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Beziehungstypen und wie wir mit ihnen umgehen können

Das Leben mit jemandem teilen, sich unterstützen und gemeinsam wachsen – was für einige das Traumbild einer Beziehung darstellt, versetzt andere in Schnappatmung. Denn Partnerschaft, Nähe und Verbindlichkeit: Das ist oft weder so einfach, wie es klingt, noch so gewünscht. Im Gegenteil: Für viele bedeutet Bindung erst einmal ein Gefühl der Angst, für manche sogar Beklemmung und Kontrollverlust. Was ist der Grund dafür? Die Antwort kann in den verschiedenen Beziehungstypen stecken. Was es damit genau auf sich hat und wie Beziehungstypen entstehen, erfährst du in diesem Artikel. Außerdem zeigen wir dir mit ein paar Tipps, wie du dein ganz persönliches Beziehungsglück finden kannst. 

Beziehungstypen – was steckt dahinter?

In der Psychologie lassen sich die Beziehungstypen sich auf die Bindungstheorie des britischen Psychoanalytikers John Bowlby zurückführen. Grundlage der Theorie ist die Annahme, dass wir Menschen das angeborene Bedürfnis haben, enge und von intensiven Gefühlen geprägte Beziehungen zu unseren Mitmenschen aufzubauen. 

Vor allem Erfahrungen, die wir im Laufe unserer Kindheit machen, entscheiden über unseren späteren Beziehungstyp.

Dabei entwickeln wir schon in unseren ersten Lebensjahren eine Art inneres Modell für Beziehungen – prall gefüllt mit Vorstellungen und Gefühlen über das, was wir mit (engen) Beziehungen verbinden. Wie entstehen diese Vorstellungen? Forschende gehen davon aus, dass wiederholte Erfahrungen, die wir als Kinder mit unseren Bezugspersonen machen, von uns verinnerlicht werden. Erlebe ich zum Beispiel, dass meine Mutter mich tröstet, wenn ich weine oder mich wärmt, wenn ich friere, verbinde ich Beziehungen mit einem Gefühl der Sicherheit. Erfahre ich jedoch Ablehnung und Zurückweisung, kann Beziehung für mich Unsicherheit, Instabilität und vielleicht sogar eine Bedrohung bedeuten.

Der Einfluss von Bindungstypen

Mit unseren ersten Bindungserfahren finden wir also heraus, wie sich Beziehungen für uns anfühlen – geborgen oder beklemmend? – und entwickeln Erwartungen darüber, wie verlässlich unsere Bezugspersonen sind. Wie erwarten wir, dass andere Menschen mit uns umgehen? Erachten wir es als „normal”, liebevoll und wertschätzend behandelt zu werden? Wurde sich früher nicht ausreichend um uns gekümmert, haben wir vielleicht auch noch heute das Gefühl, unsere Wünsche und Bedürfnisse seien es nicht wert, gehört und erfüllt zu werden.

Auch der Grundstein für die Beziehung zu uns selbst, also für unseren Selbstwert, wird in der Kindheit gelegt. Aus all diesen Erfahrungen leiten Forschende 3 Beziehungstypen ab, die im Wesentlichen ein Ergebnis unserer früheren (Beziehungs-) Erfahrungen sind. 

1, 2 oder 3 – vom Bindungsstil zum Beziehungstyp

Nachdem wir erfahren haben, wie die unterschiedlichen Beziehungstypen entstehen, werfen wir nun einmal einen genaueren Blick darauf, was sie ausmacht und welche Bindungsstile ihnen zugrunde liegen. 

1Der sichere Beziehungstyp

Der sichere Beziehungstyp zeichnet sich – wie der Name verrät – durch einen sicheren Beziehungsstil aus. Aber was heißt das? Sind wir sicher gebunden, haben wir in unserer Kindheit meist eine verlässliche Fürsorge erfahren. Ein tiefer Glaubenssatz könnte lauten „Ich bin gut, so wie ich bin.” Demnach empfinden es sicher Gebundene als ganz natürlich, zu lieben und geliebt zu werden – sowohl emotional als auch körperlich. In einer Beziehung mit sicher Gebundenen werden emotionale Achterbahnfahrten und Beziehungsdramen in der Regel vergeblich gesucht. Vielmehr vertrauen Menschen des sicheren Bindungstyps ihren Liebsten und können deren emotionale Signale angemessen deuten. 

2Der ängstliche Beziehungstyp

Dem ängstlichen Beziehungstyp liegt ein unsicherer Bindungsstil zugrunde. Sind wir unsicher gebunden, haben wir unsere Bezugspersonen und ihr Verhalten früher oft als unvorhersehbar und unzuverlässig erlebt. Wir hatten also keinen „sicheren Hafen”, in dem wir verlässlich Liebe und Schutz erfahren haben. Vielleicht haben wir uns oft selbst infrage gestellt und negative Glaubenssätze verinnerlicht, wie „Ich bin es nicht wert, geliebt zu werden.”

Menschen mit einem ängstlich-unsicheren Beziehungsstil wünschen sich – sozusagen als Ausgleich zu ihrer Kindheit – viel körperliche und emotionale Nähe. Gleichzeitig hegen sie Zweifel, ob ihre Liebsten genauso empfinden. So haben sie oft den Eindruck, mehr in die Beziehung zu investieren als ihr Partner oder ihre Partnerin. Das kann zu einem vermeintlichen Ungleichgewicht führen: Kleinste Veränderungen im Verhalten des Gegenübers werden wahrgenommen und als bedrohlich erlebt. Alltägliche Veränderungen in der Stimmung ihrer Liebsten lösen so nicht selten Unruhe, Angstgedanken oder sogar Panik aus: Die Verlustangst wird zu einem ständigen Begleiter. Um die Beziehung aufrechtzuerhalten, neigen Personen des ängstlichen Beziehungstyps dazu, übermäßig Nähe zu suchen und sich fest an den Partner oder die Partnerin zu klammern. 

3Der vermeidende Beziehungstyp

Auch hinter dem vermeidenden Beziehungstyp versteckt sich eine unsichere Bindung. Sind wir unsicher-vermeidend gebunden, haben wir unsere Bezugspersonen früher wahrscheinlich oft als distanziert und lieblos erlebt. Es fehlte uns an Nähe und Sicherheit und unsere Bedürfnisse nach Körperkontakt wurden nur wenig oder gar nicht erfüllt. Vielleicht dachten wir sogar: „Ich habe keinen Anspruch auf Liebe.” und haben diesen Glaubenssatz auch mit in unser Erwachsenenleben genommen. 

Menschen mit einem unsicher-vermeidenden Beziehungsstil fällt es meist schwer, sich auf eine Partnerschaft einzulassen und in ihr zu bleiben. Oft sind sie wahre „Nähe-Flüchter”, entwickeln eine tiefgehende Beziehungsangst oder neigen zur „Zerstörung” der Beziehung. Innerhalb einer Beziehung fürchten sich vermeidende Personen vor emotionaler Abhängigkeit. Also  versuchen sie, den Partner oder die Partnerin – vor allem emotional – auf Abstand zu halten. Doch genauso wie die meisten, haben auch Menschen mit einem unsicher-vermeidenden Beziehungsstil einen Wunsch nach Nähe. Der Unterschied: So groß wie der Wunsch nach Nähe, ist auch die Angst, verletzt zu werden und das Verlangen nach Kontrolle. Es entsteht ein Balanceakt zwischen Nähe und Distanz, der das Gegenüber mit widersprüchlichen Signalen zurücklässt. 

Gut zu wissen

Wer liebt wen?

Der Psychiater Amir Levine und die Psychologin Rachel S. F. Heller gehen davon aus, dass 50 % der Menschen dem sicheren Beziehungstyp angehören, während rund 20 % dem ängstlichen und 25 % dem vermeidenden Bindungstypen zugeordnet werden können.

Das kannst du tun: Wege in eine für dich glückliche Beziehung

Vielleicht hast du dich in den Verhaltensweisen einer der letzten beiden Beziehungstypen wiedergefunden und fragst dich jetzt: Bin ich beziehungsunfähig? Die Antwort lautet: Nur weil dir Nähe bzw. der Verlust von Nähe auch Angst macht oder du oft auf Distanz gehst, bist du nicht automatisch unfähig, Beziehungen zu führen. Denn obwohl diese Beziehungsmuster früh in deinem Leben entstanden sind und bestimmte Verhaltensweisen mal hilfreich für dich waren, heißt das nicht, dass du sie nicht verändern kannst. Aber wie kannst du im Heute damit umgehen? Wir zeigen dir 3 Schritte, mit denen du deine Muster lösen und Glück in der Liebe und in Beziehungen finden kannst!

1Muster erkennen

Erkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung! Vielleicht hilft dir sogar dieser Artikel dabei, deine Beziehungsmuster zu erkennen. Neigst du dazu, dich um deine Unabhängigkeit zu sorgen und dein Gegenüber auf Abstand zu halten? Oder fällt es dir schwer, deinem Herzensmenschen Freiräume zu lassen? Sich dieser Verhaltensweisen bewusst zu werden, ist eine wichtige Voraussetzung, um an ihnen zu arbeiten. Dazu kannst du zum Beispiel eine Art Beziehungstagebuch führen oder deine Beobachtungen mittels Journaling festhalten.

2Muster verändern

Hast du deine Muster erkannt, kannst du dich fragen: Wie kommt es dazu, dass ich in bestimmten Situationen so reagiere und wie kann ich entgegengesetzt zu bisherigen Verhaltensmustern handeln? Wenn du magst, schreibe dir deine Muster und mögliche Lösungsansätze einmal auf. 

Ein Beispiel wäre „eifersüchtig sein“. Vielleicht bist du besonders eifersüchtig, weil du als Kind nur wenig Aufmerksamkeit bekommen hast und mit anderen um Liebe konkurrieren musstest. Was kannst du nun tun, um an deiner Eifersucht zu arbeiten? Eine Idee wäre, den Fokus auf dich zu richten und dir deiner Stärken bewusst zu werden. Was magst du an dir? Was macht dich besonders? Sag deinen Minderwertig­keits­komplexen adieu, stärke das Vertrauen in dich selbst und damit auch in deine Beziehungen.

Natürlich kann es dauern, den eigenen Beziehungstyp zu verstehen und Beziehungsmuster zu lösen. Oft bestehen sie ja schon seit vielen Jahren. Sei geduldig mit dir und gib dir Zeit, um zu heilen und zu wachsen. 

3Über deine Bedürfnisse sprechen

Hast du dich nun einige Zeit mit dir selbst beschäftigt, kann es wichtig sein, auch deinen Lieblingsmenschen an deinen Erkenntnissen teilhaben zu lassen. Was beschäftigt dich? Was wünscht du dir von deinem Partner oder deiner Partnerin? Und wie könnt ihr das gemeinsam umsetzen? Vielleicht wünschst du dir mehr Zeit zu zweit, dein Liebster oder deine Liebste aber mehr Freiraum. Wie wäre es mit einer festen Date-Night zu zweit und einem Abend in der Woche, den ihr jeweils allein für ein bisschen Selbstfürsorge nutzt? Versucht die Bedürfnisse des anderen wahrzunehmen, zu verstehen und Kompromisse zu finden. 

Du hast das Gefühl, trotz aller Bemühungen, kein Glück in deiner Beziehung zu finden? Vielleicht helfen dir unsere weiteren Blogartikel zu Beziehungsthemen wie den 5 Sprachen der Liebe oder dem Wert der Wertschätzung weiter. Schau gerne auf unserem HelloBetter Blog vorbei!

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