zum Beispiel gelingen, indem wir mehrmals tief durchatmen und dabei wahrnehmen, was wir gerade denken und sagen möchten. Wir können der anderen Person auch gestehen: „Mir fällt es gerade schwer, das nicht persönlich zu nehmen.” Eventuell kann der oder die andere dann noch einmal besser erklären, worum es geht. In jedem Fall ist es hilfreich, es für dich selbst noch einmal klar zusammenzufassen, zum Beispiel: „Es geht nicht um mich, es geht darum, den Müll runterzubringen.”
Abschließend kannst du dann reagieren, wie du es in der Situation tatsächlich für angemessen hältst. Du kannst zum Beispiel sagen: „Es macht mir zwar keinen Spaß, den Müll runterzubringen, aber dir wahrscheinlich auch nicht. Ich werde in Zukunft öfter daran denken.”
Tipps zum Umgang mit Kritik im Überblick
Vielleicht kann dir folgende Zusammenfassung dabei helfen, dich in konkreten Situationen an die einzelnen Schritte zu erinnern, um Kritik annehmen zu können:
- Ruhig atmen
- Was wäre deine automatische Reaktion?
- Optional: Sag, dass es dir gerade schwerfällt, damit umzugehen
- Es geht nicht um dich als Person, worum geht es also?
- Wie möchtest du wirklich reagieren?
Wichtig ist, dass du dich nicht entmutigen lässt, wenn die Umsetzung nicht von heute auf morgen klappt. Solche Umstellungen brauchen Zeit und es lohnt sich, am Ball zu bleiben. Du musst natürlich auch nicht auf konkrete Situationen warten, in denen du dich kritisiert fühlst. Du kannst dir auch in ruhigen Momenten überlegen, welche Themen oder Sätze dich besonders herausfordern und wie du zukünftig auf sie reagieren willst.
Kritik und Stress
Viele von uns geraten unter Stress, wenn wir kritisiert werden. Ebenso können wir umso empfindlicher auf Kritik reagieren, wenn wir uns gestresst, ausgebrannt oder erschöpft fühlen. Um unsere Gelassenheit zu bewahren und insgesamt entspannter werden zu können, kann es also hilfreich sein zu wissen, wie wir mit Stressreaktionen umgehen können.
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