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DiGA in der Gynäkologie – Einsatzmöglichkeiten von digitalen Gesundheitsanwendungen für die Frauenheilkunde

Gynäkologinnen und Gynäkologen begleiten Ihre Patientinnen häufig über viele Jahre oder Jahrzehnte und sind daher in vielen Fällen eine wichtige Anlaufstelle bei verschiedenen medizinischen und psychischen Beschwerden. Seit Oktober 2020 besteht für Ärztinnen und Psychotherapeuten die Möglichkeit, digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) auf Rezept zu verschreiben. Somit können unter anderem ärztliche Behandlungen ergänzt und die Gesundheitsversorgung durch einen niedrigschwelligen Zugang zu evidenzbasierten Online-Therapieprogrammen gestärkt werden. In diesem Artikel erfahren Sie, welche DiGA in der Gynäkologie bereits zur Verfügung stehen und wie Sie diese in Ihre Behandlung einbinden können.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Gynäkologinnen sind oft auch bei psychischen Beschwerden die erste Anlaufstelle
  • Für folgende gynäkologische Indikationen stehen DiGA zur Verfügung:
    • HelloBetter Vaginismus Plus bei nichtorganischem Vaginismus (ICD-10: F52.5) und nichtorganischer Dyspareunie (ICD-10: F52.6)
    • Chronische (Unterbauch-)Schmerzen: Viele Betroffene erfüllen die Diagnosekriterien der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung (ICD-10: F45.40). HelloBetter ratiopharm chronischer Schmerz unterstützt Sie hierbei in der Behandlung.
    • Ausgebranntsein (Burn out) (ICD-10 Z73): Chronischer Stress wirkt sich häufig nicht nur hemmend auf die Produktion der Geschlechtshormone aus, sondern begünstigt die Entwicklung eines Burnouts. HelloBetter Stress und Burnout bietet Betroffenen eine wirksame psychologische Soforthilfe.
    • Schlafstörungen: Ob in den Wechseljahren, durch Begleiterkrankungen oder aus anderen Gründen – viele Frauen leiden unter Schlafstörungen (ICD-10: F51.0, G47.0). HelloBetter Schlafen setzt genau dort an.
    • Auch für die Bereiche (Psycho-)Onkologie und Erkrankungen der Geschlechtsorgane, Nieren und Harnwege liegen verschiedene DiGA vor, die Betroffene unterstützen können.
  • Einbindung in die Praxis: Für weitere Informationen steht Ihnen das DiGA-Verzeichnis zur Verfügung.

Erste Anlaufstelle Gynäkologie

Von sexuellen Funktionsstörungen über Wochenbettdepressionen bis hin zu Schlafstörungen in den Wechseljahren – Frauenärztinnen und -ärzte sind häufig die erste Anlaufstelle und stehen Frauen beratend zur Seite. So haben viele Patientinnen zu ihren Gynäkologinnen ein enges Vertrauensverhältnis, wodurch es ihnen leichter fallen kann, sich zu öffnen und von Beschwerden zu berichten. In diesem Zusammenhang fallen oft auch psychische Belastungen und Erkrankungen auf. Das erscheint nicht verwunderlich, denn in der Frauenheilkunde treten psychische und körperliche Beschwerden häufig zusammen auf und beeinflussen sich gegenseitig. Außerdem ist während und nach einer Schwangerschaft und auch in den Wechseljahren das Risiko für eine psychische Erkrankung erhöht. Um die ärztliche Behandlung und Beratung zu unterstützen, stehen nun auch digitale Gesundheitsanwendungen zur Verfügung. 

DiGA: Indikationen in der Gynäkologie

Mit fortlaufender Prüfung und Zertifizierung durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erweitert sich auch das DiGA-Verzeichnis zunehmend. Neben körperlichen Erkrankungen wie Diabetes mellitus oder Krebserkrankungen sind die bislang meisten DiGA darauf ausgerichtet, die Erkennung und Behandlung psychischer Beschwerden wie zum Beispiel Depressionen oder Burnout zu unterstützen. Wir möchten Ihnen im folgenden einige bereits zertifizierte DiGA vorstellen, die für die Gynäkologie relevant sein können:

1Nichtorganischer Vaginismus und nichtorganische Dyspareunie

Studien zufolge liegt die Prävalenz von Vaginismus oder Dyspareunie für Frauen vor der Menopause bei rund rund 20 Prozent.1 Bei betroffenen Frauen ist das vaginale Einführen schmerzhaft, unangenehm oder nicht möglich. Viele Menschen, die unter sexuellen Funktionsstörungen leiden, meiden aus Scham oder Angst den Gang zur Arztpraxis und haben keinen Zugang zu einer adäquaten Behandlung.

HelloBetter Vaginismus Plus wurde als weltweit erstes digitales Therapieprogramm bei nichtorganischem Vaginismus und nichtorganischer Dyspareunie als DiGA zertifiziert. Das Online-Therapieprogramm umfasst Psychoedukation, Methoden der kognitiven Verhaltenstherapie und leitet ein schrittweises Vaginaltraining mit Dilatoren an. Die Wirksamkeit des Online-Therapieprogramms wurde durch eine randomisiert kontrollierte Studie2 überprüft und bestätigt. Bei 31% der Teilnehmenden war bereits direkt nach Abschluss des Online-Therapieprogramms vaginales Einführen beim Geschlechtsverkehr wieder möglich. Darüber hinaus konnten Schmerzen beim Einführen, sexuelle Ängste und belastende Gedanken signifikant verringert werden. In unserem Informationsblatt HelloBetter Vaginismus Plus finden Sie alle wichtigen Informationen rund um das Programm und den Verschreibungsprozess.

2Chronische (Unterbauch-)Schmerzen

In der S2k-Leitlinie Chronischer Unterbauchschmerz der Frau3 wird deutlich, dass es sich hierbei um ein komplexes Krankheitsbild handelt. Biologische und psychosoziale Faktoren spielen in der Entstehung und Aufrechterhaltung der Erkrankung eine wichtige Rolle. So kann sich beispielsweise eine unentdeckte Endometriose zu einer chronischen Schmerzerkrankung entwickeln. Eine in Deutschland durchgeführte Studie geht von einer Prävalenz von 12% aus.4 Viele der betroffenen Frauen erfüllen die Diagnosekriterien der somatoformen Schmerzstörung.5 Bisher liegen jedoch keine umfassenden epidemiologischen Daten zu chronischen Unterbauchschmerzen vor.

Mit HelloBetter ratiopharm chronischer Schmerz steht Ihnen in der Frauenheilkunde eine DiGA zur Verfügung, die Sie in der Behandlung von Patientinnen mit chronischen Schmerzen unterstützt. Das Online-Therapieprogramm umfasst wirksame Strategien aus der kognitiven Verhaltenstherapie und der Akzeptanz-Commitment-Therapie. Die Wirksamkeit der DiGA wurde in einer RCT6 nachgewiesen. Teilnehmende wiesen nach Abschluss des Online-Therapieprogramms eine signifikant geringere Schmerzbeeinträchtigung auf.

Alle Informationen zu Indikationen, Kontraindikationen und der Verschreibung des Therapieprogramms finden Sie in unserem Informationsblatt.

3Stress und Burnout

Schüttet der Körper stressbedingt über einen langen Zeitraum viel Adrenalin und Cortisol aus, kann das auch die Produktion der Geschlechtshormone hemmen und zu Libidoverlust, Zyklusstörungen und zu einem unerfüllten Kinderwunsch führen. Auch psychische Beschwerden wie Burnout, Schlafstörungen und Depressionen werden durch chronischen Stress begünstigt. Eine Studie des Robert-Koch-Instituts aus dem Jahr 2012 hat ergeben, dass ca. 4,2% der 18- bis 79-Jährigen von Burnout betroffen sind.7 Bei Frauen wird Burnout häufiger festgestellt (5,2%) als bei Männern (3,3%). Viele Gynäkologen erkennen und diagnostizieren bereits Burnout bei betroffenen Frauen. 

Da Burnout im ICD-10 unter Z73 als Zusatzdiagnose verschlüsselt wird und es sich nicht um eine vollwertige F-Diagnose handelt, standen Behandelnde bisher oft vor der Herausforderung, Menschen mit Burnout-Symptomen keine spezifische Therapie anbieten zu können. Das digitale Therapieprogramm HelloBetter Stress und Burnout schließt diese Versorgungslücke und bietet Betroffenen eine wirksame psychologische Soforthilfe.

In einer randomisiert kontrollierten Studie8 konnte ein positiver Versorgungseffekt nachgewiesen werden, weshalb HelloBetter Stress und Burnout dauerhaft im DiGA-Verzeichnis gelistet ist. Das Online-Therapieprogramm basiert auf bewährten Methoden der kognitiven Verhaltenstherapie. Bei Interesse können Sie alle relevanten Details auf unserem Informationsblatt HelloBetter Stress und Burnout finden.

4Schlafstörungen

In Studien zu Schlafstörungen schwanken die Prävalenzangaben zwischen 4 – 26%.9 In einer Studie zur deutschen Erwachsenenbevölkerung wurde eine Punktprävalenzrate von 5,7% ermittelt, wobei Frauen doppelt so häufig von Insomnien betroffen waren wie Männer.10 In den Wechseljahren, in der Zeit nach der Geburt oder durch andere Erkrankungen bedingt leiden viele Frauen unter Schlafbeschwerden und vertrauen sich diesbezüglich ihren Gynäkologen und Gynäkologinnen an. 

Mit HelloBetter Schlafen steht Ihnen nun ein psychologisches Online-Therapieprogramm sowohl für die organische als auch für die nichtorganische Schlafstörung (ICD-10: G47.0, F51.0) zur Verfügung. Die Digitale Gesundheitsanwendung basiert auf der kognitiven Verhaltenstherapie für Insomnie (KVT-I) – welche nach der S3-Leitlinie die Therapiemethode erster Wahl bei Schlafstörungen darstellt.11 Weiterführende Informationen finden Sie auch hier im Informationsblatt.

4Weitere relevante Digitale Gesundheitsanwendungen

Neben den bereits beschriebenen Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) stehen Gynäkologinnen und Gynäkologen noch weitere Anwendungen zur Verfügung. So finden sich im DiGA-Verzeichnis beispielsweise die Kategorien „Geschlechtsorgane, Nieren und Harnwege” und „Krebs”, welche verschiedene indikationsspezifische DiGA enthalten. Ein Beispiel stellen DiGA dar, welche sich auf die Begleitung für Krebspatientinnen und -patienten spezialisiert haben. Diese können Wissensvermittlung, Symptom-Monitoring und auch Übungen (wie Achtsamkeitsübungen) enthalten und beispielsweise psychische Belastungen und Fatigue bei den Betroffenen verringern.

Als Gynäkologinnen werden Sie in Ihrem Berufsalltag auch Patientinnen erleben, die unter psychischen Erkrankungen wie Depressionen und Angsterkrankungen leiden. Auch hierzu stehen Ihnen digitale Gesundheitsanwendungen zur Verfügung, um Betroffene in Form von psychologischer Soforthilfe zu unterstützen.

In der Praxis: So binden Sie DiGA in die gynäkologische Behandlung ein

Falls Sie sich zu einer DiGA für eine spezifische Indikation informieren möchten, bietet es sich an, im DiGA-Verzeichnis die Filter- oder Suchfunktion anzuwenden. Hier können Sie nach spezifischen Themen wie Krebserkrankungen, psychischen Erkrankungen oder Hormone betreffenden Erkrankungen filtern und einen Überblick über bereits zugelassene DiGA bekommen. Wenn Sie zu einer DiGA mehr erfahren möchten, stehen weitere Informationen für Fachkreise zur Verfügung. Viele der DiGA-Anbieter bieten außerdem die Möglichkeit eines Testzugangs an. So können Sie sich selbst einen Eindruck von der DiGA machen, bevor Sie diese Ihren Patientinnen empfehlen und gegebenenfalls auch verschreiben. 

Sie möchten noch mehr über die Einbindung von DiGA in den Praxisalltag oder den Verordnungsprozess erfahren? In unserem Leitfaden für Digitale Gesundheitsanwendungen auf unserem Fachblog finden Sie viele informative Artikel rund um das Thema DiGA. Auch Informationsmaterialien, Testzugänge und interessante CME-Fortbildungen stehen Ihnen bei uns zur Verfügung

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  • Quellennachweis
    1. McCool, M. E., Zuelke, A., Theurich, M. A., Knuettel, H., Ricci, C. & Apfelbacher, C. (2016).
      Prevalence of Female Sexual Dysfunction Among Premenopausal Women: A Systematic Review and Meta-Analysis of Observational Studies. Sexual Medicine Reviews, 4(3), 197–212. https://doi.org/10.1016/j.sxmr.2016.03.002
    2. Zarski AC, Berking M & Ebert DD. Efficacy of internet-based treatment for genito-pelvic pain/penetration disorder: Results of a randomized controlled trial. Journal of Consulting and Clinical Psychology. 2021,89(11):909-924. DOI: 10.1037/ccp0000665
    3. S2k-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische Frauenheilkunde und Geburtshilfe e.V. (2015): Chronischer Unterbauchschmerz der Frau. AWMF-Leitlinien-Register Nr. 016-001 [Angemeldet zur Überarbeitung]
    4. Beutel, M. E., Weidner, K. & Brähler, E. (2005). Der chronische Unterbauchschmerz der Frau und seine Komorbidität. Geburtshilfe und Frauenheilkunde, 65(1), 61–67. https://doi.org/10.1055/s-2004-830503
    5. Siedentopf, F. & Kentenich, H. (2003). Der chronische Unterbauchschmerz der Frau. Der Gynäkologe, 36(12), 1066–1071. https://doi.org/10.1007/s00129-003-1455-x
    6. Lin, J., Paganini, S., Sander, L., Lüking, M., Ebert, D. D., Buhrman, M., … & Baumeister, H. (2017). An internet-based intervention for chronic pain: a three-arm randomized controlled study of the effectiveness of guided and unguided acceptance and commitment therapy. Deutsches Ärzteblatt International, 114(41), 681. https://doi.org/10.3238/arztebl.2017.0681
    7. Erste Ergebnisse aus der “Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland” (DEGS). (2012). Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz, 55(8), 980–990. https://doi.org/10.1007/s00103-012-1504-5
    8. Heber, E., Lehr, D., Ebert, D. D., Berking, M., & Riper, H. (2016). Web-based and mobile stress management intervention for employees: A randomized controlled trial. Journal of Medical Internet Research, 18(1), e21. https://doi.org/10.2196/jmir.5112
    9. Ohayon, M.M. (2011). Epidemiological overview of sleep disorders in the general population. Sleep Med Rev 2: 1–9.
    10. Schlack, R., Hapke, U., Maske, U. et al. (2013). Häufigkeit und Verteilung von Schlafproblemen und Insomnie in der deutschen Erwachsenenbevölkerung. Ergebnisse der Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1). Bundesgesundheitsblatt 56: 740–748.
    11. S3-Leitlinie – Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen Kapitel „Insomnie bei Erwachsenen“. Somnologie 2017, 21:2–44. doi: 10.1007/s11818-016-0097-x
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