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Die Social Media Depression – ein Phänomen des digitalen Zeitalters?

Social Media – ein Ort voller Inspiration und Kollektivitätsgefühl? Nicht immer. Dass die sozialen Medien oft auch Risiken bergen, haben wir wohl geahnt. Dass sich ein Zusammenhang mit offiziellen Diagnosen herstellen lassen würde, wollten wir womöglich nicht wahrhaben. Die Social Media Depression: ein echtes Phänomen der Neuzeit? Warum die digitale Welt uns so in ihren Bann zieht, wie Social Media die Psyche beeinflusst und was du tun kannst, wenn du unter deinem Social Media Konsum leidest – darauf haben wir die Antworten.

Social Media – Suchtfaktor to go 

Der Hunger nach Likes, die Angst, etwas zu verpassen (fear of missing out, kurz FOMO) und die stetige Konfrontation mit unrealistischen Schönheitsidealen – der digitale Kosmos kann unsere psychische Gesundheit negativ beeinflussen. Von verzerrten Lebenswelten und Erfolgsversprechen über Shitstorms und Verschwörungsmythen bis hin zu radikalen Bewegungen – Social Media ist manchmal ein dunkler Ort. Was einst eine progressive Idee war – die Verbindung von Menschen auf dem gesamten Globus – entgleitet uns manchmal und mutiert zu etwas, dessen Einflussnahme wir noch nicht wirklich abschätzen können. Doch kann Social Media zu Depressionen führen?

Was sagt die Forschung zu Social Media und Depressionen?

Die Auswirkungen von Social Media auf die Psyche wurden bereits ausgiebig in der Forschung untersucht. Die Ergebnisse sind jedoch nicht immer eindeutig. Studien zeigen, dass negative Interaktionen und sozialer Vergleich auf den Netzwerkseiten zu einem höheren Level von Depression und Angst führen können. In 8 der Studien konnte ein Zusammenhang von der Häufigkeit der Social Media Nutzung und Depression gefunden werden. Doch die Ergebnisse waren gemischt – so zeigte sich in 16 weiteren Studien kein direkter Zusammenhang zwischen der Nutzungsfrequenz von Social Media und Depression. 

Anders sieht es aus, wenn es um aktive Nutzung – wie das Posten von Bildern geht. Je häufiger aktiv Content auf Social Media gepostet und je mehr interaktiv kommuniziert wurde, desto deutlicher können teilweise die depressiven Symptome ansteigen. Und:

Je mehr Zeit die Studien-Teilnehmenden auf Facebook verbrachten, desto stärker stiegen depressive Symptome an.

Die Ergebnisse einer Studie zu Studierenden und deren Social Media Nutzung zeigten außerdem: Je mehr Zeit auf Social Media verbracht wurde, desto weniger Interesse blieb für Offline-Aktivitäten, Konzentrationsprobleme entstanden und Gefühle der Einsamkeit stiegen.

Social Media Depression – wie beeinflusst Social Media unsere Psyche?

Deutlich wird, dass einige Faktoren aus der Welt der sozialen Medien einen negativen Einfluss auf unsere Psyche haben können. Daher können sie die Entwicklung einer Depression begünstigen.

Problematisch kann dabei zum einen sein, dass unser Belohnungssystem ständig aktiviert wird – jedes Like, jeder neue Follower – das alles sorgt für eine Ausschüttung positiver Botenstoffe in unserem Gehirn. So kann eine richtige Social Media Abhängigkeit entstehen. Bleiben diese Belohnungen aus, erhalten wir zu wenig Likes, Kommentare und positives Feedback, können sich unangenehme Gefühle einstellen und unsere Stimmung leidet. Schlimmstenfalls kommt es sogar zu Hate-Kommentaren oder Cyber-Mobbing und damit zu einer möglichen starken psychischen Belastung. 

  1. Oft folgt auch der soziale Vergleich. Wir vergleichen uns mit anderen, um uns selbst besser einschätzen zu können. Das ist erst einmal gar nicht verkehrt und kann auch motivieren. Der Vergleich in den sozialen Medien findet aber oft auf einer unrealistischen Ebene statt und kann daher negative Folgen haben. Die Konsequenzen können Selbstwerteinbußen, Unzufriedenheit und ein erhöhter Leistungsdruck sein.
  1. Je mehr Zeit wir in der digitalen Welt verbringen, desto weniger Zeit bleibt für wichtige angenehme Aktivitäten, die uns als Ressourcen in der echten Welt dienen. Es kann auch zu einem Verlust von Interesse an den eigenen Aktivitäten kommen. Persönliche Kraftgeber wie Sport bleiben dann auf der Strecke. Dabei sind sie wichtig für unsere Gesundheit, unser Gehirn und für unser allgemeines Wohlbefinden.
  1. Zeit ist ein gutes Stichwort, denn Studien zeigen wenn wir mehr Zeit online verbringen, leiden möglicherweise unsere Sozialkontakte darunter. Zwar kann auch ein Gefühl der Verbundenheit und der sozialen Unterstützung durch Soziale Medien entstehen, dennoch können sie den direkten Kontakt nicht ersetzen. Mögliche Folgen sind also der soziale Rückzug und Gefühle von Einsamkeit. 
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Wie kannst du einer Social Media Depression aktiv entgegenwirken?

Was ist zu tun, wenn du das Gefühl hast, dass Social Media einen negativen Einfluss auf deine Psyche hat? Wir haben 5 wichtige Strategien einmal für dich zusammengefasst!

1Rationalisieren

Eine bekannte Influencerin sonnt ihre #Hotdoglegs in Dubai, während du auf der Couch in Osnabrück liegst? Deine Freunde und Freundinnen waren wieder beim legendären Konzert und du warst nicht dabei? Doch mach dir bewusst: Niemand zeigt Liebeskummer, Tütensuppe oder das Katzenklo. All diese verzerrten Realitäten, diese einseitigen Darstellungen können zugegebenermaßen an unserem Selbstwert nagen. Sie sagen aus: „Allen Menschen geht es blendend – nur mir nicht …“

Versuche, das, was du auf Social Media wahrnimmst, zu rationalisieren. Das heißt, sie einmal ganz objektiv zu betrachten und anhand der Wirklichkeit zu überprüfen.

Diese digitale Welt ist nicht echt – auch die Influencerin hat furchtbare Tage und vermisst möglicherweise ihre Familie. Außerdem: Urlaub zu machen, wo Menschenrechte keine Rolle spielen, kommt für dich vielleicht eher nicht infrage. Versuche, dir die Verzerrung der virtuellen Welt vor Augen zu halten.

2Werte definieren

Die Likes bleiben aus und die Stimmung sinkt? Probiere auch hier den Fokus zurück in die echte Welt zu bringen, um einer depressiven Verstimmung durch Social Media vorzubeugen. Ist es nicht viel wichtiger, dass du gute enge Freundinnen und Freunde hast, die jederzeit für dich da sind? Dass deine Familie dich lieb hat? Und dein Hund gerade seine kleine Schnauze auf deinen Schoß legt? Versuche, deine inneren Werte zu definieren – was ist für dich wirklich wichtig?

3Detox

Was dem Influencer seine Saftfastenkur – ist uns der Social Media Detox. Schon mal probiert? Statt der Kilos purzelt dann der Stress. Lösche die Apps einfach mal radikal von deinem Smartphone und schaue für eine Woche, wie es sich anfühlt.

Nicht ganz so radikal gewünscht? Teste doch Social Media-freie Zeit. Das Smartphone einfach mal aus dem Schlafzimmer verbannen, kann bereits echte Wunder bewirken.

4Change it

Entfolge Personen und Profilen, die dir kein gutes Gefühl geben. Verbreite positive Inhalte in den sozialen Netzwerken und kreiere einen echten Mehrwert für deine Community. Kremple Social Media um und schaue, wie es dir damit geht.

5Delete it

Du willst einfach die Reißleine ziehen? Dann lösche deine Social Media Profile. Trau dich und probiere aus, wie befreiend das wirken kann. Plötzlich gibt es viel mehr Zeit und Fokus für die reale Welt. Finde zurück zu deinen persönlichen Kraftgebern, versuche deine Ressourcen zu aktivieren und höre auf deine Bedürfnisse. Was brauche ich gerade? Was tut mir gut? Vielleicht ein neues Hobby? Einen Anruf bei Oma?

Solltest du Gefühle der Hoffnungslosigkeit und eine ständige Antriebslosigkeit verspüren, kann es hilfreich sein, Unterstützung zu suchen. Du kannst mit einer Psychotherapeutin sprechen oder unseren psychologischen Online-Kurs für Depressionen ausprobieren. Schaue gerne einmal auf unserer Kursseite vorbei.

Social Media und der Lichtblick

Zum Schluss noch eine gute Nachricht. Denn Studien zeigen eben auch, dass positive Interaktionen wie soziale Unterstützung und soziale Verbindung auf Social Media konsistent zu niedrigeren Leveln von Depression und Angst führen. Es ist also noch nicht Hopfen und Malz verloren. In Social Media steckt ein möglicher Mehrwert und Potenzial. Darum ist es uns von HelloBetter wichtig, unterstützenden und informativen Content rund um die Themen Psychologie und Psychotherapie auf unseren Social Media Kanälen zu veröffentlichen. Die sozialen Medien werden nicht mehr verschwinden – und das sollen sie auch gar nicht. Aber es ist an uns, sie so zu verändern, dass etwas Positives bleibt.

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  • Quellennachweis
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