Angst und Panikattacken
Angst ist ein normales, gesundes Gefühl, das zum Leben dazugehört. Sie lässt uns in potenziell gefährlichen oder herausfordernden Situationen wachsamer werden und hilft uns, den Fokus komplett auf die aktuelle Situation zu richten. Das kann helfen, kleinere und größere Herausforderungen zu meistern. Wenn Angst aber unangemessen stark ist, immer wieder auftritt oder anhaltend wird, kann sie zu einem Problem werden. Ständig in Angst und Sorge zu leben, kann unsere Lebensqualität einschränken. Insbesondere Panikattacken können geradezu quälend für Betroffene sein.
Was ist eine Panikattacke?
Eine Panikattacke ist ein plötzlicher Zustand intensiver Angst, der mit körperlichen Symptomen wie einer hohen Pulsfrequenz, Schwitzen und Schwindel verbunden sein kann. Panikattacken treten ohne ersichtlichen Grund auf und dauern in der Regel nur wenige Minuten an. Sie können sich jedoch erheblich auf die alltäglichen Aktivitäten, die Stimmung und auch wichtige Lebensentscheidungen auswirken, da sie zu starkem Leiden und Einschränkungen führen können.
Symptome einer Panikattacke
Die Symptome einer Panikattacke umfassen körperliche und emotionale Aspekte und wirken sich auf unser Verhalten aus. Einige der häufigsten Symptome sind:
- beschleunigter Herzschlag
- Herzklopfen oder -stolpern
- Schwindel
- Schwitzen
- Zittern
- Kurzatmigkeit
- Todesangst
- Angst verrückt zu werden oder Angst vor Kontrollverlust
Wichtig ist, dass diese Anzeichen von Panikattacken nicht nur in bestimmten Situationen oder an bestimmten Orten, zum Beispiel im Flugzeug (Flugangst) oder wenn du eine Spinne siehst (Spinnenphobie), auftreten. Bei Panikattacken weiß die betroffene Person nie, wo und wann es sie erneut „treffen” kann.
Was ist eine Panikstörung?
Eine oder gelegentlich Panikattacke(n) zu erleben, heißt nicht sofort, dass du an einer Panikstörung leidest. Von einer Panikstörung spricht man, wenn Panikattacken mehrmals im Monat und völlig „aus heiterem Himmel” auftreten. Mindestens eins der folgenden Kriterien muss außerdem über einen Zeitraum von mindestens vier Wochen zutreffen:
- Du erlebst „Angst vor der Angst“, das heißt, du hast Angst vor weiteren Panikattacken oder Angst vor den Folgen einer Panikattacke, zum Beispiel zu sterben oder verrückt zu werden.
- Du meidest bestimmte Situationen, die eine Attacke auslösen könnten, zum Beispiel joggen gehen oder allein zu Hause sein, sogenanntes Vermeidungsverhalten.
Zur Diagnose einer Panikattacke ist es wichtig, körperliche Ursachen auszuschließen. Du solltest also unbedingt mit einem Arzt oder einer Ärztin sprechen, wenn du Panikattacken erlebst. Da bei Panikattacken ganz typischerweise auch körperliche Symptome wie Herzklopfen oder Schwindel auftreten, sollte von einer Fachperson sichergestellt werden, dass keine körperliche Erkrankung vorliegt, die diese Symptome (mit)verursacht.
Agoraphobie mit Panikstörung – was steckt dahinter?
Bei der Agoraphobie erleben Menschen in bestimmten Situationen oder an bestimmten Orten intensive Angst oder Panik. Es geht dabei um Orte, von denen sie in ihrer Vorstellung schwer fliehen können oder die sie als unangenehm empfinden. Dies führt häufig dazu, dass betroffene Personen versuchen, diese Situationen und Orte zu vermeiden. Beispiele sind:
- Menschenmengen oder belebte Plätze
- Öffentliche Verkehrsmittel
- Alleinsein oder das Verlassen der eigenen Wohnung
- Reisen an Orte, die weit von der Heimat entfernt sind
Agoraphobie und Panikstörung treten oft zusammen auf, denn tatsächlich entwickeln viele Menschen mit einer Panikstörung auch eine Agoraphobie als Folge der wiederholten Panikattacken. Das heißt, es gibt die:
- Agoraphobie mit Panikstörung: Wenn an bestimmten Orten oder in bestimmten Situationen große Ängste auftreten (zum Beispiel in einem Geschäft, in öffentlichen Verkehrsmitteln oder in großen Menschenmengen) und diese zu Panikattacken führen. Betroffene meiden diese Orte häufig.
- Panikstörung ohne Agoraphobie: Es gibt auch Menschen, die an einer Panikstörung leiden, aber die Panikattacken sind nicht an Orte und Situationen gebunden. Betroffene haben also Angst vor den Attacken, aber die Vermeidung von Orten und Situationen ist weniger ausgeprägt.
Ursachen von Panikattacken
Die Ursachen von Panikattacken sind komplex und von Person zu Person unterschiedlich. Einige mögliche Ursachen sind:
- Familiäre Veranlagung
- Panikattacken durch Stress und Überforderung
- Traumatische oder belastende Lebensereignisse
- Andere psychische Erkrankungen
Auch, wenn Betroffene das Gefühl haben, die Panikattacken überfallen sie grundlos, gehen dem ersten Auftreten oft erheblicher Stress, Überforderung oder (verdrängte) traumatische Ereignisse voraus, die jedoch erst mal nicht mit den Panikattacken in Verbindung gebracht werden. Innerhalb der psychotherapeutischen Behandlung von Panikattacken und der Panikstörung können diese Faktoren ans Licht kommen und verarbeitet werden.
Gibt es auch „stille” Panikattacken?
Eine stille Panikattacke (auch „verdeckte” Panikattacke) ist eine Form der Panikattacke, bei der die betroffene Person die typischen Anzeichen einer Panikattacke erlebt, diese jedoch nicht nach außen hin zeigt. Während eine klassische Panikattacke oft mit körperlichen Symptomen wie Zittern, Schwitzen oder anderen sichtbaren Angstreaktionen einhergeht, kann eine stille Panikattacke weniger auffällig für Außenstehende sein.
Eine mögliche Ursache für eine stille Panikattacke ist, dass die Person die Symptome unterdrückt, um in sozialen oder öffentlichen Situationen nicht aufzufallen. Dabei können die Angst vor Stigmatisierung oder Scham eine Rolle spielen.
Der Angst-Kreislauf
Wenn du akut Stress erlebst, ist es ganz normal, dass dein Körper darauf reagiert: Herzklopfen, Schwitzen, Kurzatmigkeit. Wichtig ist, wie du darauf reagierst. Wenn du denkst: „Mein Herz stolpert, bestimmt bleibt es gleich ganz stehen!” Dann kannst du Angst erleben. Die Angst wiederum verstärkt die körperlichen Symptome, die Angst steigert sich, es kommt zur Panik. So kann eine stressige Situation, wie das morgendliche Zuspätkommen zur Arbeit, zu einer Panikattacke und mit der Zeit vielleicht sogar zu einer Panikstörung führen. Diesen Kreislauf der Angst zu verstehen, kann dir dabei helfen, deine Bewertung seiner Körperreaktionen und der Panik zu verändern. Im Schaubild aus unserem kostenfreien Online-Therapiekurs bei Panik siehst du den Kreislauf:
Was kannst du bei einer Panikattacke tun?
Wenn du an Panikattacken oder einer Panikstörung leidest, fragst du dich bestimmt, was du selbst im Umgang mit der Panik tun kannst. Es gibt verschiedene Bewältigungsstrategien, die dir helfen können:
1Atemübungen
Während einer Panikattacke neigen Betroffene zu einer flachen, schnellen Atmung, bei der nicht genug Sauerstoff in den Körper kommt. So kann zum Beispiel Schwindel entstehen. Versuche daher, ganz bewusst die Ein- und Ausatmung ein wenig länger sein zu lassen. Statt die Gedanken weiterspinnen, was gerade womöglich Gefährliches in deinem Körper passiert, kannst du dich bewusst auf deine Atmung fokussieren. Hilfreich kann es dabei auch sein, die Atemzüge zu zählen. Zähle jeweils zehn Atemzüge und beginne dann wieder bei eins.
2Akzeptanz
Wenn es um psychisches Leiden geht, fällt uns Akzeptanz meistens besonders schwer. Wir können akzeptieren, dass wir den Job nicht bekommen haben oder uns der Bus vor der Nase weggefahren ist – aber eine Panikattacke zu akzeptieren, das gelingt uns weniger gut. Häufig ist das so, weil der Gedanke dahinter steckt, dass die Panikattacken dann erst recht auftreten. Tatsächlich kann aber das Gegenteil der Fall sein:
Indem du akzeptierst, dass du gerade Panik erlebst, kannst du dich innerlich mehr entspannen, als wenn du im Widerstand mit der Panikattacke bist.
Du kannst dir das wie bei einem Staudamm vorstellen: Dein innerer Widerstand ist die Barriere, durch die viel Druck aufgebaut ist. Wenn du den Widerstand behutsam – vielleicht auch erst mal nur testweise – loslässt, kann das Wasser, also deine Gefühle, wieder fließen und die Angst kann natürlich vergehen.
3Entspannungstechniken wie Progressive Muskelentspannung
Bei der Progressiven Muskelentspannung (PMR) werden verschiedene Muskelgruppen bewusst angespannt und dann wieder entspannt. Wenn du das regelmäßig übst, kannst du lernen dadurch auch während einer Panikattacke die körperliche Anspannung besser zu spüren und loszulassen. Es ist also wichtig, die PMR zunächst in einer angstfreien Situation zu erlernen, um dann – mit Übung – auch zu Beginn einer Panikattacke anwenden zu können.
4Stress reduzieren und Selbstfürsorge
Auch wenn es widersprüchlich klingt: Psychische Probleme können dafür sorgen, dass du die Aufmerksamkeit von anderen Dingen auf dich selbst lenkst – und das kann auch positiv sein. Wenn du darauf achtest, deine Stressfaktoren zu reduzieren oder für einen Ausgleich zum Beispiel durch Sport zu sorgen, kann das generell für weniger Anspannung in deinem Leben sorgen. Auch Selbstfürsorge, also dir achtsam etwas Gutes tun, kann dir den Umgang mit Panikattacken erleichtern, indem du liebevoller mit dir selbst umgehst und dir weniger Druck machst.
5Konfrontation mit angstauslösenden Situationen
Panikattacken können dann ihre Macht über dich verlieren, wenn du die Erfahrung machst, dass sie zwar unangenehm sind, aber nichts Schlimmes passiert. Dafür ist es sinnvoll, dich den angstauslösenden körperlichen Reaktionen Schritt für Schritt zu stellen. Dabei erzeugst du sie in dir, zum Beispiel durch auf der Stelle joggen (erhöhter Puls) oder den Kopf schütteln (Schwindel) und kannst erleben, dass sie wieder vergehen.
Wenn die Panikattacken an Situationen oder Orte gebunden sind, kannst du diese Orte oder Situationen – mit viel Mut – aufsuchen. Dabei kannst du ebenfalls die Erfahrung machen, dass die Panik unangenehm ist, dir aber nichts anhaben kann. In der Psychotherapie spricht man von Expositionstherapie. Das bedeutet, dass du die Panik so lange aushältst, bis sie nachlässt. Das kannst du zum Beispiel mithilfe einer Angstskala feststellen, zehn steht dabei für maximale Panik und eins für gar keine Angst.
Wir empfehlen dir, diese Konfrontation mit psychotherapeutischer Unterstützung oder in Form eines Online-Therapiekurses durchzuführen.
Therapie: Panikattacken behandeln
Die Therapie einer Panikstörung umfasst häufig eine Kombination aus kognitiver Verhaltenstherapie und gegebenenfalls medikamentöser Behandlung. In der kognitiven Verhaltenstherapie lernen Betroffene zunächst, die Denkmuster, die Panikattacken auslösen oder verstärken, zu erkennen und zu verändern. Zudem können Entspannungstechniken, wie progressive Muskelrelaxation oder Atemübungen, helfen, die körperliche Anspannung zu reduzieren. Der wichtigste Baustein in der Therapie der Panikstörung ist jedoch die schon erwähnte Expositionstherapie: Schritt für Schritt stellt sich die betroffene Person der Panik, um zu erfahren, dass sie zwar unangenehm, aber nicht gefährlich ist.
In manchen Fällen werden auch Medikamente wie selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs) oder Benzodiazepine eingesetzt, um die Symptome zu lindern. Insbesondere in akuten Phasen kann das sinnvoll sein, um den Leidensdruck zunächst zu verringern und sich auf die Therapie einlassen zu können. Bei Benzodiazepinen besteht allerdings das Risiko einer Abhängigkeit, weshalb sie nicht länger als über einen Zeitraum von vier Wochen eingenommen werden sollten.
Psychologische Soforthilfe: der Online-Therapiekurs HelloBetter Panik
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Quellennachweis
- Bandelow, B., Aden, I., Alpers, G. W., Benecke, A., Benecke, C., Deckert, J., et al. (2021). S3-Leitlinie Behandlung von Angststörungen: Version 2.
- Levitt, J. T., Brown, T. A., Orsillo, S. M., & Barlow, D. H. (2004). The effects of acceptance versus suppression of emotion on subjective and psychophysiological response to carbon dioxide challenge in patients with panic disorder. Behavior therapy, 35(4), 747-766.
- Wittchen, H. U., & Hoyer, J. (2011). Klinische Psychologie & Psychotherapie (Vol. 1131). Heidelberg: Springer.
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