Was ist die Definition von People Pleasing?
Der englische Begriff People Pleasing beschreibt die Neigung, es ständig anderen Menschen (People) recht machen und ihnen gefallen zu wollen (Pleasing).
People Pleaser zeigen in der Regel ein Verhalten, bei dem sie ständig versuchen, die Bedürfnisse, Wünsche und Erwartungen anderer zu erfüllen. Häufig stellen sie dabei ihre eigenen Interessen, inneren Werte und Grenzen zurück.
Wichtig ist aber, dass es sich beim People Pleasing nicht um eine psychische Erkrankung oder offizielle Diagnose handelt. Vielmehr beschreibt der Begriff ein psychologisches Phänomen, das mit bestimmten Charaktereigenschaften einhergeht. Wie bei allen psychologischen Phänomenen gehen wir davon aus, dass es sich aus einer Mischung aus Lernerfahrungen und von Geburt an mitgegebenen Anlagen entwickelt.
Welche Anzeichen sind typisch für People Pleaser?
Was unterscheidet People Pleasing von normaler Hilfsbereitschaft, Vergebungsbereitschaft und Freude über die Anerkennung anderer? Das sind nämlich alles erst mal gute und schöne Eigenschaften. People Pleasing geht jedoch zusätzlich mit der permanenten Sorge darum einher, was andere wohl von einem denken. Ein People Pleaser beobachtet sein eigenes Verhalten ständig durch die Augen der anderen und passt das eigene Denken, Fühlen und Handeln daran an. Oder anders gesagt: Ein People Pleaser tut oder lässt Dinge, damit andere ihn oder sie mögen.
Mögliche Anzeichen dafür, dass du zu People Pleasing neigst:
- Es fällt dir schwer, „Nein” zu sagen, deshalb sagst du meistens „Ja” zu Einladungen, selbst wenn du vielleicht gar keine Lust oder Zeit dazu hast. Um abzusagen, musst du dir schon eine wirklich gute Ausrede einfallen lassen.
- Probleme und Unzufriedenheit werden von dir in der Regel nicht angesprochen, denn du möchtest Konflikte und Streit um jeden Preis vermeiden.
- Du äußerst deine eigenen Wünsche, Bedürfnisse und Meinungen nur selten, denn die Wünsche und Bedürfnisse der anderen erscheinen dir viel wichtiger
- Du gibst alles, um eine gute Mutter, ein guter Vater, eine gute Freundin oder ein guter Partner zu sein – auch dann noch, wenn du eigentlich völlig erschöpft bist und weder Zeit noch Energie übrig hast.
- Du entschuldigst dich übermäßig oft und hast Schuldgefühle – selbst für die Dinge, die gar nicht von dir verschuldet wurden.
Welche negativen Folgen kann People Pleasing haben?
Es ist natürlich etwas Schönes, andere Menschen glücklich zu sehen. Doch die ständige Tendenz, niemandem auf die Füße treten und es anderen recht machen zu wollen, kann auch belasten. So kann es sein, dass du ständig über deine eigenen Grenzen gehst und dich selbst immer nur an zweite – oder eben achte – Stelle stellst. Du bekommst vielleicht deine eigenen Wünsche nicht erfüllt oder gemeinsame Projekte machen dir keinen Spaß, weil du immer nur die Aufgaben übernimmst, die andere nicht machen möchten. Vielleicht fühlst du Erschöpfung vom ständigen Mit-sich-Hadern oder dem schlechten Gewissen, jemanden enttäuscht zu haben. Vielleicht stauen sich Ärger und Frustration auf, weil du schon wieder um des lieben Friedens willen gemacht hast, was andere vermeintlich von dir erwarten. Oder du ziehst dich zurück, weil du schwierigen Situationen oder Konflikten aus dem Weg gehen möchtest.
All das können Folgen von People Pleasing sein, die dir auf Dauer vermutlich nicht guttun. Es lohnt sich also, deinem eigenen Verhalten auf den Grund zu gehen und zu schauen, ob und an welcher Stelle du etwas verändern möchtest.
Gut zu wissen
Kann People Pleasing zu Burnout führen?
In manchen Fällen kann People Pleasing auch zu stärkerer psychischer Belastung führen. Menschen, die sich ständig bemühen, die Erwartungen anderer zu erfüllen, ihre eigenen Bedürfnisse vernachlässigen und Schwierigkeiten haben, Grenzen zu setzen, fühlen sich oft überlastet und gestresst. Dieser anhaltende Stress kann sich im Laufe der Zeit aufbauen und letztendlich sogar zu Burnout führen.
Welche Ursachen stecken hinter People Pleasing?
Es gibt nicht die eine Ursache, warum People Pleaser bestimmte Verhaltensweisen zeigen. Wir alle haben unsere persönliche Lebensgeschichte, die unsere Persönlichkeit und unseren Charakter geformt hat. Welche Erlebnisse aber möglicherweise die Charaktereigenschaften eines People Pleasers gefördert haben könnten, haben wir dir hier aufgelistet:
1Umgang mit Konflikten
Wenn du in der Kindheit und Jugend vielen Konflikten ausgesetzt warst, die nicht konstruktiv oder produktiv gelöst wurden, können sich Charakterzüge eines People Pleasers entwickeln. Was ist damit gemeint? Wenn du nicht gelernt hast, dass Konflikte auch positive Ergebnisse haben können – nämlich wenn sie zu Lösungen führen und es danach eine Versöhnung gibt – dann kann ein Konflikt für dich etwas Bedrohliches sein. Typischerweise entwickeln betroffene Personen manchmal den negativen Glaubenssatz, dass sie dafür verantwortlich sind, dass es anderen wieder gut geht.
2Phasen negativer Erfahrungen
Eine oder einzelne Phasen mit starken negativen Erfahrungen, wie beispielsweise ein Jahr, in dem du Mobbing in der Schule erfahren hast, kann auch zu einem späteren People Pleasing führen. Betroffene können die Tendenz entwickeln, alles dafür zu tun, dass eine solche Katastrophe nie wieder vorkommt – indem sie zum Beispiel sich selbst immer an andere anpassen.
3Persönlichkeitsfaktoren
Menschen, die besonders gewissenhaft oder perfektionistisch veranlagt sind, können auch Charakterzüge eines People Pleasers zeigen. Hierbei steckt gar nicht zwingend die Angst vor Ablehnung dahinter, sondern mehr das Bedürfnis, alles immer perfekt machen zu wollen und gestellte Anforderungen zu erfüllen.
4Prägung der Familie
Du hast keine schwere Kindheit gehabt und fühlst dich trotzdem wie ein People Pleaser? Vielleicht ist es in deiner Familie einfach ganz normal gewesen, dass immer sehr viel der Fokus auf andere gelegt wurde. Eine oder mehrere wichtige Personen deiner Kindheit haben sich vielleicht wie ein People Pleaser verhalten und du hast dir dieses Verhalten von deinen Bezugspersonen abgeschaut. Und das war vielleicht in den ersten 15 Jahren deines Lebens auch gar kein Problem – schließlich haben sich alle so verhalten und somit sind auch deine Bedürfnisse nicht zu kurz gekommen.
Ist People Pleasing immer ein Problem?
Damit kommen wir zu einem ganz wichtigen Punkt. People Pleasing muss nämlich nicht immer ein Problem sein. Menschen, die People Pleaser sind, zeigen dabei oft auch viele positive Charaktereigenschaften. Es sind nämlich häufig Personen, die sehr sensibel dafür sind, was um sie herum vorgeht. Wenn du durch die Welt gehst und dabei versuchst, es immer allen recht zu machen, lernst du dabei ganz automatisch „wie andere eigentlich ticken”. Du bist vielleicht sehr gut darin, Menschen zu lesen und zeigst eine hohe emotionale Intelligenz. Das sind Fähigkeiten, die andere Personen sich mit sehr viel Anstrengung antrainieren müssen. Häufig führen People Pleaser auch besonders gute, lange und enge Freundschaften. Sie haben es im beruflichen Kontext oft nicht so schwer anzukommen und Anschluss zu finden. Andere Menschen mögen sie häufig einfach gerne.
In vielen Situationen hat People Pleasing also Vorteile für dich und du darfst es durchaus als eine wichtige Ressource oder eine nützliche Fähigkeit ansehen.
Der Kontext entscheidet
Ob People Pleasing problematisch ist, hängt auch ganz stark vom Kontext ab. Wenn in einem Freundeskreis oder einer Familie eine Gruppe von People Pleasern aufeinandertrifft, hat nämlich oft keine dieser Personen ein Problem. Du bist nicht das Problem, weil du ein People Pleaser bist. Leidensdruck entsteht dann, wenn du dich in einem Umfeld befindest, in dem dein Verhalten nicht zu dem Verhalten anderer Menschen passt und deine Bedürfnisse dadurch zu kurz kommen. Die Frage ist also nicht, wie du deine Persönlichkeit komplett verändern kannst. Vielmehr geht es darum, neue Fähigkeiten zu entwickeln, die dir in solchen Situationen oder Kontexten, in denen etwas nicht zusammenpasst, helfen können, für dich einzustehen.
Was tun? Neue Erfahrungen schaffen
Hinter dem People Pleasing steht in den meisten Fällen die Angst vor Zurückweisung und/oder dem Verlust deiner sozialen Gruppe. Um diese tief liegende Angst Stück für Stück zu verändern, ist es wichtig, dass du neues Verhalten ausprobierst und gute, korrigierende Erfahrungen sammelst. Was wir damit sagen möchten, ist: Lerne „Nein” zu sagen, Grenzen zu setzen und deine Bedürfnisse zu kommunizieren.
Einfacher gesagt als getan. Damit das wirklich klappt, gilt es, sich gut vorzubereiten. Ein neues Verhalten solltest du möglichst nicht das erste Mal in einer schwierigen Situation ausprobieren. Also was heißt das? Versuche nicht bis zum nächsten Streit zu warten, um das erste Mal „Nein” zu sagen. Suche dir lieber erst mal einfache Situationen, um zu üben. Dafür möchten wir dir zwei Möglichkeiten vorstellen:
1Mit Freund:innen üben
Übe mit Menschen, die dich wirklich gern haben und denen du wichtig bist. Und noch besser – übe erst mal mit Menschen, die du darauf vorbereitet hast. Sprich zum Beispiel mit einer guten Freundin und sag ihr: „Du, ich werde vielleicht in nächster Zeit häufiger mal absagen oder Nein sagen. Ich versuche zu lernen, mehr auf meine Bedürfnisse und Grenzen zu hören. Und bei dir traue ich mich das, weil ich weiß, dass unsere Freundschaft so gefestigt ist, dass sie das aushält.” Und ob du es glaubst oder nicht, deine Freundin wird das nicht nur aushalten, sie wird sich vermutlich sogar für dich freuen, wenn es klappt und du mal „Nein” sagst.
2An unwichtigen Beziehungen üben
Eine weitere Möglichkeit ist es, dir für dich weniger wichtige Beziehungen auszusuchen. Genau dort zeigt sich nämlich besonders viel People Pleasing. Wie funktioniert das? Gemeint ist damit, zum Beispiel beim Friseur zuzugeben, wenn dir der neue Haarschnitt nicht gefällt und du dir noch etwas anderes wünschst. Oder im Restaurant mal etwas zurückgehen zu lassen, wenn du das falsche Gericht bekommen hast. Das kann sehr unangenehm sein, aber mit der Bedienung hast du keine Freundschaft, die in die Brüche gehen kann – also perfekt, um dein „Nein” zu üben.
Fazit: People Pleasing muss nichts Schlechtes sein
Freundlichkeit, Verträglichkeit, Empathie und Hilfsbereitschaft sind wichtige Eigenschaften, Werte und Stärken, von denen wir mehr in unserer Gesellschaft bräuchten. Das Ziel sollte deshalb nicht sein, sich diese Eigenschaften abzugewöhnen, sich stärker abzuhärten und sich gegen diejenigen abzuschotten, die Hilfe brauchen.
Wie wir gelernt haben, geht es nicht darum, sich selbst wichtiger zu nehmen als andere. Stattdessen geht es darum, sich selbst mit genau derselben Feinfühligkeit, Freundlichkeit und demselben Respekt zu begegnen, den du als People Pleaser auch anderen Menschen entgegenbringst.
Und damit tust du letztendlich auch den Menschen in deinem Umfeld einen Gefallen. Denn nur, wenn du bei dir selbst bist und gut für dich selbst einstehen kannst, hast du auch genügend Energie, um wirklich für andere da zu sein. Also eine Win-win-Situation!
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Quellennachweis
- Svoboda, E. (2008). Field Guide to the People-Pleaser: May I Serve as Your Doormat? Psychology Today. abgerufen von: https://www.psychologytoday.com/intl/articles/200805/field-guide-the-people-pleaser-may-i-serve-your-doormat
- Bossmann, U. (2023). People Pleasing: Raus aus der Harmoniefalle und weg mit dem schlechten Gewissen. Beltz-Verlag, Weinheim.
- Haghiri, S. & Fiebiger, V. (Moderator). (Juni 2023). People Pleasing (Live mit Friedl Achten) I Warum wir es immer allen recht machen wollen [Audio-Podcast]. In Die Lösung – der Psychologie Podcast. BR Plus. https://open.spotify.com/episode/4Illklgbt8J1fzFgc6Av6J?si=889e5674b7274670
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