Traurigkeit – wer bist du?
Traurigkeit ist erst einmal ein Gefühl. Eines, das die allermeisten von uns schon einmal erlebt haben. Traurigkeit kann durch unterschiedliche Ereignisse ausgelöst werden und meist können wir gut benennen, was uns traurig stimmt: Einen Streit, eine Zurückweisung, ein verlorener Wettkampf oder einfach eine verpasste Chance im Leben.
Trauer und Traurigkeit liegen eng beieinander. Bei Trauer handelt es sich jedoch um einen Gefühlszustand nach existenziellen Verlusten wie zum Beispiel dem Tod eines geliebten Menschen.
Traurigkeit kann sich ganz unterschiedlich äußern. Vielleicht verbindest du dieses Gefühl in erster Linie mit Weinen, aber auch fehlende Energie, Antriebslosigkeit, innerer Leere, Grübeln, Rückzug oder Schmerzen können Ausdruck von Traurigkeit sein.
Traurigkeit überwinden – oder doch lieber ganz vermeiden?
Der Wunsch, Traurigkeit zu überwinden, ist nur allzu verständlich. Immerhin handelt es sich in der Regel um ein wirklich unangenehmes Gefühl. Wer ist schließlich gerne traurig? Aber stell dir mal eine Person vor, die nie traurig ist. Die vielleicht verlassen wird aber einfach so weitermacht wie bisher oder von einem Schicksalsschlag mit einem Lächeln berichtet. Was würdest du über diese Person denken? Vermutlich wärst du verwundert und würdest sie vielleicht sogar für herzlos oder gefühlskalt halten.
Traurigkeit, so unangenehm sie auch ist, hat einen Sinn und Zweck. Sie stellt Nähe her, wir können mit ihr Mitgefühl und Empathie zeigen und bekommen, denn sie bringt unser Bedürfnis nach Kontakt, Unterstützung und Trost zum Ausdruck. Sie hilft uns, uns von Altem zu lösen und macht uns bereit, für Neues.
Traurigkeit einfach zu vermeiden oder zu unterdrücken ist deshalb nicht sinnvoll. Aber was kannst du stattdessen tun?
Gefühle akzeptieren
Wenn wir Traurigkeit überwinden möchten, ist es wichtig, das Gefühl als erstes anzuerkennen und zuzulassen.
Hast du schon einmal versucht, einen Wasserball für längere Zeit unter Wasser zu halten? In den meisten Fällen ist das ein wahrer Balanceakt und braucht einiges an Kraft und Geschick, denn der Wasserball versucht immer wieder, seinen Weg an die Oberfläche zu finden. Oft gelingt ihm das auch irgendwann und er schnellt nach oben.
Ähnlich ist es auch mit Traurigkeit, wenn du versuchst, sie zu unterdrücken. Statt so Traurigkeit zu überwinden, holt sie dich letztendlich wieder ein. Sie Stück für Stück zuzulassen, als Teil deiner emotionalen Welt zu akzeptieren und ihre Daseinsberechtigung anzuerkennen, kann dir auf Dauer mehr helfen, Traurigkeit zu überwinden.
Traurigkeit überwinden: Geteiltes Leid
Traurig zu sein ist weder eine Schande noch etwas, das nur dich betrifft. Schau dich einmal um oder (wenn niemand in deiner Nähe ist) denke an Menschen aus deinem Umfeld. Sie alle waren wahrscheinlich schon einmal traurig und kennen vielleicht auch den Wunsch, Traurigkeit zu überwinden. Personen aus deinem Familien- oder Freundeskreis können dir Nähe und Trost spenden und dich unterstützen, die Traurigkeit zu überwinden. Sprich mit ihnen über das, was dich traurig stimmt. Das kostet zwar vielleicht Überwindung, kann aber sehr entlasten. Geteiltes Leid ist schließlich halbes Leid.
Wie kann ich selbst aktiv werden?
Wenn die Traurigkeit sehr intensiv ist und du das Gefühl hast, ganz von ihr eingenommen zu werden, kann dir folgende Übung helfen, Traurigkeit zu überwinden.
Übung
Der Stuhl der Traurigkeit
Nimm einen leeren Stuhl und stelle ihn dir gegenüber. Versuche dir dann vorzustellen, dass die Traurigkeit auf genau diesem Stuhl sitzt. Wie sieht sie aus? Versuche sie dir möglichst bildlich vorzustellen. Du kannst dir dafür folgende Fragen stellen:
- Wie sitzt die Traurigkeit? Aufrecht oder zusammengesackt mit hängenden Schultern, trübem Blick und starrer Miene?
- Wenn sie sprechen könnte, wie würde sie klingen? Was würde sie dir sagen? „Geh raus, unternimm etwas. Alles nur halb so schlimm“ oder doch eher „Verkriech dich und zieh dir die Decke über den Kopf“?
- Wie ist sie angezogen? Welche Farben trägt sie?
Gehe ruhig ein paar Mal um den Stuhl herum und „betrachte“ die Traurigkeit. Diese Übung kann dir helfen, Distanz zu deinem Gefühl zu schaffen. Denn ja, die Traurigkeit ist da. Das darf so sein, denn sie hat ihre Berechtigung. Aber du bist nicht die Traurigkeit. Du fühlst dich traurig, aber du bist nicht dein Gefühl. Du bist viel mehr.
Im Anschluss an diese Übung kannst du dir Folgendes verdeutlichen: Gefühle lieben sich selbst. Sie wollen sich immer wieder selbst verstärken und haben kein Interesse daran, abgeschwächt oder überwunden zu werden. Sie sind gewissermaßen kleine Egoisten und Egoistinnen. Wenn du also im übertragenen Sinne auf dem Stuhl der Traurigkeit Platz nehmen würdest, wird sie immer wieder versuchen, dich voll und ganz einzunehmen.
Indem du jedoch vom Stuhl aufstehst, schaffst du nicht nur Distanz, sondern hast auch die Möglichkeit, anderen Gefühlen Raum zu verschaffen und dich anders zu verhalten, als die Traurigkeit es von dir möchte. Was ist dir sonst noch wichtig im Leben? Welche Ziele und Werte verfolgst du? Vielleicht bist du jemand, der gesellig ist. Dann triff dich mit anderen oder unternimm etwas. Vielleicht sind dir auch Erholung, Sport, deine Karriere oder Kreativität besonders wichtig. Dann wende dich auch wieder diesen Bereichen deines Lebens zu.
Wenn sich die dunklen Wolken nicht lichten
Falls du merkst, dass es auch nach einigen Wochen nicht klappt, deine Traurigkeit zu überwinden, sie vielleicht sogar stärker wird oder du das Gefühl hast, gar nicht genau zu wissen, warum du ständig traurig bist, dann suche dir Unterstützung. Manchmal kann eine andauernde Traurigkeit zusammen mit weiteren Symptomen wie Antriebslosigkeit, dem Verlust von Freude, Konzentrations- oder Schlafschwierigkeiten auch Anzeichen einer depressiven Episode sein. Antworten auf die Fragen „Bin ich depressiv?“ und „Brauche ich eine Therapie?“ kannst du am besten in einem ärztlichen oder psychotherapeutischen Gespräch bekommen.
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