Was bedeutet Gaslighting?
Der Begriff Gaslighting stammt aus dem Psychothriller „Gaslight“ (dt. „Das Haus der Lady Alquist”), der 1944 über die Kinoleinwände flimmerte und gut beschreibt, was hinter dieser Gewaltform steckt. Der Film handelt von Paula, einer jungen Frau, der von ihrem Ehemann weisgemacht wird, sie sei „verrückt”. Während der Ehemann flackernde Lichter und knarrende Schritte auf dem fest verschlossenen Dachboden inszeniert, zweifelt Paula zunehmend an ihrem eigenen Verstand. Schließlich behauptet ihr Mann, er selbst könne all das weder sehen noch hören.
Gaslighting ist eine Form der psychischen Gewalt, bei der eine Person insofern manipuliert wird, dass sie an sich, ihrer Wahrnehmung, ihrem Gedächtnis und dem eigenen Verstand zweifelt. Das kann stark verunsichern und den Selbstwert negativ beeinflussen.
Wie funktioniert Gaslighting genau?
Gaslighting ist ein perfides „Spiel” mit dem Verstand und der Psyche der Opfer. Durch gezielte Unwahrheiten und Manipulation der Umwelt suggeriert der Gaslighter oder die Gaslighterin, dass das Gegenüber den eigenen Sinnen und dem, was er oder sie eigentlich für wahr hält und über sich denkt, nicht mehr trauen kann.
Dabei ist Gaslighting nicht eine große einmalige Manipulation, sondern vielmehr ein schleichender, konstanter Prozess der Verunsicherung, des Anzweifelns, der Desorientierung und Verleugnung. Zum Beispiel versteckt der Gaslighter absichtlich die Autoschlüssel des Opfers, um ihm zu verdeutlichen, wie schusselig und vergesslich es doch ist. Mit solchen Manipulationen oder oft unauffälligen Sätzen, denkt das Opfer nach einiger Zeit, es würde wirklich stimmen, dass es schrecklich vergesslich, nicht gemocht, unfähig, übertrieben eifersüchtig oder sonst etwas sei, was der Täter oder die Täterin suggeriert.
Auch wenn Gaslighting Beispiele in der Literatur und im Film oft Frauen als Opfer und Männer als Täter zeigen, kann jedes Geschlecht in beiden Rollen betroffen sein. Auch findet Gaslighting nicht nur in Liebesbeziehungen, sondern auch in Freundschaften, am Arbeitsplatz oder in der Familie statt. Das dort herrschende Vertrauensverhältnis ist eine Grundvoraussetzung für Gaslighting.
Zweifel an den Aussagen des Täters oder der Täterin werden schnell im Keim erstickt. „Du kriegst gar nicht mit, wie du immer bist.“, „Das hast du dir nur eingebildet!“ oder „Hast du das etwa nicht gemerkt?“ – Mit solchen Aussagen werden Opfer von Gaslighting weiter verunsichert. Bis die Zweifel irgendwann leiser und die Lügen zu gefühlten Wahrheiten werden.
Was macht es so gefährlich?
Gaslighting ist unter anderem deshalb so gefährlich, weil es von Außenstehenden und Betroffenen selbst nur schwer zu erkennen ist. Durch gezielte Manipulationen und die Selbstzweifel an der eigenen Wahrnehmung oder dem Verstand wird es auf Dauer immer schwerer, sich aus der toxischen Beziehung zum Täter oder zur Täterin zu lösen. Diese oder dieser versucht oft zudem, das Opfer von anderen sozialen Kontakten zu isolieren – eine emotionale Abhängigkeit kann entstehen. Auch steigt das Risiko für psychische Erkrankungen bei den Betroffenen.
Gaslighting: Anzeichen erkennen
Du fragst dich, wie du Gaslighting erkennen kannst oder ob das, was du erlebst, vielleicht sogar schon dieser Art der psychischen Gewalt entspricht? Preston Ni, Autor des Buches „How to successfully handle gaslighters and stop psychological bullying”, hat dafür 7 Gaslighting Anzeichen formuliert. Wir haben sie einmal für dich zusammengefasst.
1Lügen und Übertreibungen
Der Täter oder die Täterin verbreitet negative Geschichten und Lügen über dich. Sowohl dir selbst als auch Dritten gegenüber.
2Wiederholungen
Indem beim Gaslighting eine Unwahrheit immer und immer wiederholt wird, untermauert der Täter oder die Täterin den angeblichen Wahrheitsgehalt und festigt die Lügen somit.
3Eskalationen
Konfrontierst du den Täter oder die Täterin mit ihren Handlungen oder Lügen, schaltet er oder sie auf Angriff. Statt das eigene Lügen zuzugeben, wirst du erst recht bloßgestellt, als verrückt betitelt oder dir wird vorgeworfen, dir das alles nur einzubilden. Auf diese Weise sät er oder sie erneut Zweifel in dir.
4Den anderen mürbe machen
Selbst, wenn du zu Beginn des Gaslighting noch der Wunsch und die Anstrengungen verspürst, dem Täter oder der Täterin Paroli zu bieten und dich zu wehren, lässt dies in der Regel nach einiger Zeit nach. Durch konstante und ausdauernde „Gehirnwäsche” bist du nach einiger Zeit selbst resigniert, pessimistisch, ängstlich oder voller Zweifel.
5Abhängigkeit
Indem du ständig in die Lage versetzt wirst, dich unsicher, ängstlich oder „nicht ganz bei Sinnen” zu fühlen, gerätst du zunehmend in eine emotionale Abhängigkeit zum Täter oder zur Täterin. Dir wird suggeriert, dass du nur durch dein Gegenüber die so dringend benötigte Sicherheit und Unterstützung erfahren kannst.
6Falsche Hoffnungen
Gaslighting muss nicht bedeuten, dass eure Beziehung nur von Herabwürdigung und Verunsicherung geprägt ist. Auch Momente, in denen die andere Person liebenswert, nett und verständnisvoll wirkt, kommen vor. Diese Momente wecken in dir die falsche Hoffnung, dass vielleicht doch alles „nicht so schlimm” ist. Dabei kann jedoch auf die kurzfristigen Momente, in denen du dich sicher und geborgen wägst, schnell der nächste Gaslighting-Angriff folgen.
7Dominanz und Kontrolle
Das Ziel von Gaslighting ist Kontrolle und Dominanz. Durch das Netz von Lügen und Manipulation hält der Täter oder die Täterin dich in einem Dauerzustand aus Unsicherheit, Zweifel und Angst. Auf dieser Grundlage kann er oder sie die eigene Macht und den persönlichen Gewinn steigern.
Was kann ich dagegen tun?
Wenn du Opfer von Gaslighting bist, ist es wichtig, dass du etwas unternimmst. Ein erster wichtiger Schritt ist es, dass du wachsam und aufmerksam gegenüber Bemerkungen und Manipulationsversuchen bist. Denn wenn du die Gaslighting Anzeichen erkennst, kannst du aktiv dagegen vorgehen. Sprich mit Menschen, die dich gut kennen über deine Zweifel und lasse dich nicht von deinem sozialen Umfeld isolieren. Setze klare Grenzen und signalisiere der anderen Person, dass du zum Beispiel das Erzählen negativer Geschichten dir gegenüber, aber auch in Anwesenheit Dritter nicht duldest.
Vertraue dir selbst und deiner Wahrnehmung. Deine Eindrücke und das, an was du dich erinnerst, sind nicht automatisch falsch, nur weil jemand anderes das behauptet.
Wenn du dir unsicher bist und du den Verdacht hegst, dass du manipuliert wirst, kannst du auch Tagebuch über deine Eindrücke führen. So kannst du später für dich bei der Frage „Ist das wirklich so passiert?” auf etwas zurückgreifen.
Suche dir Hilfe
Wenn dein Grenzen setzen und das, was du sagst, immer wieder von deinem Gegenüber missachtet und kleingeredet wird, löse dich aus der Beziehung. Oft ist das leichter gesagt als getan und braucht Unterstützung. Hilfe für Betroffene psychischer Gewalt in Beziehungen findest du unter anderem:
- beim Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ (kostenlos rund um die Uhr unter der 08000 116 016 )
- beim Hilfetelefon „Gewalt an Männern” (zu bestimmten Sprechzeiten unter der 0800 123 9900)
- im Weißen Ring e.V. (Opfer-Telefon 116 006, täglich, 7 – 22 Uhr)
- in Frauenhäusern oder bei Frauenberatungsstellen.
Manchmal kann es auch sinnvoll sein, eine Psychotherapie zu machen, um Geschehenes zu verarbeiten, deinen Selbstwert und dein Selbstbewusstsein zu stärken und deine Ressourcen zu aktivieren.
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