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Emotionales Essen: Warum wir Gefühle mit Nahrung betäuben – und wie wir das ändern können

Sich nach einer Trennung mit einem Becher Eis auf die Couch legen und diesen schluchzend auslöffeln? Klingt nach einem schlechten Filmklischee, hat aber tatsächlich einen Kern Wahrheit. „Emotionales Essen“, also Essen aufgrund von Stress oder unangenehmen Gefühlen, ist ein durchaus verbreitetes Phänomen. Auf Dauer kann das aber zu ungesunden Mustern und einer echten Belastung führen. Aber warum isst du, obwohl du keinen Hunger hast und wie kannst du damit einen guten Umgang finden?

Was unterscheidet emotionales Essen von „normalem” Essen?

Emotionales Essen findet dann statt, wenn du nicht aus Hunger, sondern aufgrund von Stress, anderen unangenehmen Gefühlszuständen oder Langweile heraus zu meist ungesunden Lebensmitteln greifst. Tatsächlich kann aber auch eine angenehme Emotion wie Freude zu emotionalem Essen führen. Zum Beispiel, wenn du dich damit für eine erfolgreiche Arbeitswoche selbst belohnst.  

Emotionales Essen fühlt sich oft kurzfristig erst mal erleichternd und hilfreich an – langfristig kann es jedoch dazu führen, dass wir nicht lernen, wie wir unangenehme Gefühle anders bewältigen können. Deshalb ist emotionales Essen als Bewältigungsstrategie für den Umgang mit unangenehmen Emotionen nicht als dauerhafte Lösung geeignet.

Wer is(s)t emotional?

Nicht umsonst sind Begriffe wie „Stressessen“ oder „Frustessen“ gemeinhin bekannt. Denn schätzungsweise 30 Prozent aller Erwachsenen bezeichnen sich als emotionale Esser. Daher ist es gut zu wissen, wie emotionales Essen entsteht und was man dagegen tun kann.

Wichtig ist zunächst zu betonen, dass emotionales Essen an sich keine psychische Erkrankung darstellt. Dennoch kann emotionales Essen ein Hinweis auf eine psychische Belastung oder Erkrankung sein. Als langfristige Folgen von emotionalem Essen können ungesundes Ernährungsverhalten und psychische Belastungen auch zu Erkrankungen wie der sogenannten Binge-Eating-Störung führen.

Und: Hochkalorische und stark zuckerhaltige Lebensmittel stehen außerdem im Verdacht, mit der Entstehung von Depressionen zusammenzuhängen. Ganz nach dem Motto „du bist, was du isst“ kann sich also eine ungesunde Ernährung auf die Psyche auswirken. Weshalb das so ist und wie genau Zucker Depressionen begünstigt, kannst du auf unserem Blog nachlesen.

Woran genau erkennst du nun emotionales Essen? 

Im Gegensatz zu einer Nahrungsaufnahme, die durch Hunger bedingt ist, tritt emotionales Essen plötzlich auf und beschränkt sich in der Regel auf bestimmte, vor allem hoch kalorische Lebensmittel. Häufig fühlt sich das erst mal entlastend an, kann aber anschließend auch Scham- und Schuldgefühle hinterlassen. So kann es sowohl psychisch als auch physisch zu einer ungesunden Beziehung mit dem eigenen Körper kommen. 

Was sind die Ursachen?

Noch weiß man nicht mit Sicherheit, welche psychologischen Ursachen hinter emotionalem Essen stecken. Die Hauptursache scheint aber zu sein, dass emotionale Esserinnen und Esser vor allem mit unangenehmen Emotionen, insbesondere Stress, im wahrsten Sinne des Wortes keinen gesunden Umgang finden. 

Möglicherweise sind auch Diäten ein Risikofaktor für emotionales Essen. Eine Diät kann anstrengend sein und führt außerdem häufig dazu, dass wir uns ständig mit Essen auseinandersetzen. Durch Stress und Frustration ist der Schritt zu emotionalem Essen und vor allem zu hochkalorischen Nahrungsmitteln dann nicht mehr weit. 

Eine weitere mögliche Ursache könnten unverarbeitete Traumata sein – diese führen häufig dazu, dass Betroffene immer wieder mit Wellen von unangenehmen Gefühlen und Flashbacks zu kämpfen haben. Emotionales Essen kann hier eine kurzfristige Bewältigungsmöglichkeit sein, um die Gefühle für eine kurze Zeit unterdrücken zu können. 

Wenn aus emotionalem Essen eine Essstörung wird

Falls du langfristig die Kontrolle über dein Essverhalten zu verlieren scheinst, könnte aber auch eine Essstörung wie die Binge-Eating-Störung oder Bulimie dahinterstecken. Gemeinsam haben die beiden Essstörungen wiederkehrende Episoden von Essanfällen, bei denen innerhalb kürzester Zeit sehr große Mengen Nahrung verzehrt werden. Dabei haben Betroffene das Gefühl, nicht mit dem Essen aufhören zu können. Auch die Art und Menge des Essens scheint nicht mehr beherrschbar zu sein. 

Bei der Bulimie werden aber im Gegensatz zum Binge-Eating riskante Gegenmaßnahmen wie selbst ausgelöstes Erbrechen, Medikamente oder extreme sportliche Betätigung angewendet. Beim Binge-Eating steht mehr im Fokus, dass die Nahrungsaufnahme auch dann erfolgt, wenn eigentlich kein Hunger vorliegt. Aufgrund der großen Mengen essen Betroffene aus Scham meistens alleine und sie fühlen sich nach dem Verzehr oft schuldig und deprimiert.

Wie man emotionales Essen überwinden kann

Wenn du Pommes und Burger durch Salat oder Gemüse austauschst, führt das nicht automatisch zu „gesundem“ emotionalem Essen. Denn einerseits wird weiterhin die problematische Verbindung von Emotionen und Nahrungsaufnahme verstärkt. Andererseits ist die Gefahr enorm hoch, dass du nach einer Weile wieder auf ungesunde Lebensmittel zurückgreifst, da diese das menschliche Belohnungssystem stärker aktivieren. Damit du nachhaltig emotionales Essen überwinden kannst, haben wir einige Anregungen und Tipps für dich zusammengestellt.

1Die Emotionen wahrnehmen

Wenn du emotionales Essen wirklich überwinden willst, ist es zunächst wichtig, die Emotionen wahrzunehmen, die in diesen Momenten auftreten. Das gibt dir die Möglichkeit, zu entdecken, was hinter dem Griff zur Chipstüte und Co steckt. So kannst du langfristig auch ein gesünderes Verhältnis zum Thema Essen aufbauen.

Versuche in den nächsten Tagen mal festzuhalten, wann du nicht aus Hunger isst. Bevor du beispielsweise eine Pizza in den Backofen schiebst, halte kurz inne und höre in dich hinein. Welche Emotion spürst du? Angst, Einsamkeit, Wut? Notiere, um welche Emotion es sich handelt und schau in den nächsten Tagen, ob bestimmte Emotionen bei dir wiederholt vor dem Essen auftreten. Wenn du dein Gefühl benennen kannst, ist das schon mal ein guter Start, um die passende Bewältigungsstrategie zu finden. Denn: Je mehr wir Gefühle unterdrücken, umso intensiver kommen sie häufig wieder. Deshalb kann es erleichternd sein, deine Gefühle zunächst zu benennen und sie dann zu akzeptieren. Vielleicht hilft dir dabei, Sätze wie diesen auszusprechen: „Ich fühle mich traurig und das Gefühl darf da sein. Es ist okay, sich so zu fühlen.”

2Die genauen Stressquellen identifizieren

Das Stresslevel zu senken ist in den meisten Fällen eine notwendige Maßnahme, um emotionales Essen zu stoppen. Das ist natürlich leichter gesagt als getan. Aber auch hier ist es wieder hilfreich, wenn du wahrnehmen kannst, um welche Stressquelle(n) es sich eigentlich handelt. Dabei ist es wichtig, dass du genau hinschaust. Denn nicht immer ist die Stressquelle auf den ersten Blick zu erkennen. So ist deine Stressquelle zum Beispiel vielleicht nicht dein Job im Allgemeinen, sondern ein ganz bestimmter Aspekt deines beruflichen Alltags wie ein Konflikt mit einem Kollegen. Nimm dir auch hier wieder kurz Zeit innezuhalten und notiere, was der genaue Stressverursacher sein könnte. 

Wenn du zum Stressessen neigst, informiere dich auch gerne über unseren kostenfreien Online-Therapiekurs bei Stress und Burnout. In 8 flexiblen Kurseinheiten begleiten wir dich mit psychotherapeutischen Strategien dabei, deinen Stress gezielt zu bewältigen.

3Sich in Achtsamkeit üben

Sehr hilfreich sind nicht nur einzelne Übungen, sondern auch komplette Achtsamkeitstrainings beziehungsweise Achtsamkeitskurse. Achtsamkeitskurse können unter anderem dabei helfen, wieder auf dein natürliches Hungergefühl zu achten und Frühwarnzeichen für emotionales Essen zu erkennen. Außerdem kann Achtsamkeit dir dabei helfen, zu erkennen, welche Ursachen hinter dem emotionalen Essen liegen und was du eigentlich verändern willst. Wissenschaftlich fundierte Angebote gibt es mittlerweile sowohl für Kurse in Präsenz als auch für Kurse per App.

4Handlungsalternativen parat haben

Es ist nachvollziehbar, wenn du in stressigen Situationen zu leckerem Essen greifst und die unangenehme Belastung so für eine kurze Zeit ausblendest. Langfristig solltest du dieses Vermeidungsverhalten aber durch gesündere Gewohnheiten austauschen. 

Wenn du auf sinnvolle alternative Handlungen zurückgreifen kannst, wird es einfacher, emotionales Essen zu verhindern. Überlege dir im daher Vorfeld Dinge, die dir guttun und die du leicht umsetzen kannst, falls sich etwa Stress anbahnen sollte. Vielleicht hilft dir ein heißes Bad, ein kurzer Spaziergang, das Lieblingslied richtig laut abzuspielen oder mit einer Freundin zu telefonieren. Zusätzlich solltest du dich immer wieder daran erinnern, nicht hungrig einzukaufen und nicht zu viele ungesunde Lebensmittel zu Hause parat zu haben.

Unsere Tipps zusammengefasst:

Die „GUT-Übung“

Die „GUT-Übung“ kombiniert  einige der Tipps  und kann dir in Zukunftdabei helfen, emotionales Essen zu vermeiden.

G = Gefühle aussprechen. Sprich deutlich aus, was du gerade fühlst.
U = Unterbrechung. Warte kurz und gib dir eine Pause, bevor du zum Essen greifst.
T = Tausche das emotionale Essen mit einer Alternative aus, die dir nachhaltig guttut.

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  • Quellennachweis
    1. Reichenberger, J., Schnepper, R., Arend, A. K., & Blechert, J. (2020). Emotional eating in healthy individuals and patients with an eating disorder: evidence from psychometric, experimental and naturalistic studies. The Proceedings of the Nutrition Society, 79(3), 290–299. https://doi.org/10.1017/S0029665120007004
    2. Katterman, S. N., Kleinman, B. M., Hood, M. M., Nackers, L. M., & Corsica, J. A. (2014). Mindfulness meditation as an intervention for binge eating, emotional eating, and weight loss: a systematic review. Eating behaviors, 15(2), 197–204. https://doi.org/10.1016/j.eatbeh.2014.01.00
    3. Schnepper, R., Georgii, C., Eichin, K., Arend, A. K., Wilhelm, F. H., Vögele, C., Lutz, A. P. C., van Dyck, Z., & Blechert, J. (2020). Fight, Flight, – Or Grab a Bite! Trait Emotional and Restrained Eating Style Predicts Food Cue Responding Under Negative Emotions. Frontiers in behavioral neuroscience, 14, 91. https://doi.org/10.3389/fnbeh.2020.00091
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