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Was kann die Macht der Gedanken?

„Denk dich glücklich. Erreiche alles, was du willst, mit positivem Denken. Die Welt ist der Spiegel deiner Gedanken.“ Bestimmt hast auch du solche Sätze und Versprechen schon mal gehört. In diesem Artikel wollen wir der Sache psychologisch auf den Grund gehen: Was ist dran an der Macht der Gedanken? Und falls es sie gibt, wie können wir sie für uns nutzen?

Die Verbindung von Gedanken und Gefühlen

Gedanken sind „nur“ Gedanken. Sie sind flüchtige psychische Phänomene, die auftauchen und wieder vergehen. Die meiste Zeit geschieht das ohne unser Zutun, aber wir können auch bewusst an etwas denken.

Die eigentliche Macht der Gedanken besteht darin, dass Gedanken – ob bewusst oder unbewusst – Einfluss auf unsere Gefühle haben: Denken wir an etwas Schönes, fühlen wir uns häufig gut, grübeln wir über ein Problem nach, bekommen wir vermutlich schnell schlechte Laune.

Diese Macht der Gedanken bleibt allerdings im Verborgenen, wenn uns dieser Zusammenhang nicht bewusst ist. Dann werden wir immer wieder von Gedankenströmen fortgerissen und von einem Gefühlsbad ins nächste geschmissen. Das ist ziemlich anstrengend und genau das, was wir Menschen manchmal empfinden: Es ist innerlich viel los und wir wissen nicht recht, wie wir uns selbst beruhigen und einfach glücklich sein können.

Die Macht der Gedanken durch bewusstes Denken nutzen

Ein möglicher Schluss, den wir aus der Verbindung von Gedanken und Gefühlen ziehen könnten, ist: Denken wir bewusst positiv, erleben wir vermutlich mehr angenehme Gefühle. Nach diesem Ansatz sollen zum Beispiel positive Affirmationen funktionieren. Affirmationen sind Sätze mit zum Beispiel Mut machendem Inhalt, die in Gedanken wiederholt werden, wie: „Ich bin ein liebenswerter Mensch.“

Psychologisch gesehen kann das bewusste positive Denken tatsächlich nützlich sein. Dabei muss es nicht nur um positive Affirmationen gehen. Da wir Menschen erwiesenermaßen dazu neigen, Negatives stärker wahrzunehmen, kann es hilfreich sein, sich zu fragen, welche positiven Seiten bestimmte Situationen – oder auch unser Alltag im Allgemeinen – haben. Vielleicht können dich dabei Techniken zur Selbstreflexion wie das Journaling oder ein Dankbarkeitstagebuch unterstützen.

Die Grenzen positiver Gedanken

Allerdings ist es so, dass das positive Denken seine Grenzen hat und gewissermaßen kippen kann. Redest du dir zum Beispiel ein, dass du ein liebenswerter Mensch bist, glaubst aber nicht so recht daran, kannst du dich mit der Zeit schlechter anstatt besser fühlen. Die Rede ist dann von toxischer Posititvität.

Was auch bedacht werden muss: Wenn wir unangenehme Gefühle vermeiden, indem wir nur noch „gute“ Gedanken hegen wollen, entgeht uns ein wichtiger Teil unseres Lebens. Dann leben wir weniger ganzheitlich.

Mal ehrlich: Wollen wir wirklich nicht mehr traurig sein, wenn wir einen geliebten Menschen verlieren?

Unangenehme Gefühle können außerdem wichtige Botschaften für uns bereithalten und uns dabei helfen, uns weiterzuentwickeln. Ohne Unzufriedenheit im Job hätten wir vielleicht nie die Fortbildung gemacht und nun eine Stelle, mit der wir wirklich zufrieden sind.

Anders ausgedrückt: Wenn es nie regnet, wissen wir die Sonne nicht zu schätzen. Und bestimmte Gedanken auszuschließen, das heißt die Gedanken kontrollieren zu wollen, kann dazu führen, dass wir innerlich verkrampfen, uns weniger authentisch und ganzheitlich fühlen.

Statt Macht der Gedanken: Gedanken ihre Macht nehmen

In der Psychologie ist nicht nur der Zusammenhang zwischen Gedanken und Gefühlen bekannt, sondern auch zwischen Gedanken und Gefühlen und Verhalten. Das ist ganz wichtig, wenn es um die Macht der Gedanken geht. Denn: Wenn unangenehme Gefühle aufgrund von negativen Gedanken auftauchen, tendieren wir häufig dazu, danach zu handeln. Das bedeutet, wenn wir ärgerlich sind, meckern wir herum. Wenn wir niedergeschlagen sind, verkriechen wir uns alleine zuhause.

Es spricht natürlich nichts dagegen, nach – im wahrsten Sinne – Herzenslust auf unsere Gefühle zu reagieren. Wenn wir allerdings den Wunsch haben, uns zu verändern oder in bestimmten Situationen anders zu reagieren, zum Beispiel aufgrund unserer inneren Werte, dann können wir lernen, zunächst unsere Gedanken zu überprüfen, die uns zu diesem Verhalten motiviert haben. 

Gedanken müssen nicht immer wahr sein

Um unsere Gedanken zu überprüfen, müssen wir zunächst die Möglichkeit einräumen, dass sie nicht immer wahr sind. Nehmen wir den Gedanken: Die Sonne scheint. Auf einem anderen Teil der Welt ist es aber gerade nachts. Für Menschen, die dort leben, ist dieser Gedanke also falsch.

Gedanken unterliegen immer bestimmten Bedingungen, sie haben zum Beispiel zeitliche und örtliche Einschränkungen und manchmal haben sie sogar gar nichts mit der Realität zu tun.

Da denken wir, ein Mensch mag uns nicht, weil er nicht mit uns spricht, doch dann stellt sich heraus, dass er bloß wahnsinnig schüchtern ist. Oftmals sind es auch Gedanken in Form negativer Glaubenssätze, die uns das Leben schwer machen. Zum Beispiel der Glaubenssatz: „Ich muss es allen recht machen.“

In diesem Zusammenhang geht es gar nicht darum, eine Kehrtwendung zu machen und „negative” Gedanken in „positive” Gedanken zu verwandeln. Vielleicht gelingt es uns jedoch, sie realistischer werden zu lassen, sie zu relativieren. Zum Beispiel, indem wir sie erweitern: „Ich denke, ich muss es allen recht machen, aber ich weiß, dass das oft nicht gelingen kann.”

Willst du dich von der Macht bestimmter Gedanken befreien, gibt es aber noch eine weitere Möglichkeit als sie zu hinterfragen. Vor allem, wenn du bemerkst, dass ein Gedanke dich nicht loslässt und nicht hilfreich ist, sogar bei Zwangsgedanken, kann diese Technik hilfreich sein.

Übung

Einen Gedanken nicht mehr ernst nehmen

Angenommen, dich quält ein bestimmter Gedanke. Das könnte zum Beispiel ein Gedanke in Zusammenhang mit Eifersucht sein. Vielleicht denkst du: „Mein Partner oder meine Partnerin verbringt lieber Zeit mit Freunden als mit mir.“ Du merkst, dieser Gedanke ist nicht hilfreich und so richtig wahr wahrscheinlich auch nicht. Trotzdem ist dieser Gedanke da, er löst das unangenehme Gefühl der Eifersucht in dir aus und mittlerweile lässt du das die andere Person auch spüren. Die innere Wut zeigt sich zum Beispiel durch Schweigsamkeit. Was kannst du jetzt tun, um die Macht dieses Gedankens zu entkräften?

  1. Formuliere ganz klar den Satz, der das unangenehme Gefühl in dir auslöst. 
  2. Stelle dir den Satz in allen möglichen Variationen vor: Wiederhole ihn zum Beispiel mit dramatischer, sehr hoher, ganz tiefer Stimme. Stell dir vor, der Satz steht als Filmtitel auf einer Kinoleinwand oder gedruckt auf einem T-Shirt oder einer Postkarte. Du kannst den Satz auch extrem langsam oder ganz schnell innerlich sagen oder mit der Stimme einer Comicfigur – zum Beispiel Bugs Bunny oder Mickey Mouse.

Wann immer der Satz dir schlechte Laune bereitet, kannst du diese Übung machen. Was sich ein wenig ungewohnt und vielleicht sogar verrückt anhört, wird in der Psychologie als kognitive Defusion bezeichnet. Damit ist es möglich, sich von den eigenen Gedanken zu distanzieren, um weniger unter ihnen zu leiden.

 

Statt Macht der Gedanken: Die Macht des Verhaltens

Die Macht der Gedanken, das klingt ein wenig nach Zauberei. Als müsste man nur denken, um machtvoll sein ganzes Leben zu verändern. Leider wird viel weniger über die Macht des Verhaltens gesprochen. Denn: Der Zusammenhang zwischen Gedanken, Gefühlen und Verhalten funktioniert in alle Richtungen. Durch zum Beispiel schöne Aktivitäten kannst du für gute Laune und positive Gedanken sorgen. Anstatt dich bloß auf dein Erleben zu konzentrieren, heißt es also: Werde aktiv und tue das, was dir wichtig ist oder was dir Spaß macht. Denn was du tust, kannst du viel besser kontrollieren, als was du denkst oder fühlst. Diesen Zusammenhang haben wir auch in einer Illustration für dich veranschaulicht:

Depression überwinden mit der Aufwärtsspirale

Mehr zur sogenannten „Aufwärtsspirale“ erfährst du auch in unserem Online-Therapiekurs HelloBetter Depression oder im Blogartikel zum Thema Depression überwinden.

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  • Quellennachweis
    1. Baumeister, R. F., Bratslavsky, E., Finkenauer, C., & Vohs, K. D. (2001). Bad is stronger than good. Review of general psychology, 5(4), 323-370.
    2. Masuda, A., Hayes, S. C., Sackett, C. F., & Twohig, M. P. (2004). Cognitive defusion and self-relevant negative thoughts: Examining the impact of a ninety year old technique. Behaviour research and therapy, 42(4), 477-485.
    3. Wood, J. V., Perunovic, W. Q. E., & Lee, J. (2009). Positive thinking: Power for some, peril for others. Psychological Science, 20, 860-866.
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