Wie funktioniert die biologische Uhr unseres Körpers?
Jeder Mensch besitzt eine körpereigene individuelle innere Uhr oder Innenzeit. Diese steuert viele natürliche Prozesse, die einem zeitlichen Rhythmus unterliegen: die Regulation der Körpertemperatur, die Hormonproduktion, das Herz-Kreislaufsystem und unseren Schlaf-Wach-Rhythmus.
Gut zu wissen
Die Bunkerexperimente
Mehr über die innere Uhr herausgefunden hat man schon in einem Experiment in den 1970ern. In den sogenannten Andechser Bunker-Experimenten von Jürgen Aschoff und Rütger Wever lebten freiwillige Personen mehrere Wochen völlig abgeschirmt von allen äußeren Zeitgebern. Trotzdem hielten sie ganz automatisch einen Tagesrhythmus mit ungefähr 24 Stunden ein. Dieses Experiment zeigt: Wir haben eine innere Uhr und auch ohne externe Uhrzeit folgen wir einem gleichbleibenden Tagesrhythmus. Die Bunkerexperimente zeigten aber auch, dass unsere inneren Tage individuell meist länger (oder manchmal kürzer) sind als die natürliche Erdrotation. Bei vielen ist der innere Tag zum Beispiel eher 25 Stunden lang. Weshalb das so ist, konnte man noch nicht herausfinden.
Wie aber schaffen wir es, trotz dieser individuellen Unterschiede unserer inneren Uhren nun alle in einem gleichen 24-Stunden-Rhythmus zu leben? Dazu spielen äußere Zeitgeber eine Rolle. Sie stellen unsere innere Uhr jeden Tag neu – wie eine Armbanduhr, die aus dem Rhythmus gekommen ist. Der wichtigste äußere Zeitgeber ist dabei der Licht-Dunkel-Wechsel durch das Sonnenlicht und die Jahreszeiten. In unserer heutigen Zeit kommen aber noch weitere soziale Zeitgeber hinzu: Uhren und Termine, Arbeits- oder Schulbeginn, Mahlzeiten oder das Fernsehprogramm.
Kann die Zeitumstellung für Schlafprobleme sorgen?
Unser Körper hat also eine innere Uhr, die sich an die äußere Zeit anpasst. Und das funktioniert auch gut im Wechsel der Jahreszeiten. Werden die Tage im Herbst allmählich kürzer und im Frühjahr wieder länger, passt sich auch unser Körper Stück für Stück daran an. Die Zeitumstellung unterbricht jedoch diese Anpassung der inneren Uhr an die jahreszeitlich bedingten Veränderungen der Tag- und Nachtlängen. Dadurch verursacht sie eine Störung unseres natürlichen Schlafrhythmus. In der Nacht erholen sich eigentlich Körper und Gehirn – es wird repariert, entrümpelt und sortiert. Wenn dann plötzlich der Wecker eine Stunde früher klingelt, befindet sich der Körper noch im Dämmerzustand und Abläufe wie die Ausschüttung von Schlaf-Wach-Hormonen werden durcheinandergebracht.
Neben diesem direkten Einfluss der Zeitumstellung auf den Schlaf berichten einige Menschen in den ersten Tagen nach der Umstellung auch von Einschlafproblemen, Kopfschmerzen, Konzentrationsschwierigkeiten oder verminderter Motivation. Solche Symptome sind vergleichbar mit denen eines Jetlags. Viele benötigen einige Tage bis wenige Wochen, um sich an die neue Zeit zu gewöhnen. Mittlerweile ist auch klar, dass sogar ernsthafte gesundheitliche Konsequenzen besonders nach der Zeitumstellung im Frühjahr zu beobachten sind. Beispielsweise konnte man sehen, dass am Montag nach der Uhrumstellung auf die Sommerzeit vermehrt Herzinfarkte auftreten und Unfälle passieren.
Es gibt viel Diskussion über den Sinn und Zweck der Zeitumstellung und 2019 wurde vom EU-Parlament eigentlich für deren Abschaffung zugestimmt. Da sich aber die einzelnen Staaten noch immer nicht auf Sommerzeit oder Winterzeit einigen konnten, ist seitdem nichts passiert.
Studien zeigen, dass die durch die Zeitumstellung angestrebte Energieeinsparung nicht erzielt wird. Durch vermehrtes Heizen am Morgen wird der Energieverbrauch möglicherweise sogar erhöht. In der Tabelle siehst du weitere Vor- und Nachteile:
Sommerzeit oder Winterzeit – welche Zeitumstellung belastet mehr?
Menschen, die besonders sensibel auf die Zeitumstellung reagieren, merken häufig vor allem die Umstellung im Frühjahr verstärkt. Denn im Frühjahr „verlieren” wir praktisch eine Stunde Schlaf – während unsere innere Uhr noch einige Tage im alten Takt schlägt. Die Alltagsverpflichtungen nehmen darauf keine Rücksicht. Wir müssen eine Stunde früher aus dem Bett, eine Stunde früher zur Schule, Uni oder zur Arbeit und am Abend müssten wir eine Stunde früher müde werden und einschlafen. Unsere innere Uhr richtet sich aber erst mal nicht nach den sozialen Zeitgebern, sondern nur nach dem Lichtwechsel. Und vom Licht bekommen wir nach der Uhrenumstellung morgens erst mal wieder weniger, dafür abends mehr. Das macht es uns so schwer, plötzlich zeitiger in Gang zu kommen und dafür abends früher zur Ruhe zu finden.
Im Herbst wird uns die Stunde Schlaf wieder zurückgegeben. Mit dieser Zeitumstellung kommen wir in der Regel etwas besser zurecht. Das liegt daran, dass unsere innere Uhr – wie in den Bunkerexperimenten gezeigt – bei den meisten etwas langsamer geht als der 24-Stunden-Tag. Es fällt uns leichter, eine Stunde später aufzustehen und ins Bett zu gehen und dann schnell einzuschlafen, als im Frühjahr, wo wir plötzlich eine Stunde früher schlafen sollen.
Wer ist durch die Zeitumstellung für Schlafprobleme eher anfällig?
Späten Chronotypen – den „Eulen” unter uns – fällt es besonders schwer, mit der Zeitumstellung umzugehen. Also die Menschen, die abends gerne lange wach sind und morgens nur schwer aus den Federn kommen. Und die machen immerhin etwa 60 Prozent der Bevölkerung aus. Für sie gehen unsere sozialen Uhren ohnehin schon zu früh. Nach der Zeitumstellung müssen sie morgens noch früher raus und gleichzeitig abends noch früher müde sein.
Neben ihnen haben auch die Menschen, die ohnehin bereits an Schlafstörungen leiden, häufig Probleme, wenn sie aus ihrem Rhythmus herausgerissen werden. Das kann die Schlafschwierigkeiten noch mal besonders verstärken. Außerdem zeigen auch Kinder und ältere Menschen nach der Zeitumstellung besonders oft Schlafprobleme. Statt den schlechteren Schlaf im Alter dann durch einen längeren Mittagsschlaf zu kompensieren, empfiehlt sich übrigens leichte Bewegung an der frischen Luft. Mehr dazu gleich.
3 Tipps für den Umgang mit der Zeitumstellung
Wir haben hier 3 Tipps für dich, die dir helfen können, besser mit der Zeitumstellung und den möglichen Schlafproblemen umzugehen:
1Plane Licht und Zeit im Freien
Mediziner:innen empfehlen den späten Chronotypen („Eulen”) unter uns möglichst viel Licht – vor allem natürliches Sonnenlicht – am Vormittag. Bei ihnen ist der innere Tag häufig länger als 24 Stunden und durch das Licht am Vormittag wird ihre innere Uhr etwas vorgestellt, was es abends leichter macht, Ruhe zu finden. Die frühen Chronotypen („Lerchen”) sollen möglichst viel Licht am Nachmittag und Abend bekommen. Bei ihnen ist der innere Tag etwas kürzer als 24 Stunden und durch das Licht am späteren Tag wird die innere Uhr etwas nachgestellt. Zeit in der Sonne und an der frischen Luft verbessert außerdem unsere Lernfähigkeit sowie Stimmung und unterstützt die Kräftigung unseres Immunsystems. Diese Effekte können sich wiederum positiv auf unsere Schlafqualität auswirken.
2Passe deine Schlafroutine langsam an
Wenn du weißt, dass dir die Zeitumstellung (Schlaf-)Probleme bereitet, beginne bereits etwa eine Woche vor der Zeitumstellung damit, deine Bettzeit und das Abendessen um je 15 – 30 Minuten früher zu planen. Dadurch können sich dein Körper und deine innere Uhr allmählich auf die neue Zeit vorbereiten und du vermeidest Schlafmangel.
3Halte eine gesunde Schlafhygiene ein
Schlafhygiene bezeichnet die Nutzung bestimmter Verhaltensweisen, um einen gesunden und erholsamen Schlaf zu fördern. Schaffe dir unter anderem eine angenehme, ruhige und dunkle Schlafatmosphäre. Verzichte in den Tagen rund um die Zeitumstellung auf späten Koffeinkonsum sowie generell auf Alkohol zum Schlafen und halte technische Geräte mit künstlichem Licht aus deinem Schlafritual heraus. Mehr Tipps für einen gesunden Schlaf findest du auch in den 10 Regeln der Schlafhygiene.
Besser schlafen mit HelloBetter
Falls du auch unabhängig von der Zeitumstellung Schlafprobleme hast und du unter deiner Schlaflosigkeit leidest, kann es notwendig sein, dir professionelle Hilfe zu suchen. Ein erster Ansprechpartner kann dein Hausarzt oder deine Hausärztin sein. Diese können dir eine passende Therapie empfehlen. Auch wenn das auf den ersten Blick ungewöhnlich klingen mag: Studien zeigen, dass eine auf Schlafstörung zugeschnittene Psychotherapie die wirksamste und nachhaltigste Therapieform darstellt und bei Schlafproblemen am besten hilft.
Als Soforthilfe ohne Wartezeit bietet sich auch ein Online-Therapiekurs wie HelloBetter Schlafen an. Darin werden ebenfalls alle wichtigen Aspekte einer Psychotherapie für Schlafstörungen behandelt und du lernst deinen Schlaf Stück für Stück zu verbessern. HelloBetter Schlafen kannst du dir ganz einfach von einem Arzt oder einer Psychotherapeutin auf Rezept verschreiben lassen – die Kosten übernimmt die Krankenkasse. Neugierig? Dann schau gerne auf unserer Kursseite vorbei.
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Quellennachweis
- Schenk, M. (2012). Innere Uhr und Zeitumstellung. DMW – Deutsche Medizinische Wochenschrift, 137(43), 2198–2199. doi:10.1055/s-0032-1329075
- Weeß, H.G (2016). Die Schlaflose Gesellschaft (1. Auflage). Kapitel 3.2: Unsere Gesellschaft tickt nicht richtig, S. 54-62. Stuttgart: Schattauer Verlag.
- Wegmann, R.; Roenneberg, T. (2020). Schlaf ist der beste Arzt. Intensiv, 28(04), 206–208. doi:10.1055/a-1163-4752
- Roenneberg, T., Pilz, L. K., Zerbini, G., & Winnebeck, E. C. (2019). Chronotype and Social Jetlag: A (Self-) Critical Review. Biology, 8(3), 54. https://doi.org/10.3390/biology8030054
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