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Arachnophobie: Ein Grauen mit acht Augen! Was die Spinnenphobie ausmacht und was hilft

„Pfui Spinne!” Nicht erst seit der skurrilen Horror-Komödie „Arachnophobia” (1990), in der eine unbekannte, giftige Spinnenart eine amerikanische Kleinstadt in Angst und Schrecken versetzt, besteht bei vielen gleichermaßen Faszination wie Entsetzen bezüglich der kleinen Achtbeiner. Schon in der Antike, über die Romantik bis hin zur heutigen Literatur ist die Spinne ein wiederkehrendes Erzählmotiv – verbunden mit Fragen zu Schicksal, Leben und Tod oder genutzt als Symbol des Bösen sowie zur abwertenden Darstellung von Weiblichkeit. Da kommt die Spinne wirklich nicht gut weg! So kennst auch du ganz bestimmt mindestens eine Person, die von sich sagt: „Ich habe eine Spinnenphobie!” Oder bist du selbst von starker Spinnenangst betroffen? Keine Sorge – wir zeigen dir Wege, wie du lernen kannst, besser mit der Angst vor Spinnen umzugehen.

Ab wann spricht man von einer (Spinnen-)Phobie?

Bei dieser Frage ist es wichtig, normale Ängste von einer Phobie zu unterscheiden. Denn Angst ist ein natürliches Gefühl, welches dir – auch wenn es oft unangenehm ist – helfen kann, Gefahren zu erkennen und auf diese zu reagieren. Angst dient also unserem Selbstschutz. Eine Phobie hingegen zeichnet sich durch die Furcht vor einem ganz bestimmten Objekt oder einer Situation aus, obwohl dein Verstand eigentlich weiß: Es besteht keine Gefahr! Betroffene erleben dann häufig Symptome wie Atemnot, Schwindel, Herzklopfen oder sogar Panikattacken und Todesängste. Diese Angst ist dann keine Hilfe mehr, sondern eine echte Belastung für den Alltag.

Im Fall einer Spinnenphobie, auch Arachnophobie genannt, spricht man von einer sogenannten spezifischen Phobie. Bei vielen Personen äußert sich diese in einem ganz typischen Vermeidungsverhalten, das zunächst ein Gefühl von Entlastung geben kann.

Du kannst für dich deshalb noch einmal ganz bewusst prüfen, welchen Raum die Spinnenangst in deinem Leben einnimmt: 

  • Gibt es bestimmte Orte wie den Keller oder den Dachboden, die du aus Angst auf eine Spinne zu treffen, ganz bewusst meidest?
  • Steht für dich außer Frage, die Fenster und Türen nicht lange offen stehen zu lassen, damit kein Krabbeltier deine Wohnung betritt? 
  • Und läuft dir schon beim Anblick eines Fotos einer Spinne, der viel besagte „kalte Schauer” den Rücken herunter? 

Dies alles können Hinweise darauf sein, dass du Symptome einer Spinnenphobie zeigst. Damit befindest du dich in guter Gesellschaft, da ca. 22 Prozent der Menschen unter starken Ängsten vor Tieren leiden und bei 8 – 12 Prozent der Allgemeinbevölkerung sogar die Kriterien einer spezifischen Phobie erfüllt sind. Die Spinnenphobie scheint bei den Tierphobien die Häufigste zu sein.

Was können Ursachen einer Spinnenphobie sein? 

Wie so häufig in der Psychologie ist die Frage nach der Ursache nicht ganz einfach zu beantworten und kann auch eine Kombination aus verschiedenen Gründen sein. Es gibt in der Forschung und Theorie einige Ideen, wie Phobien entstehen und warum gerade die Angst vor Spinnen so prominent ist. Ein paar dieser Theorien haben wir dir hier aufgeführt:

1Vererbung

So vermuten Forschende, dass aufgrund der überlebenswichtigen Funktion von Ängsten, eine allgemeine Angstsensitivität – also eine Empfindlichkeit eher mit Angst auf einen Reiz zu reagieren – durch Vererbung weitergegeben wird. Diese evolutionsgeleitete „Kosten-Nutzen-Rechnung” investiert dabei in das Überleben und zahlt damit den Preis von mehr Angst und Furcht in unserem Alltag.

2(Einmalige) Belastende Erlebnisse

Darüber hinaus können durch intensive belastende Erfahrungen in unserem Leben Verknüpfungen zwischen Ängsten und bestimmten Objekten entstehen. So kann zum Beispiel das Erlebnis, in einem dunklen Keller die Orientierung zu verlieren und dort Gefühle von Angst und Hilflosigkeit zu erleben, sich mit einem in diesem Moment zur Verfügung stehenden Reiz  (also etwa einer Spinne)  verknüpfen. Dabei stellt die Spinne selbst gar keine Bedrohung dar. Dazu haben Studien herausgefunden, dass manche Reize wie Spinnen oder Schlangen viel leichter mit Ängsten verknüpft werden können als andere. Dies wird in der Fachsprache „Preparedness” genannt – übersetzt bedeutet das etwa „vorbereitet sein” bzw. eine höhere Sensibilität gegenüber ganz bestimmten Reizen. Dabei sind in unserem heutigen Alltag Objekte wie Autos oder Steckdosen eigentlich viel gefährlicher.

3Lernerfahrungen in der Kindheit

Was macht Mama, wenn Sie eine Spinne sieht? Und warum flüchtet die Person im Film schreiend vor einem Tier, das meist kleiner ist als unser großer Zeh? Insbesondere im Kindesalter sind wir besonders aufnahmefähig und lernen anhand unserer Umwelt, unserer Kultur und den Verhaltensweisen von Bezugspersonen, wie wir am besten auf Spinnen reagieren (sollten). Diese Art von Lernprozessen wird in der Psychologie auch das Lernen am Modell genannt und spielt eine wichtige Rolle dabei, wie wir Spinnen wahrnehmen und ob wir eine Arachnophobie entwickeln.

4Das Unbewusste – das Was?

In der psychoanalytischen Theorie wird angenommen, dass die Spinnenphobie auch der Ausdruck eines unbewussten – also uns nicht klar greifbaren –  inneren Konflikts sein kann. So kann eine psychische Belastung, die eigentlich einem anderen Thema gilt – jedoch für uns nicht zu verstehen oder zu lösen ist – auf ein anderes Objekt, wie zum Beispiel eine Spinne verschoben werden. Dadurch wird diese für uns ursprünglich nicht greifbare psychische Belastung auf eine konkretere und verstehbare Art erlebbar gemacht. Dieser Vorgang wird Verschiebung genannt. 

Puh, das war jetzt einiges an Input! Bist du noch dabei? Dann hier noch ein weiterer Punkt, der bei der Angst vor Spinnen eine besondere Rolle spielt:

Ekel und Angst – eine starke Freundschaft

Acht Beine, acht Augen, überall Haare und dann auch noch diese Klauen – igitt! Das sieht so gar nicht wie ein Mensch aus!

Neben den schon beschriebenen Angstsymptomen erleben die meisten Personen bei der Spinnenphobie noch eine weitere, sehr intensive Gefühlsfärbung: starken Ekel.

Ein Gefühl, das sich in Abscheu und Widerwillen einem bestimmten Objekt gegenüber zeigt und hilfreich ist, um uns vor verdorbenen, giftigen oder ungesunden Reizen zu schützen. In Kombination sind Angst und Ekel quasi das Dream-Team unter den Gefühlen, das uns immer wieder davon überzeugen möchte, bei einer Spinne schnell das Weite zu suchen. Dabei geht von den in Deutschland lebenden Spinnenarten weder die ernsthafte Gefahr aus, angegriffen oder vergiftet zu werden, noch sind Spinnen unsaubere Tiere. Lass dich also von deinen Gefühlen in diesem Fall nicht auf den Holzweg führen! 

Jetzt kennst du also einige Anhaltspunkte, die die Entstehung einer Spinnenphobie begünstigen können. Aber wie kannst du nun einen besseren Umgang damit finden?

Keine Panik – es gibt Wege gegen die Angst!

Nicht jede Spinnenphobie muss professionell behandelt werden. Dennoch solltest du dich ganz bewusst fragen, ob du gut mit deiner Furcht leben kannst oder ob du dich so stark in deinem Alltag beeinträchtigt fühlst, dass du gegen die Angst aktiv werden möchtest. Hierbei besteht in der Forschung weitgehend Einigkeit darüber, dass die kognitive Verhaltenstherapie der beste Weg ist, um die Angst vor Spinnen zu bewältigen. Und du hast es dir wahrscheinlich schon gedacht: Du solltest dich deiner Spinnenphobie stellen. Kein einfacher, aber ein wirksamer Weg! Es geht jedoch nicht darum, sich „einfach” nur mit einer Spinne zu konfrontieren, sondern auch zu verstehen, was dabei psychologisch genau passiert. 

Die Angstreaktion bei Spinnenphobie

Bei einer Arachnophobie erzeugt der Anblick einer Spinne eine starke Angstreaktion, die sich nicht nur körperlich, sondern auch durch Gedanken äußert. Zum Beispiel: „Ich werde es nicht länger aushalten, eine Spinne zu sehen” oder „Wenn ich in dieser Situation bleibe, werde ich vor Angst und Ekel schreien und umkippen”. Einen solchen Moment lieber zu vermeiden, ist sehr nachvollziehbar und kurzfristig hilfreich – denn wer will schon in einer unangenehmen Situation verweilen? Die Angst nimmt durch die Vermeidung auch schnell ab. Langfristig jedoch wird durch dieses Vermeidungsverhalten die Angst aufrechterhalten und deine Überzeugung sogar gefestigt. Schließlich kannst du so keine positive oder korrigierende Erfahrung entgegen deiner Angsterwartung machen.

Und genau darum geht es: Sich ganz bewusst der Angst zu stellen und dadurch zu erfahren, dass keine Gefahr besteht, du diese Angst aushalten und sogar reduzieren kannst.

Sich der Angst vor Spinnen stellen 

Wenn du dich einer Spinne stellst, wird deine Angst vermutlich wie gewohnt steigen und unangenehm werden. Du solltest hierbei jedoch probieren, dem Impuls zu widerstehen, direkt aus der Situation zu flüchten. Versuche stattdessen, das Gefühl auszuhalten. 

Nach einiger Zeit (spätestens nach ungefähr 20 Minuten) wirst du merken, dass sich dein Gefühl und damit verbundene körperliche Symptome auf einem stabilen Level einpendeln oder sogar weniger intensiv werden. Erst nachdem du diesen Abfall des Gefühls bewusst wahrgenommen hast, solltest du die Situation verlassen. Dieser Effekt wird in der kognitiven Verhaltenstherapie Gewöhnung oder auch Habituation genannt. So kannst du eine wichtige korrigierende Erfahrung entgegen deiner Ängste machen. Auch bei diesem Ansatz gilt natürlich: Übung macht den Meister! Denn genau wie das Erlernen von Ängsten ist das wieder „Verlernen” als Weg zu verstehen. Je häufiger du diese Konfrontation wiederholst, desto stärker wird die Wirkung und desto mehr neue positive Erfahrungen sammeln sich in deinem Gedächtnis. 

Sich der Angst zu stellen ist gleichzeitig herausfordernd und erfolgversprechend. Deshalb solltest du dich vorher immer ganz bewusst entscheiden, ob du dich mit deiner Angst konfrontieren möchtest. Auch wenn dabei Überwindung und Geduld notwendig sind, versuche immer gut auf deine Grenzen zu achten! Du kannst in kleinen Schritten und mit einfacheren Situationen beginnen und dich dann in der Schwierigkeit steigern. Die folgende Übung, die du zunächst auch gemeinsam mit einer anderen vertrauten Person machen kannst, ist bei deinen ersten Schritten hilfreich:

Übung

Nimm die Spinne unter die Lupe

1. Wähle das Bild einer Spinne aus, das in dir deutliche Angst oder Ekel Gefühle auslöst. Nun schätze die Intensität deiner Gefühle auf einer Skala von 0 (sehr schwach) bis 10 (sehr stark) ein. 

2. Stelle dann eine Stoppuhr für einen Zeitraum von 5 Minuten und nutze diese Zeit, um dich ganz bewusst mit dem Bild der Spinne zu beschäftigen: Was kannst du sehen? Wie sieht die Spinne genau aus? Welche Farbe und Form hat sie? Fallen dir besondere Details auf, die du zum ersten Mal wahrnehmen kannst? Gibt es dabei Merkmale, die du besonders unangenehm empfindest? Fallen dir vielleicht Aspekte auf, die du interessant oder sogar schön findest? Nutze die Zeit, um alle Teile des Bildes ganz bewusst wahrzunehmen. 

3. Schätze nach Ablauf der Zeit erneut die Intensität deiner Gefühle auf der Skala ein. Hat sich diese schon spürbar verändert? 

4. Wiederhole diese Übung täglich und schaue, wie sich dein Gefühl entwickelt. 

Du kannst im weiteren Verlauf auch die Schwierigkeit steigern und beispielsweise das Bild einer größeren Spinne oder ein Video nutzen. Es gibt auch verschiedene Apps, wie Phobys”, die durch digitale Projektion einer Spinne in den Raum eine Situation schaffen, die dir beim Üben helfen kann.

Spinnenphobie loswerden? Weitere Möglichkeiten psychologischer Hilfe:

Was tun, wenn Spinnen bei dir regelmäßige Ursache von Panikattacken sind? Oder wenn du statt Vorfreude hauptsächlich Panik vor dem Urlaub in den Tropen empfindest, nur weil du dort größeren Spinnen begegnen könntest? Falls du merkst, dass die Spinnenphobie deinen Alltag sehr stark bestimmt und du dich dieser nicht allein stellen möchtest, kannst du dir natürlich auch psychotherapeutische Hilfe suchen. Phobien lassen sich gut behandeln! Wenn du Hilfe brauchst, einen Psychotherapieplatz zu finden, kannst du zunächst ein Gespräch mit deiner Hausärztin oder deinem Hausarzt vereinbaren und so Tipps für die Therapieplatzsuche erhalten. Und vergiss nicht: Am Ende hat die Spinne viel mehr Angst vor dir als umgekehrt! 

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  • Quellennachweis
    1. Cantzen, R. (30.06.2019). “Sie wob Ihr Netz aus Gift.” URL: https://www.deutschlandfunkkultur.de/spinnen-in-der-literatur-sie-wob-ihr-netz-aus-gift-100.html – aufgerufen am 10.12.22
    2. Wittchen H.-U. & Hoyer J. (2011). Klinische Psychologie & Psychotherapie (2.Auflage). Springer: Berlin
    3. Dilling H. & Freyberger H.J. (2016). ICD-10 – Taschenführer zur ICD-10-Klassifikation psychischer Störungen. (8. Auflage). Hogrefe: Bern.
    4. Stasch M., Grande T., Janssen P., Oberbracht C. & Rudolf G. (2016). OPD-2 im Psychotherapie-Antrag. (2. überarbeitete Auflage).Hogrefe: Bern.
    5. Bourdon, K. H., Bouy, J. H., Rae, D. S., Burns, B. J., Thomson, J. W., Locke, B. Z.: Gender differences in phobias – results of the ECA community survey. Journal of Anxiety Disorders. 1988, 2.
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