Was ist Niedergeschlagenheit überhaupt?
Schauen wir uns zunächst sprachlich an, was mit Niedergeschlagenheit gemeint sein könnte. Niedergeschlagenheit hat offenbar etwas damit zu tun, dass sich ein eher positives Gefühl negativ verändert. Ob schlagartig oder schleichend: Nach unten geht es nur, wenn etwas, wie die Stimmung, schon mal oben war.
Überprüfe das für dich und beobachte mal, ob Niedergeschlagenheit tatsächlich eher für dich spürbar ist, weil es dir vorher besonders oder einfach eine Zeit lang ganz gut ging. Das kann dazu beitragen, die Niedergeschlagenheit nicht als Katastrophe zu sehen.
Ähnlich, wie wenn es einen Wetterumschwung gab, wir aus dem Fenster sehen und feststellen müssen: „Mist, jetzt regnet es” – witzigerweise bezeichnen wir Regen ja auch als Niederschlag. Wetterveränderungen ähneln tatsächlich Stimmungsschwankungen. Manchmal wachen wir morgens auf und bemerken: „Wie blöd, heute fühle ich mich niedergeschlagen.” Damit kannst du gleichzeitig das Gefühl der Dankbarkeit trainieren, indem du innerlich hinterher schiebst: „Bin ich dankbar, dass es mir in meinem Leben häufig anders geht und ich mich oft gut fühle.”
Dem Gefühl nachspüren
Du kannst außerdem versuchen, das Gefühl der Niedergeschlagenheit im Körper zu lokalisieren: Wo spürst du Niedergeschlagenheit?
Fühlt sich dein Bauch verkrampft an oder hast du ein Druckgefühl im Kopf? Vielleicht erlebst du auch eine Enge in der Brust. Wie atmest du, wenn du niedergeschlagen bist – flach oder tief? Bei vielen Menschen geht Niedergeschlagenheit auch mit körperlicher Müdigkeit oder Antriebslosigkeit einher.
Ob du dich niedergeschlagen fühlst oder ob es sich um verwandte Gefühle wie Traurigkeit oder Bedrücktheit handelt, kannst letztendlich nur du selbst wissen. Häufig wechseln sich diese Gefühle auch ab oder sind sogar zur selben Zeit spürbar.
Woher kommt Niedergeschlagenheit?
Wenn wir uns nicht gut fühlen, möchten wir gerne die Ursache dafür kennen. Wir denken, wenn wir sie gefunden haben, können wir sie beseitigen und dann wird es uns besser gehen. Wenn du allerdings einen Blick zurückwirfst, musst du wahrscheinlich feststellen, dass diese Strategie meistens nicht gut funktioniert: Wenn wir anfangen, darüber nachzudenken, warum es uns schlecht geht, entstehen daraus nur allzu leicht Grübelgedanken, die wiederum zum Unwohlsein beitragen.
Interessanter wird es, wenn wir uns fragen: Was ist das Ziel meiner Niedergeschlagenheit? Dieser Ansatz, nicht nach Ursachen, sondern nach dem Zweck zu fragen, stammt aus der Individualpsychologie.
Die Theorie ist, dass jeder Mensch ganz individuelle Gründe hat, bestimmte Gefühle wie Traurigkeit zu entwickeln. Denkbar wäre zum Beispiel, dass wir unliebsame Aktivitäten absagen, wenn wir uns niedergeschlagen fühlen oder dass wir es uns erst dann erlauben, jemanden zu kontaktieren und zu sagen: „Mir geht es nicht gut.” Was wir eigentlich brauchen, ist vielleicht Zuwendung, andere Aktivitäten oder Zeit alleine. Hast du eine Idee, wozu das Gefühl der Niedergeschlagenheit bei dir „gut” sein könnte?
Ganz wichtig ist, dass es bei dieser Frage nicht darum geht, dass du dich niedergeschlagen fühlen oder etwas manipulieren willst. Es geht darum, mit deinen Bedürfnissen in Kontakt zu kommen, mit dem, was du eigentlich brauchst. Wenn du dich diesen Bedürfnissen widmest, kann sich auch die Niedergeschlagenheit schneller wieder verändern.
Die Rolle der Gedanken
Eben haben wir uns schon angesehen, wie sich Niedergeschlagenheit körperlich äußern kann. Wichtig ist, dass Gefühle auch immer etwas mit unseren Gedanken zu tun haben. Wenn du dich niedergeschlagen fühlst, denkst du wahrscheinlich über etwas nach, was dich niederschlägt.
Anstatt deine Gedanken unbeobachtet ihr „Unwesen” treiben zu lassen, kannst du dich einklinken und ihnen mal zuhören – stell dir dafür vielleicht vor, dein Kopf wäre ein Radio, aus dem die Gedanken dudeln.
Versuche unbeteiligt, allenfalls interessiert zu bleiben. Gehe nicht auf die Gedanken ein, spinne sie nicht aktiv weiter und versuche nicht, sie zu verändern. Mit der Zeit kannst du bemerken, dass sie das von ganz alleine tun. Diese Technik, einen gewissen Abstand zu den eigenen Gedanken herzustellen, stammt aus der Akzeptanz- und Commitmenttherapie und wird Kognitive Defusion genannt. Sich von negativen Gedanken zu distanzieren führt mit etwas Übung dazu, dass wir mehr innere Ruhe erleben. Wir kämpfen dann nicht mehr gegen etwas an, das wir ohnehin nicht kontrollieren können: unser Gedankenkarussell.
Was tun bei Niedergeschlagenheit?
Fassen wir noch einmal zusammen. Du hast in diesem Artikel 4 Strategien kennengelernt, die du einsetzen kannst, wenn du dich niedergeschlagen fühlst:
1Keine Katastrophe
Nach Sonnenschein kommt Regen, das können wir nicht nur in der Natur, sondern auch in unserer Gefühlswelt beobachten. Das zu wissen kann helfen, dich nicht gleich übermäßig zu sorgen, wenn du dich niedergeschlagen fühlst.
2Dankbarkeit
„Ich bin dankbar, dass ich schon häufig anderer Stimmung war.“ Dankbarkeit kann – vor allem regelmäßig praktiziert – erwiesenermaßen zum Wohlbefinden beitragen. Wie wärs, wenn du jeden Tag 3 Dinge aufschreibst, für die du dankbar bist? So kannst du Niedergeschlagenheit sogar vorbeugen, weil du deinen Blick auf das richtest, was bereits positiv in deinem Leben ist. So entgehst du auch der möglichen Falle des Positiven Denkens.
3Wozu brauche ich die Niedergeschlagenheit?
Komische Frage, große Wirkung: Welchen Zweck erfüllt dieses Gefühl momentan bei dir? Falls dir die Frage negativ aufstößt, kannst du dich auch einfach fragen: Was brauche ich momentan, damit es mir gut geht? Auf deine Bedürfnisse zu achten ist das Herzstück der Selbstfürsorge.
4Distanz zu Gedanken
Kognitive Defusion heißt das umständliche Zauberwort. Wenn deine Gedanken nicht mehr automatisiert deine Gefühlswelt bestimmen, sondern du ihnen objektiv Gehör schenkst, wie etwa einem Radiobeitrag, haben sie weniger Einfluss auf deine Stimmung.
Dauerhaft niedergeschlagen: Wann sollte ich mir Unterstützung suchen?
Wenn es um psychisches Leiden geht, lautet die Devise immer: lieber früher als später. Oftmals ist es schwierig, im Alleingang zwischen vorübergehender Niedergeschlagenheit, Traurigkeit, einer depressiven Verstimmung oder einer depressiven Episode zu unterscheiden. Zögere deshalb nicht, dir psychotherapeutischen Rat zu suchen. Insbesondere, wenn du dich bereits fragst: Bin ich depressiv? Eine Fachperson kann dir mit Sicherheit weiterhelfen.
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