Treten Diabetes und Depressionen häufig gemeinsam auf?
Diabetes mellitus ist eine wahre Volkskrankheit. Im Jahr 2020 wurde im Deutschen Gesundheitsbericht von über 8 Millionen Betroffenen berichtet, die unter Diabetes mellitus Typ-1 oder Typ-2 leiden.
Was viele nicht wissen: Diabetes und Depressionen hängen oft zusammen und treten in vielen Fällen gemeinsam auf. Bei Menschen mit einem Typ-2-Diabetes ist die Gefahr, eine Depression zu erleiden, etwa doppelt so hoch wie in der Normalbevölkerung.
Dieser Zusammenhang wird leider häufig übersehen und entsprechend die begleitende Depression unzureichend bis gar nicht behandelt.
Wie Depressionen und Diabetes zusammenhängen
Die beiden Erkrankungen Diabetes und Depression können sich gegenseitig beeinflussen. Das heißt, an einer Depression zu leiden, kann das Risiko für einen Diabetes erhöhen. Aber auch umgekehrt kann eine Diabeteserkrankung die Wahrscheinlichkeit für eine depressive Verstimmung erhöhen. Und natürlich gibt es auch Faktoren, die beide Erkrankungen beeinflussen können. Doch warum ist das so?
Wie eine Depression Diabetes begünstigen kann
Schauen wir uns zuerst an, wie Depressionen Diabetes begünstigen können oder wie sie einen negativen Einfluss auf eine bestehende Diabeteserkrankung haben können:
Der Einfluss depressiver Symptome
Wer unter einer Depression leidet, kämpft häufig mit Antriebslosigkeit, negativen Gedanken und einem Verlust an Interessen. Diese Faktoren können dazu führen, dass es der betroffenen Person schwerfällt, sich um gesunde Ernährung zu kümmern und regelmäßiger Bewegung nachzugehen. Da Ernährung und Bewegung eng mit Diabetes zusammenhängen, kann in der Folge ein erhöhtes Diabetesrisiko entstehen.
Und wenn man bereits unter einer Diabeteserkrankung leidet, können die Symptome der Depression dazu führen, dass der Diabetes sich verschlimmert. Wer an Diabetes leidet, der hat teilweise hunderte Entscheidungen mehr pro Tag zu treffen – regelmäßige Blutzuckermessung, Entscheidungen über die Insulindosis oder das tägliche Essen. Das alles führt zu einem hohen Mental Load. Wenn dann noch depressive Symptome erlebt werden, fehlt häufig die Kraft, sich in diesem notwendigen Ausmaß mit dem Umgang mit Diabetes zu beschäftigen.
Der Einfluss antidepressiver Medikamente
Auch die Einnahme antidepressiver Medikamente kann Diabetes fördern. Das liegt daran, dass manche Medikamente gegen Depression den Blutzucker erhöhen und zu Gewichtszunahme führen können. Andere Antidepressiva beeinflussen den Bedarf an Insulin, sodass es schwieriger wird abzuschätzen, wie viel Insulin gespritzt werden muss. Diese Nebenwirkungen können dazu führen, dass Diabetes entstehen oder sich verschlimmern kann, wenn keine sorgfältigen Kontrollen stattfinden.
Wie Diabetes zu Depression führen kann
Aber auch andersherum kann ein bestehender Diabetes die Entwicklung von emotionalen Belastungen bis hin zur Depression begünstigen:
Psychische Belastung durch die chronische Erkrankung
Diabetes ist eine chronische Erkrankung, mit der sich Betroffene ständig beschäftigen und auseinandersetzen müssen. Das kann eine große Belastung für viele Lebensbereiche sein. Neben all den Dingen, die bezüglich Ernährung, Blutzuckerwerten und Insulinbedarf beachtet werden müssen, kommt auch die Angst vor Über- oder Unterzuckerung oder möglichen Folgeerkrankungen dazu. Das kann für Betroffene viel Druck und Stress auslösen. Und das kann bei manchen eben zu emotionaler Belastung bis hin zur Depression führen.
Veränderungen der Gehirnstruktur
Auch können Blutzuckerschwankungen direkt eine Depression begünstigen. Besonders wenn der Blutzucker nicht gut eingestellt ist, kann Diabetes über viele Jahre hinweg zu Veränderungen des Gehirngewebes führen. Diese beobachteten Veränderungen wurden in ähnlicher Weise auch bei Menschen mit Depressionen gefunden. Deswegen geht man davon aus, dass dieser Prozess auch die Entstehung von depressiven Erkrankungen fördern kann.
Faktoren, die beide Erkrankunge beeinflussen
Neben den direkten Wechselwirkungen zwischen Diabetes und Depression gibt es auch gemeinsame Risikofaktoren, die beide Erkrankungen begünstigen können:
Umwelt- und Lebensstilfaktoren
Verschiedene Faktoren in der Art und Weise, wie eine Person lebt, können gleichermaßen einen Einfluss auf Diabetes und Depressionen haben. Es gibt einige ungünstige Lebensstilfaktoren, die sowohl Diabetes als auch Depression fördern können. Dazu gehören zum Beispiel: wenig körperliche Bewegung und Sport, Rauchen, emotionales Essen oder eine ungesunde Ernährung, zu wenig Schlaf und viel Stress.
Chronischer Stress
Stress möchten wir für den letzten Punkt noch einmal gesondert aufgreifen. Chronischer – also lang anhaltender – Stress kann dazu führen, dass zahlreiche Stresshormone ausgeschüttet werden. Dazu gehören zum Beispiel Cortisol und Adrenalin. Diese Hormone helfen unserer Psyche bei akutem Stress mit diesem umzugehen. Auf Dauer erhöht können sie aber Veränderungen im Körper und Gehirn fördern, was wiederum viele Erkrankungen begünstigt. Dazu gehören unter anderem auch Diabetes und Depressionen.
Was sind „normale” Stimmungsschwankungen bei Diabetiker:innen und wo beginnt die Depression?
Normale Stimmungsschwankungen kennen wir alle. Doch besonders wer unter einer chronischen Krankheit wie Diabetes leidet, kommt sicher häufiger mal an den Punkt, an dem man sich Fragen stellt wie: „Warum ausgerechnet ich?” Dann ist es durchaus nachvollziehbar, als Diabetiker launisch zu reagieren und sich traurig, frustriert oder wütend zu fühlen. Das ist erst mal ganz normal. Trotzdem fragst du dich vielleicht: „Bin ich depressiv?”
💡 Gut zu wissen: Eine Depression unterscheidet sich von vorübergehenden Stimmungsschwankungen durch ihre Dauer und Intensität. Typische Symptome einer Depression sind anhaltende Traurigkeit, Interessenverlust, Hoffnungslosigkeit, Schlafstörungen oder Konzentrationsprobleme, die über Wochen oder Monate anhalten.
Wenn du merkst, dass deine gedrückte Stimmung nicht nach ein paar Tagen wieder verschwindet, sondern länger anhält, solltest du darüber nachdenken, dir professionelle Unterstützung zu suchen.
Therapie – an wen kann ich mich wenden?
Eine erste Ansprechperson kann deine Hausärztin oder dein Hausarzt sein. Hier bist du wahrscheinlich schon mit deinem Diabetes in regelmäßiger Behandlung. Wenn du merkst, dass deine Stimmung in letzter Zeit deutlich schlechter ist, dann sprich das direkt bei ihm oder ihr an. So kannst du eine erste Einschätzung und Tipps für eine psychotherapeutische Beratung erhalten.
Ist es dir unangenehm, dich deinem Arzt oder deiner Ärztin gegenüber zu öffnen? Dann kannst du dir bewusst machen, dass es sehr viele Menschen gibt, denen es ganz ähnlich geht wie dir. Dein Gegenüber hat also schon viel Erfahrung in diesem Bereich und hört häufiger von Beschwerden wie deinen. Wenn es dir Sicherheit gibt, kannst du dich mit unseren Tipps außerdem gezielt auf das Arztgespräch vorbereiten.
Du kannst dich natürlich auch direkt an einen Psychotherapeuten oder eine Psychotherapeutin wenden. Diese bieten ebenfalls Sprechstunden an, in denen du eine erste Beratung erhältst.
Eine bei Depressionen gut erforschte und wirksame Behandlung, egal ob mit oder ohne Diabetes, bietet die kognitive Verhaltenstherapie. Darin lernst du, negative Gedanken zu erkennen und zu verändern, Stress abzubauen und Bewältigungsstrategien für den Umgang mit beiden Erkrankungen zu entwickeln.
Therapie bei Diabetes und Depressionen
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Quellennachweis
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