Was ist Meditation?
„Gom” ist das tibetische Wort für Meditation und bedeutet so viel wie „sich gewöhnen an”. Gemeint ist damit, dass wir während der Meditation mit den eigenen geistigen und auch körperlichen Vorgängen vertraut werden. Das geschieht ganz einfach, indem wir ihnen unsere Zeit und Aufmerksamkeit schenken. Wir nehmen wahr, was wir denken, fühlen, dass und wie wir atmen, ob es uns am Kopf juckt oder dass wir plötzlich den Impuls haben, ein Käsebrot zu essen.
Letztendlich bemerken wir diese inneren Vorgänge natürlich ständig. Das Besondere an der Meditation ist jedoch, dass wir dieses „Bemerken” auf eine bewusste Ebene heben.
Ein Beispiel: Vielleicht sitzt du gerade auf der Couch, während du diesen Blogartikel liest. Grundsätzlich weißt du das zwar, bist dir dessen aber vermutlich nicht in diesem Moment bewusst. In dem Augenblick, in dem du das Bewusstsein dafür erweckst: „Ich sitze hier. Ich lese. Ich atme. Gerade spüre ich die Couch an meinem Körper” meditierst du bereits. Vielen Menschen hilft Meditation dabei, zur Ruhe zu kommen und entspannter zu werden. Einige sprechen sogar davon, durch Meditation inneren Frieden zu finden.
Die bewusste Wahrnehmung des gegenwärtigen Moments wird auch als Achtsamkeit bezeichnet. Grundsätzlich kannst du immer und überall achtsam sein: beim Essen, beim Spazieren gehen oder im Liegen vor dem Einschlafen.
Mythos Meditation
Viele Menschen denken leider, dass Meditation bedeutet, zu versuchen, nichts zu denken. Doch das ist unmöglich! Es ist eine ganz natürlich Funktion unseres Gehirns, Gedanken hervorzubringen. Ganz ähnlich, wie es im Ozean nun mal Wellen gibt. Unser Kopf wird dann ruhiger, wenn wir das akzeptieren und die „Gedankenwellen” da sein lassen, ohne sie zu verfolgen oder sie stoppen zu wollen.
Meditation bei Depression: Wie geht das?
In modernen Psychotherapieansätzen gibt es die sogenannten achtsamkeitsbasierten Interventionen, zu denen auch die Achtsamkeitsmeditation gehört. Bei der Achtsamkeitsmeditation wird – wie eben beschrieben – die bewusste Aufmerksamkeit gezielt auf das Jetzt gerichtet. Vielen Menschen fällt das leichter, wenn sie sich dabei auf etwas Bestimmtes fokussieren, zum Beispiel den Atem. Der Atem ist dann wie ein Anker, zu dem wir zurückkehren können, wenn unsere Aufmerksamkeit abgeschweift ist. Mit der Zeit können wir uns dann immer länger auf den Atem konzentrieren – bis wir an das leckere Käsebrot denken müssen und unseren Fokus verlieren. Das ist jedoch ganz normal und gar kein Problem. Die Momente, in denen wir das Abschweifen bemerken, sind sogar besonders wertvoll, denn durch sie trainieren wir unsere Aufmerksamkeit.
Gleichzeitig können wir dabei Akzeptanz lernen: Unsere Gedanken springen nun mal hin und her, das ist bei jedem Menschen so – selbst bei Zen-Meistern. Der „Trick” ist, alle Gedanken wahrzunehmen und wieder loszulassen, ziehen zu lassen wie Wolken am Himmel und zum Atem zurückzukehren. So können wir durch Meditieren nicht nur bei Depressionen lernen, weniger in Grübelgedanken abzugleiten. Aber dazu gleich mehr.
Exkurs: In welcher Position soll ich meditieren?
Vermutlich haben viele von uns eine aufrecht sitzende Person im Schneidersitz vor Augen, wenn wir an Meditation denken. Vielleicht wollen wir auch deshalb nicht meditieren, denn diese Pose scheint uns unbequem. Der Grund, warum viele Menschen im aufrechten Sitzen meditieren, ist erstens, dass sie unserem Körper guttut. Unsere Organe haben Platz, wir können tief atmen.
Der zweite Grund ist, dass sie uns dabei helfen kann, unsere Aufmerksamkeit aufrechtzuerhalten. Wenn du dich extra zum Meditieren in eine Pose begibst, die du sonst selten einnimmst, wird diese Haltung dich nämlich daran erinnern, dass du meditieren wolltest. Meditierst du beim Kochen oder Einschlafen, besteht die Gefahr, dass du deine Absicht vergisst und deine Achtsamkeit verlierst. Wichtig ist natürlich, dass dir beim Sitzen nichts wehtut. Wenn der Schneidersitz nichts für dich ist, kannst du dich auch aufrecht auf einen Stuhl setzen oder mal eine Meditationsbank ausprobieren. In manchen Fällen, etwa wenn du dich in Achtsamkeit bei chronischen Schmerzen üben willst, kannst du natürlich auch von der sitzenden Position abweichen.
So hilft Meditation gegen Depression
Dass Meditation gegen Depression wirksam sein kann, wurde mittlerweile in vielen Studien bewiesen. Die Erforschung, welche genauen Faktoren die depressive Episode verbessern, steckt noch in den Kinderschuhen. Es wurde jedoch bereits nachgewiesen, dass die sogenannte Dezentrierung von Gedanken dabei eine Rolle spielt. Das bedeutet, dass durch Meditation negative Gedanken nicht mehr automatisch als Realität begriffen werden, sondern vielmehr als geistige Ereignisse, die kommen und gehen. So kann auch das typische Grübeln bei Depression weniger Einfluss auf die Stimmung haben und mit der Zeit abnehmen.
Hinzukommen neurobiologische Veränderungen durch Meditieren bei Depression. Die Aktivität von Hirnregionen, die bei depressiven Symptomen verändert sind, wie zum Beispiel die des präfrontalen Kortex, können durch Meditation positiv beeinflusst werden. So kann die Aktivität im präfrontalen Kortex, der bei Aufmerksamkeit, Konzentration und Emotionsregulation eine Rolle spielt, durch Meditation verbessert werden. Das kann mit der Zeit zu mehr emotionaler Stabilität und Konzentrationsfähigkeit führen.
Durch Meditation verändern sich außerdem die Gehirnwellen. Es gibt mehr Alpha- und Theta-Aktivität, die mit tiefer Entspannung in Verbindung gebracht werden. Meditierende trainieren also ihre Selbstregulation – und können sich mit Übung willentlich in einen entspannten Zustand versetzen.
Meditation gegen Depression:
Wie kann ich beginnen?
Wenn du anfangen möchtest zu meditieren, ist es wichtig, dass du dich nicht überforderst. Die Devise lautet: lieber kurz, aber oft. Anstatt dir also vorzunehmen, täglich eine halbe Stunde zu meditieren, ist es ratsam, mit fünf Minuten zu beginnen.
Setz dich in eine bequeme und aufrechte Position hin, stell dir die Stoppuhr auf 5 Minuten und beobachte deinen Atem. Wenn dein Fokus sich verliert, ist das nicht schlimm, kehre einfach wieder zum Atem zurück.
Nach einer Zeit wirst du vielleicht bemerken, dass du noch länger meditieren kannst. Anstatt die Zeit zu verdoppeln, kannst du dich minutenweise steigern. Oder mehrere Meditationen über den Tag verteilt à 5 Minuten machen.
Wenn dir die Meditation in „Eigenregie” schwerfällt, findest du auch viele geführte Meditationen im Internet. Achte aber auch hier auf die Länge, damit du dich nicht überforderst. In jedem Fall kannst du dich beim Meditieren auch in Geduld üben – vor allem mit dir selbst. Dabei kann es hilfreich sein zu wissen, dass es egal ist, ob deine Gedanken viel oder wenig umherschweifen. Dich 5 Minuten in Stille hinzusetzen – ohne Handy oder andere Ablenkung – tut deiner Psyche gut.
» Es gibt nur zwei Fehler, die man auf dem Weg zur Wahrheit machen kann: Nicht den ganzen Weg gehen und nicht beginnen. «
Buddha
Weitere Strategien bei Depression
Die Achtsamkeitsmeditation kann eine gute Strategie sein, um die Symptome einer Depression durch Selbsthilfe zu verändern. Es gibt jedoch noch viele weitere wirksame Strategien, die dir dabei helfen können, eine Depression zu überwinden. In unserem Online-Kurs HelloBetter Depression kannst du viele von ihnen erlernen und mithilfe von Anleitungen, Audio-Übungen und Übungen zur Selbstreflexion im Alltag erproben. Schau doch gleich mal auf unserer Kursseite vorbei!
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Quellennachweis
- Buchempfehlung: Rinpoche, Y. M. (2007). Buddha und die Wissenschaft vom Glück. Ein tibetischer Meister zeigt, wie Meditation den Körper und das Bewusstsein verändert, Goldmann Arkana.
- Chiesa, A., & Serretti, A. (2010). A systematic review of neurobiological and clinical features of mindfulness meditations. Psychological medicine, 40(8), 1239-1252.c
- Edenfield, T. M., & Saeed, S. A. (2012). An update on mindfulness meditation as a self-help treatment for anxiety and depression. Psychology research and behavior management, 5, 131.
- Feldman, G., Greeson, J., & Senville, J. (2010). Differential effects of mindful breathing, progressive muscle relaxation, and loving-kindness meditation on decentering and negative reactions to repetitive thoughts. Behaviour research and therapy, 48(10), 1002-1011.
- Hofmann, S. G., Sawyer, A. T., Witt, A. A., & Oh, D. (2010). The effect of mindfulness-based therapy on anxiety and depression: A meta-analytic review. Journal of consulting and clinical psychology, 78(2), 169.
- Segal, Z., Williams, M., & Teasdale, J. (2018). Mindfulness-based cognitive therapy for depression. Guilford publications.
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