Schmerz als ständiger Begleiter
Schmerz ist ein körperliches Signal, das uns zum Schutz und zur Vorsicht mahnt. Schmerz kann akut sein, zum Beispiel wenn wir uns den großen Zeh an der Bettkante stoßen. Er kann aber auch über eine normal zu erwartende Zeitspanne andauern oder immer wiederkehren. Dabei spricht man vom chronischen Schmerz. Der Schmerz hat dabei seine Signalfunktion verloren und kann sich wie bei Fibromyalgie zu einem eigenständigen Krankheitsbild entwickeln.
Die Suche nach der Ursache für chronische Schmerzen …
… ist oft sehr langwierig und ergebnislos. Erlebst du akuten Schmerz, ist der Grund hingegen meist schnell gefunden. Du bemerkst zum Beispiel einen stechenden Schmerz am Arm, siehst nach und verscheuchst die Mücke. Kennen wir die Ursache für unseren Schmerz, können wir ihn im Allgemeinen leicht beheben. In der Hoffnung auf Linderung suchen Menschen mit chronischen Schmerzen daher verständlicherweise ausgiebig nach Ursachen. Auch Ärzt:innen helfen dabei, tappen jedoch häufig im Dunkeln. Die Folge: Es entsteht eine unnötig lange Leidensgeschichte. Anstatt die Ursache des Schmerzes zu suchen, können wir uns die Ursache genau dieses Leidens einmal genauer ansehen. Mit anderen Worten: Zeit einen alternativen Weg einzuschlagen.
Ein neuer Umgang mit Schmerz
Wenn du die Diagnose Fibromyalgie gestellt bekommen hast oder glaubst, diese Erkrankung zu haben, hast du vermutlich schon sehr viel gegen den Schmerz unternommen. Hätte es nachhaltig geholfen, würdest du diesen Blogartikel wahrscheinlich nicht lesen. Vielleicht hast du also Lust, mal etwas ganz Neues auszuprobieren. Anstatt den körperlichen Schmerz selbst beseitigen zu wollen, kannst du dich darauf konzentrieren, deinen Umgang mit Schmerzen zu verändern. Wie das?
Klarer und verwischter Schmerz
Erlebst du körperlichen Schmerz – vielleicht tust du es sogar in diesem Moment – konzentriere dich mal nur auf den Schmerz. Nimm ihn ganz direkt wahr. Spüre die pure körperliche Empfindung. Du kannst diesen Schmerz als „klaren Schmerz“ bezeichnen. Vermutlich nimmst du aber nicht nur den Schmerz als solchen, sondern auch viele andere Gedanken und Gefühle im Augenblick des Schmerzes wahr. Vielleicht schimpfst du innerlich über den Schmerz. Vielleicht bist du wütend, traurig oder frustriert. Diese Gedanken und Gefühle fallen in die Kategorie „verwischter Schmerz“. Den klaren Schmerz kannst du kaum beeinflussen, aber du hast großen Einfluss auf den verwischten Schmerz.
Was hilft bei Fibromyalgie – den Kampf mit dem Schmerz beenden!
Ärger, Trauer, Frustration – all diese unangenehmen Gefühle rühren daher, dass du mit deinem körperlichen Schmerz kämpfst. Wie solltest du das auch nicht tun, schließlich tut dir etwas, vielleicht sogar alles, weh! Doch mache dir einmal bewusst, dass das Leiden größer wird, je mehr du in diesen Kampf einsteigst. Verlässt du die Kampfarena, verschwindet der Schmerz zwar nicht. Aber du sparst dir viel Kraft und hast wieder mehr Energie für die Dinge, die dir im Leben wirklich wichtig sind.
Akzeptanz statt Kontrolle
„Ich muss den Schmerz besiegen. Ich will den Schmerz jetzt loswerden. Es muss doch eine Ursache und ein Heilmittel geben.“ Diese Gedanken sind im Zusammenhang mit Fibromyalgie nur allzu verständlich. Sie zielen darauf ab, Kontrolle ausüben zu wollen. So schwierig es auch ist: Über viele Dinge in unserem Leben haben wir keine Kontrolle. Ob das Wetter sonnig oder regnerisch ist, uns jemand mag oder nicht leiden kann oder ob unser Körper schmerzt oder wir ein körperliches Wohlgefühl erleben. Eine hilfreiche Methode, um unkontrollierbaren Umständen in unserem Leben zu begegnen, ist die Akzeptanz. Vielleicht magst du es einmal damit versuchen?
Übung in Akzeptanz:
Der Akzeptanz-Regler
Stell dir vor, es gäbe einen Regler, mit dem du die Akzeptanz deinen Schmerzen gegenüber regulieren könntest – wie die Lautstärke bei einem Radio. Du findest sie immer noch unangenehm, aber du nimmst an, dass sie da sind. Denn sie sind ja nun mal da. Mit dem Akzeptanz-Regler stellst du also deine Bereitschaft gegenüber deinen Schmerzen ein. Wenn der Akzeptanz-Regler hoch aufgedreht ist, sagst du dir: „Ich bin bereit, meine Schmerzen zuzulassen, egal, wie stark sie sind.“ Wenn der Akzeptanz-Regler niedrig gestellt ist, denkst du dagegen: „Nein, ich will meine Schmerzen nicht haben! Ich werde alles dafür tun, damit die Schmerzen weggehen.“
Du kannst wählen, wie du deinen Akzeptanz-Regler einstellen willst. Versuche im Alltag – oder gerade jetzt – deinen Akzeptanz-Regler zu beobachten und immer wieder nach oben zu regeln.
Was wirklich hilft bei Fibromyalgie – genussvoll leben trotz Schmerzen
Häufig passiert es, dass Menschen mit Fibromyalgie sich aufgrund ihrer Schmerzen einschränken. Das ist ein ganz normaler Prozess. Wenn du dich bei Schmerzen schonst, ist das ein Zeichen dafür, dass du dich gut um dich kümmern möchtest. Vielleicht leidet aufgrund der Schmerzen auch deine Stimmung. Die Lust, etwas zu unternehmen und mit anderen zusammen zu sein, ist nicht besonders groß. Mit der Zeit kann es jedoch sein, dass du dadurch weniger positive Erlebnisse machst. Das zu vernachlässigen, was dir wichtig ist, führt langfristig zu Unzufriedenheit.
Es kostet einige Überwindung, trotz Schmerzen bestimmte Unternehmungen zu machen. Taste dich deshalb an diese vielleicht ungewohnt gewordenen Aktivitäten ran. Du kannst dir zum Beispiel für die nächste Woche vornehmen etwas zu unternehmen, was dir wichtig ist oder früher Spaß gemacht hat. Falls dir zunächst nichts einfällt, haben wir in unserem Artikel zum Thema Selbstfürsorge Ideen für dich gesammelt, welche Aktivitäten dir Kraft geben könnten. Passe die Aktivitäten so an, dass sie dir möglich sind. Anstatt zum Beispiel eine Stunde lang zu spazieren, können es auch zwanzig Minuten sein.
Fibromyalgie – was hilft in Kürze
- fokussiere dich weniger auf die Ursache und Beseitigung des Schmerzes und stattdessen auf den Umgang mit den Schmerzen
- versuche im Alltag zwischen klaren und verwischten Schmerzen zu unterscheiden
- verringere die verwischten Schmerzen, indem du deinen Akzeptanz-Regler hoch einstellst
- überwinde dich, trotz Schmerzen Aktivitäten nachzugehen, die dich erfüllen
Therapie der Fibromyalgie
Die vorgestellten Übungen können alle Teil einer fachübergreifenden Schmerztherapie sein. Denn bei der Behandlung von chronischen Schmerzen wie der Fibromyalgie sollten immer verschiedene Therapiebausteine genutzt werden. In Fachkreisen wird dieses Konzept auch „multimodale Schmerztherapie“ genannt. Dazu gehört natürlich die ärztliche Therapie mit regelmäßigen Untersuchungen und vielleicht Medikamenten wie etwa Amitriptylin oder Pregabalin. Aber zusätzlich sollten auch weitere Fachbereiche hinzugezogen werden, wie beispielsweise Bewegungstherapie, eine Umstellung der Ernährung bei Fibromyalgie oder eine Psychotherapie. Wie du in diesem Artikel erfahren hast, können psychologische Übungen eine große Rolle bei der Schmerzbewältigung spielen. Denn unser Körper und Geist stehen immer miteinander im Kontakt und beeinflussen sich gegenseitig.
Eine gut erforschte Psychotherapiemethode bei Fibromyalgie und chronischen Schmerzen ist die sogenannte Akzeptanz- und Commitment-Therapie (kurz ACT). Unsere ausgewählten Übungen stammen alle aus dieser Therapieform. Bei der ACT geht es vor allem darum, wieder mehr Lebensqualität zu gewinnen – trotz deiner chronischen Schmerzerkrankung.
Hilfe bei Fibromyalgie: Online-Therapie bei chronischen Schmerzen
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Quellennachweis
- S3-Leitlinie: Fibromyalgiesyndrom. Abgerufen von: https://register.awmf.org/assets/guidelines/145-004l_S3_Fibromyalgiesyndrom_2019-11_1-abgelaufen.pdf
- Krasselt, Marco; Baerwald, Christoph (2018). Fibromyalgie-Syndrom: Aktuelle Empfehlungen zu Diagnostik und Therapie. DMW – Deutsche Medizinische Wochenschrift, 143(15), 1103–1108. doi:10.1055/a-0542-9531
- Von Wachter, M. & Kappis, B. (2019). Therapie-Tools Schmerzstörungen: Mit E-Book inside und Arbeitsmaterial.
- Wengenroth, M. (2012). Therapie-Tools Akzeptanz- und Commitmenttherapie: Mit E-Book inside und Arbeitsmaterial.
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