Zurück zur Übersicht

Panikattacken nachts: Wenn die Angst erwacht

Plötzlich sind wir wach. Das Herz rast und das Atmen fällt schwer. Was Betroffene von Panikattacken meist schon tagsüber als echte Bedrohung erleben, wird bei einer Panikattacke im Schlaf oft gefühlt noch schlimmer. Aber wie kann der Panik nachts entgegengewirkt werden, wenn uns die Angst sprichwörtlich mitten im Schlaf erwischt? Wir zeigen dir, was hinter Panikattacken nachts steckt und was dir helfen kann, damit du in der Nacht, aber auch auf lange Sicht wieder zur Ruhe kommen kannst.

Panikattacken nachts erkennen

Nachts auftretende Panikattacken (kurz NPA) ähneln im Grunde genau den Attacken, die auch tagsüber auftreten können. Sie kommen also meist „wie aus heiterem Himmel” und sind beispielsweise nicht die Folge eines Albtraums. Oft sind die Symptome, die mit der Angst einhergehen, aber stärker auf die Atmung bezogen und zeigen sich vor allem in:

  • schwerem oder unregelmäßigem Atmen
  • Anspannung der Muskeln 
  • Engegefühl in der Brustgegend 

Wie auch tagsüber können zum Beispiel folgende Symptome hinzukommen:

Die Forschung hat gezeigt, dass Menschen, die unter Panikattacken nachts leiden, weniger katastrophisierende Gedanken haben als Betroffene von Panikattacken während des Tages. Außerdem deuten Studienergebnisse darauf hin, dass Panikattacken nachts länger andauern als tagsüber.

Panikattacken nachts und Schlafphasen

Panikattacken im Schlaf beginnen in der Regel dann, wenn sich der Körper in der sogenannten REM-Schlafphase befindet. Diese Phase ist nicht nur durch schnelle Augenbewegungen gekennzeichnet (daher der Name REM für „rapid eye movement”), sondern auch durch ein fast vollständiges Verschwinden der Muskelaktivität („Schlafstarre”). Werden wir dann durch die Panikattacke im Schlaf plötzlich aus dem REM-Schlaf geweckt, braucht der Körper ein bisschen, bis er sich wieder voll bewegen kann. Das ist ganz normal. Dieses „sich nicht bewegen können” steigert die Angst aber oft noch zusätzlich.

Der Anteil des REM-Schlafs überwiegt vor allem am Ende des Schlafs. Nächtliche Panikattacken können aber zu jeder Nachtzeit auftreten, also beispielsweise auch schon kurz nach dem Einschlafen.

Pavor nocturnus 

Angstzustände nachts werden oft mit dem sogenannten Nachtschreck – dem Pavor nocturnus – verwechselt. Dabei handelt es sich ebenfalls um nächtliche Phasen intensiver Furcht und Panik, die sich aber neben Herzrasen und Schweißausbrüchen vor allem in heftigem Schreien und Bewegungen bemerkbar machen. Betroffene setzen sich beispielsweise plötzlich mit einem lauten Angstschrei auf oder stürzen zur Tür, ohne den Raum zu verlassen. Nach etwa 10 Minuten ist der Nachtschreck meist vorbei. Darüber hinaus bestehen die größten Unterschiede zur Panikattacke darin, dass die Betroffenen beim Pavor nocturnus während der gesamten Zeit nicht ansprechbar sind und auch im Nachhinein keine oder nur bruchstückhafte Erinnerungen an das Ereignis haben. 

Der Pavor nocturnus tritt vor allem bei Kindern auf. Etwa 1 % der Betroffenen sind jedoch im Erwachsenenalter.

Was sind die Ursachen von Panikattacken im Schlaf?

Auch wenn nächtliche Panikattacken scheinbar wie aus dem Nichts auftreten, werden sie – wie auch am Tag – von bestimmten, meist inneren Auslösern wie beispielsweise Atembeschwerden oder Brustschmerzen in Gang gesetzt, die irrtümlicherweise als bedrohlich bewertet werden. Das kann bewusst, aber auch – wie im Schlaf – ganz unbewusst geschehen. Unser Gehirn schaltet nämlich nachts nie vollständig ab und ist vor allem in der REM-Phase besonders aktiv. 

Zudem ist während des REM-Schlafs unser Herzschlag und unser Blutdruck erhöht, unsere Atmung schnell und unregelmäßig. Körperreaktionen also, die auch bei einer Panikattacke auftreten und diese dadurch begünstigen können. Dabei ist die Frage nach möglichen Ursachen zwar noch nicht abschließend geklärt, weitere Hinweise und Antworten kann jedoch der Blick auf die Betroffenen geben.

Panikattacken nachts: Wer ist betroffen?

Zu nächtlichen Panikattacken kommt es in der Regel nur dann, wenn Menschen schon unter einer Angststörung leiden oder auch tagsüber Panikattacken erleben. So erleben etwa 40 – 70 % der Betroffenen, die unter einer Panikstörung leiden, zumindest eine nachts auftretende Panikattacke. Und zwar vor allem dann, wenn Atemprobleme, Herzrasen und Beklemmungsgefühle im Fokus der Panik stehen. Darüber hinaus gibt es körperliche Vorerkrankungen, die Panikattacken nachts begünstigen können, da sie mit panikähnlichen Symptomen verbunden sind.

Möchtest du kostenfreie psychologische Unterstützung? Wir schicken dir alle Infos, die du jetzt brauchst.

Dieses Feld dient zur Validierung und sollte nicht verändert werden.
Mit dem Absenden deiner E-Mail-Adresse, stimmst du der dafür notwendigen Verarbeitung deiner Daten zu. Weitere Informationen findest du in unserer Datenschutzerklärung.
Wie geht’s dir wirklich?
Melde dich jetzt an und erhalte wirksame Tipps und Übungen bei Angst und Panik.

Dieses Feld dient zur Validierung und sollte nicht verändert werden.
Schließen

Körperliche Ursachen für Panikattacken nachts

In der folgenden Aufzählung haben wir dir mögliche körperliche Vorerkrankungen zusammengetragen, die in Zusammenhang mit nächtlichen Panikattacken stehen können:

Obstruktive Schlafapnoe

Menschen, die unter einer Schlafapnoe leiden, erleben während des Schlafs immer wieder Atempausen, die zwischen 10 und 120 Sekunden dauern können. Normalerweise wachen Betroffene dann kurz auf und schlafen schnell wieder ein, sodass die kurzen Atemstillstände gar nicht bemerkt werden. Liegt parallel eine Panikstörung vor, können die mit der Schlafapnoe verbundenen körperlichen Symptome wie Kurzatmigkeit oder Druckgefühle in der Brust, aber durchaus als zum Beispiel Herzinfarkt fehlinterpretiert werden und zu einer Panikattacke führen.

Gastroösophageale Refluxkrankheit (kurz GERD)

Bei dieser alltagssprachlich als Sodbrennen bezeichneten Erkrankung ähneln die Symptome ebenfalls denen in potenziell lebensbedrohlichen Zuständen und können daher Panikattacken begünstigen. Dazu gehören vor allem Atembeschwerden, Brustschmerzen oder auch Schweißausbrüche. Betroffene können auch das Gefühl eines „Kloß im Hals” und Schluckbeschwerden haben. Tritt das Sodbrennen im Schlaf auf und werden die Symptome (unbewusst) wahrgenommen und als gefährlich bewertet, kann es zu Angst und schließlich zu einer Panikattacke nachts kommen.

Hyperventilationssyndrom

Beim Hyperventilationssyndrom tritt anfallsweise eine beschleunigte und vertiefte Atmung auf. Die Ursachen sind meist Angst, Stress oder Anspannung. Dabei ist es zwar sehr ungewöhnlich, aber durchaus möglich, dass es auch im Schlaf zu einer Hyperventilation kommt. Durch die verstärkte Atmung können körperliche Symptome wie Kribbel- und Taubheitsgefühle, Schwindel, Herzrasen sowie Engegefühle auftreten. Werden diese als bedrohlich wahrgenommen, kann der Teufelskreis aus zunehmender Angst und verstärkter Hyperventilation zu einer Panikattacke führen.

Wichtig ist: Eine Körperreaktion alleine löst keine Panikattacke aus. Die entsprechenden Symptome können diese aber begünstigen, wenn sie wahrgenommen und dann als bedrohlich bewertet werden.

Der Zusammenhang von Panik und Atem- und Schluckbeschwerden

Panik und körperliche Vorerkrankungen mit Symptomen wie Atem- und Schluckbeschwerden können sich wechselseitig verstärken und einen Teufelskreis entstehen lassen: Körperliche Vorerkrankungen führen zu nächtlichen Schlafunterbrechungen und einem Mangel an erholsamem Schlaf. Dies kann zu einem erhöhten Stresslevel und dadurch zu einer erhöhten Anfälligkeit für Panikattacken führen. Mehr dazu erfährst du in unserem Artikel Panikattacken durch Stress

Umgekehrt kann die psychische Belastung durch wiederholte Panikattacken auch die Schlafqualität beeinträchtigen und körperliche Symptome wie Atem- und Schluckbeschwerden verschärfen. Eine Behandlung körperlicher ebenso wie psychischer Symptome ist oft entscheidend, um diesen Kreislauf zu durchbrechen.

Schnelle Hilfe bei nächtlichen Panikattacken

Panikattacken nachts und die Angst vorm Schlafen sind oft eng miteinander verbunden. Haben Betroffene einmal eine Panikattacke im Schlaf erlebt, kann die Sorge entstehen, dass erneut eine Panikattacke nachts auftritt. Hinter der Angst vorm Schlafen steckt dann meist die Angst vor einer weiteren nächtlichen Panikattacke. Das kann dazu führen, dass betroffene Personen den Schlaf am liebsten vermeiden oder zumindest hinauszögern wollen und vor allem, dass sie sich schon während des Tages „verrückt machen”. Diese Versuche und Sorgen können ebenfalls einen Teufelskreis auslösen: Die Angst vorm Schlafen verstärkt innere Unruhe, löst Stress aus und kann das Auftreten einer Panikattacke begünstigen.

1Scheinwerfer an…

Panikattacken im Schlaf werden oft vor allem deshalb als besonders bedrohlich bewertet, weil sie immer ohne jede Vorwarnung kommen und das Erleben absoluter Hilflosigkeit die Angst zusätzlich steigern kann. Aber auch hier gibt es SOS-Tipps, die helfen können, wenn Panikattacken nachts auftreten.

2…und Stopp!

Ist das Licht einmal an, kann dir ein lautes „Stopp” helfen, auch die Angstgedanken zu unterbrechen. Mach dir zusätzlich bewusst, was gerade passiert und ordne deine Symptome als das ein, was sie sind: eine Panikattacke. Diesen Zustand wirst du sehr wahrscheinlich schon im Tageslicht erlebt und erfahren haben, dass er wieder vorbeigeht. Das gilt auch in der Nacht.

3Einatmen, ausatmen

Durch eine bewusste Atmung können wir uns ganz gezielt in einen Zustand der Entspannung versetzen. So aktivieren wir beispielsweise unsere „Ruhe-Nerven”, wenn wir 2 – 3 Sekunden länger ausatmen als einatmen. Die Botschaft ans Gehirn: „Keine Angst, du kannst dich entspannen.” Als Unterstützung kannst du die Länge deiner Ein- und Ausatmung zählen und eine Hand auf den Bauch, die andere auf deinen Brustkorb legen.

4Mach’s dir angenehm

Bei einer Panikattacke wird unser Körper durch Stresshormone in Alarmbereitschaft versetzt. Ist das einmal passiert, kann es verständlicherweise schwer sein, direkt wieder einzuschlafen. Dann gilt es also, Kopf und Körper wieder zu beruhigen, indem du etwas tust, das dich wohlfühlen lässt. Du kannst beispielsweise eine schlaffördernde heiße Dusche nehmen, etwas lesen oder auch einer ermüdenden Aktivität nachgehen wie Bügeln oder Schäfchen zählen.

Langfristige Behandlung: Panikattacken nachts vorbeugen

Neben der schnellen Hilfe kannst du aber auch einiges tun, um Angstzuständen nachts auf Dauer vorzubeugen. Um eventuelle Vorerkrankungen ausschließen oder weitere Schritte planen zu können, sollten die Ursachen von Panikattacken zunächst ärztlich abgeklärt werden. Ausreichend Bewegung und eine gesunde Ernährung könnten dann helfen, eine vielleicht bestehende Schlafapnoe zu mindern, während spezielle Medikamente bei Sodbrennen helfen könnten. Indem du beispielsweise regelmäßig Atem- oder Meditationsübungen machst, kannst du wiederum deine Atmung bewusst trainieren und einem möglichen Hyperventilationssyndrom entgegenwirken. Überlege dir zudem ein positives Einschlafritual, das dich entspannt und den bevorstehenden Schlaf (wieder) mit angenehmen Gefühlen verknüpft.

Am besten kannst du Panikattacken nachts übrigens entgegenwirken, indem du deine Panik auch tagsüber bearbeitest. Dabei kannst du zum Beispiel in einer Psychotherapie den Ursachen ganz genau auf den Grund gehen. Auf unserem Blog geben wir dir zudem viele hilfreiche Tipps, mit denen du Panikattacken vorbeugen und loswerden oder auch einen Psychotherapieplatz finden kannst.  Darüber hinaus haben wir mit HelloBetter Panik einen wirksamen Online-Therapiekurs entwickelt, an dem du kostenfrei und ohne Wartezeit von zu Hause aus teilnehmen kannst. Darin lernst du, wie du mithilfe psychotherapeutischer Strategien deiner Angst und Panik langfristig das Steuer aus der Hand nehmen und Panikattacken im Schlaf genauso wie tagsüber vorbeugen kannst. Den Kurs erhältst du kostenfrei auf Rezept!

Artikel teilen:Share this:

Twitter Facebook LinkedIn
  • Quellennachweis
    1. S3-Leitlinie: Behandlung von Angststörungen. Abgerufen von: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/051-028.html 
    2. Levitan, M. N., Nardi, A. E (2009). Nocturnal panic attacks: clinical features and respiratory connections. Expert Review of Neurotherapeutics, volume 9, pages 245-254. doi: https://doi.org/10.1586/14737175.9.2.245
    3. Craske, M. G., Tsaob, J. C. I (2005). Assessment and treatment of nocturnal panic attacks. Sleep Medicine Reviews, volume 9, pages 173-184. doi: 10.1016/j.smrv.2004.11.003
    4. Craske, M. G., Lang, A. J., Aikins, D., Mystkowski, J. L (2005). Cognitive behavioral therapy for nocturnal panic. Behavior Therapy, volume 36, issue 1, pages 43-54. doi: https://doi.org/10.1016/S0005-7894(05)80053-X
    5. O’Mahony, J. F., & Ward, B. G. (2003). Differences between those who panic by day and those who also panic by night. Journal of behavior therapy and experimental psychiatry, 34(3-4), 239-249.
  • Hinweis zu inklusiver Sprache

    Unser Ziel bei HelloBetter ist es, alle Menschen einzubeziehen und allen Menschen die Möglichkeit zu geben, sich in unseren Inhalten wiederzufinden. Darum legen wir großen Wert auf eine inklusive Sprache. Wir nutzen weibliche, männliche und neutrale Formen und Formulierungen. Um eine möglichst bunte Vielfalt abzubilden, versuchen wir außerdem, in unserer Bildsprache eine große Diversität von Menschen zu zeigen.

    Damit Interessierte unsere Artikel möglichst leicht über die Internetsuche finden können, verzichten wir aus technischen Gründen derzeit noch auf die Nutzung von Satzzeichen einer geschlechtersensiblen Sprache – wie z. B. den Genderdoppelpunkt oder das Gendersternchen.

Unsere Artikel werden von Psycho­log­innen, Psycho­thera­peut­innen und Ärztinnen geschrieben und in einem mehrschrittigen Prozess geprüft. Wenn du mehr darüber erfahren willst, was uns beim Schreiben wichtig ist, dann lerne hier unser Autorenteam kennen.

Kostenfreie psychologische Soforthilfe auf Rezept

Einige unserer HelloBetter Therapieprogramme erhältst du jetzt schon kostenfrei auf Rezept. Lasse dir unsere Kurse einfach von deiner Ärztin oder deinem Psychotherapeuten verschreiben.