Wie erkennt man(n) ein Burnout?
Ein Burnout hat viele Gesichter – manche Betroffene gehen in den sozialen Rückzug und brechen alle Brücken ab, andere stürzen sich noch tiefer in die Überarbeitung. Wie genau sich ein Burnout äußert, hängt auch davon ab, in welcher der 12 Burnout-Phasen wir uns befinden und wie wir mit unangenehmen Gefühlen umgehen.
Im Allgemeinen gibt es drei Hauptsymptome eines Burnouts, auf die sich Wissenschaft und Praxis geeinigt haben:
- Ein Gefühl der Erschöpfung und Energielosigkeit
- Eine geistige Distanzierung von der eigenen Arbeit
- Ein Gefühl verringerter Leistungsfähigkeit
Um die klassische Burnout-Diagnose zu erfüllen, ist es wichtig, dass die genannten Symptome als Folge von Stress auf der Arbeit auftreten. In der Realität können jedoch auch private Faktoren wie die Kindererziehung, die Pflege von Angehörigen oder ein hoher Mental Load zur Entwicklung eines Burnouts beitragen. Oft wird vor allem das Zusammenspiel privater und arbeitsbezogener Stressfaktoren als belastend empfunden.
Burnout Symptome bei Mann und Frau – gibt es Unterschiede?
Burnout-Symptome bei Männern und Frauen sind in der Regel sehr ähnlich. Was sich jedoch unterscheiden kann, sind die Ausprägung sowie der Umgang mit den Beschwerden. Eine Metaanalyse aus dem Jahr 2010 ergab, dass Frauen tendenziell höhere Werte der Erschöpfung aufweisen, während Männer stärker zu einer geistigen Distanzierung und zynischen Reaktionen gegenüber ihres Jobs tendieren. Auch bei der Frage, wie häufig Frauen oder Männer ein Burnout entwickeln, scheint es Unterschiede zu geben.
Wie häufig ist ein Burnout beim Mann?
Studien kamen zu dem Ergebnis, dass Frauen im Durchschnitt häufiger von einem Burnout betroffen sind als Männer.
So zeigte der Gesundheitsbericht des Robert Koch Instituts: Frauen erhalten mit 5,2 Prozent deutlich häufiger eine Burnout-Diagnose als Männer mit 3,3 Prozent. Wichtig ist hier aber auch zu bedenken, dass sich Männer durch veraltete Rollenbilder und Geschlechter-Stereotype seltener Hilfe suchen als Frauen.
Männer bleiben also häufiger ohne Diagnose und gehen somit nicht in die Statistik mit ein.
Trotzdem kann die Stressbelastung bei Männern hoch sein. Die Stressstudie der Techniker Krankenkasse fand heraus, dass 58 Prozent der deutschen Männer sich häufig oder manchmal gestresst fühlen, 23 Prozent sogar unter chronischem Stress leiden. Das Problem: Die Symptome eines Burnouts beim Mann werden häufig weder von den Betroffenen selbst noch von den Ärzten und Ärztinnen als solche erkannt.
Das konnte auch eine Vorstudie der Deutschen Gesellschaft für Mann und Gesundheit e.V. bestätigen. Sie zeigten: Stressbedingte Krankheiten werden bei Männern trotz gleicher Symptomatik im Schnitt dreimal seltener ärztlich diagnostiziert.
Warum werden Burnout-Symptome beim Mann so schwer erkannt?
Männer sollen zielstrebig sein, müssen funktionieren und dürfen keine Schwäche zeigen – ein gesellschaftliches Bild, zu dem ein Burnout nicht passt. Die Vorstellung vom vermeintlich „starken Geschlecht” führt oft nicht nur dazu, dass Männer sich ihre Symptome nicht eingestehen und Beschwerden häufig lange ignorieren, sie bewirkt außerdem, dass die psychischen Belastungen auch im Außen nicht wahr- oder ernst genommen werden. Davon berichtet auch der Betroffene Martin in seinem Erfahrungsbericht zu Stress und Burnout. Er wollte lange nicht auf die Warnsignale seines Körpers und seiner Psyche hören.
Wichtig ist, dass ein gesellschaftliches Umdenken stattfindet, dass wir mit Stereotypen und veralteten Rollenbildern brechen und Männern öfter ein offenes Ohr schenken.
Feuer und Flamme – so gehen die Geschlechter mit einem Burnout um
Auch, wenn sich bei den Burnout-Symptomen von Mann und Frau in der Regel keine starken Unterschiede zeigen, ist der Umgang mit dem Syndrom bei den Geschlechtern oft verschieden. So können am Anfang eines Burnouts beim Mann häufig die Verleugnung der Beschwerden sowie das Bedürfnis nach Ablenkung stehen. Oft wird versucht, die Krise durch Aggressivität, Alkoholmissbrauch oder andere Selbstmedikationen zu kompensieren.
Forschende der University of York haben herausgefunden: Männer litten zwar unter einem größeren Arbeitsstress als Frauen, wendeten jedoch im Vergleich zu ihren weiblichen Kolleginnen deutlich seltener Strategien zur Stressbewältigung an. Während Frauen beispielsweise eher Unterstützung in zwischenmenschlichen Beziehungen suchten, neigten Männer dazu, anhaltende Belastungen alleine bewältigen zu wollen.
Wichtig ist: Die vorgestellten Studien geben zwar eine Tendenz zum durchschnittlichen Erleben und Verhalten der Geschlechter, treffen aber nicht auf jeden Menschen zu. Wie bei vielen psychischen Beschwerden ist das Empfinden sowie der Umgang mit einem Burnout individuell verschieden.
Ich fühle mich ausgebrannt – was kann ich tun?
Ist ein Burnout erst einmal erkannt, lässt es sich in der Regel sehr gut behandeln. Wir zeigen dir 5 Tipps, die dich bei einem hilfreichen Umgang mit einem Burnout unterstützen können:
1Symptome bewusst wahrnehmen
Um ein Burnout zu erkennen, ist es zunächst wichtig, deine Symptome von zu viel Stress bewusst wahrzunehmen. Oft fällt es uns leichter, Belastungen erst einmal beiseite zu schieben, um so die damit verbundenen unangenehmen Gefühle nicht fühlen zu müssen. Langfristig führt dieses Vermeidungsverhalten allerdings dazu, dass sich unsere Symptome nur noch weiter verstärken. Um dem entgegenzuwirken, besteht der erste wichtige Schritt also darin, deine Beschwerden anzuerkennen, ganz nach dem Motto: „Alles darf jetzt da sein”.
2Stressfaktoren identifizieren
Im zweiten Schritt geht es darum, den Ursachen deiner Beschwerden auf den Grund zu gehen und deine persönlichen Stressfaktoren zu identifizieren. Fühlst du dich von den Anforderungen auf deiner Arbeit überlastet und das Nein sagen, fällt dir schwer? Macht dir dein Berufsfeld vielleicht gar keinen Spaß und du denkst „Ich hasse meinen Job”? Oder bist du aktuell in deinem privaten Umfeld mit besonderen Herausforderungen konfrontiert? Die Ursache(n) deines Burnouts zu kennen, ist eine wichtige Voraussetzung, um es gezielt zu bewältigen.
3Wertekompass finden und Prioritäten setzen
Um uns einen Weg aus dem Burnout zu bahnen, ist es außerdem hilfreich zu wissen, wo wir überhaupt hin möchten. Hierzu kannst du dich fragen, welche Werte dir in deinem Leben wichtig sind und wie du deine Zeit am liebsten gestalten möchtest. Liebe, Freundschaft, Kreativität, Selbstfürsorge, Entspannung – all das sind Beispiele für innere Werte.
Wenn wir unsere eigenen Werte erst einmal kennen, können wir unser Leben dann immer mehr danach ausrichten. Damit erleichtern wir uns auch, Entscheidungen zu treffen und Prioritäten zu setzen.
4Kraftgeber finden
Manchmal erlauben es unsere Lebensumstände nicht, uns komplett nach unseren Werten auszurichten. So können zum Beispiel finanzielle Sorgen verhindern, einen neuen Berufsweg einzuschlagen oder die Arbeitsstunden zu reduzieren. Gerade dann, aber auch ganz allgemein, ist es ratsam, einen Ausgleich für deinen stressigen Alltag zu finden.
Dabei können dich sogenannte „Kraftgeber” unterstützen – Aktivitäten, die für dich mit angenehmen Gefühlen verbunden sind. Ein Kraftgeber kann eigentlich alles sein: Lange Spaziergänge, eine Kaffeepause, Kochabende mit deinen Liebsten, Entspannungsübungen, ein aktivierender Sport wie Joggen oder erdende Bewegungen wie im Yoga. Finde heraus, was dir guttut und was du am besten in deinen Alltag integrieren kannst, um deine Work-Life-Balance nachhaltig zu stärken. Versuche dann, in der nächsten Woche ganz bewusst ein paar deiner Kraftgeber umzusetzen.
5Unterstützung suchen
Oft hilft es im Kampf gegen das Burnout, den Rucksack der Überforderung nicht ganz alleine tragen zu müssen. So kann es sehr erleichternd sein, dich einem deiner Herzensmenschen anzuvertrauen und etwas von deinem Gepäck abzugeben. Je nach Schwere der Symptomatik ist es darüber hinaus ratsam, dir professionelle Unterstützung zu suchen. Neben einer klassischen Psychotherapie besteht auch die Möglichkeit, schnelle Hilfe durch einen Online-Therapiekurs wie HelloBetter Stress und Burnout zu erhalten. Den digitale Therapiekurs gibt es kostenfrei auf Rezept und dazu ganz ohne Wartezeit!
Mein Mann brennt aus – wie gehe ich damit um?
Neben den Betroffenen selbst kann auch eine Beziehung stark unter einem Burnout leiden. Ist der Partner ausgebrannt, so fällt es dem Gegenüber oft nicht leicht, das Leiden des Liebsten mit anzusehen. Manche Partnerinnen und Partner werden dadurch sogar selbst von Überforderung, Ausbrennen und Erschöpfung bedroht. Worauf ist zu achten, wenn dein Mann unter Burnout-Symptomen leidet? Wir haben 3 kurze Tipps für dich:
1Eigene Bedürfnisse im Blick behalten
Auch wenn es schwerfallen kann, ist es wichtig, trotz der Unterstützung des Partners die eigenen Bedürfnisse nicht außer Acht zu lassen. Hier kann es helfen, sich gezielte Auszeiten zu nehmen und die eigene Resilienz zu stärken. Auch die Umstände mit einer Vertrauensperson zu teilen, kann Entlastung schaffen.
2Empathie und Verständnis zeigen
Einer der wichtigsten Tipps im Umgang mit einem Burnout des Partners ist es, mit Empathie und Verständnis auf die Symptome des Gegenübers zu reagieren. Auch wenn sich das Burnout schon lange angebahnt hat, sollten Vorwürfe und Schuldzuweisungen vermieden werden.
3Hilfe anbieten, aber nicht erzwingen
Häufig fällt es Männern, die an Burnout-Symptomen leiden, schwer, nach Unterstützung zu fragen. Hier kann es helfen, verschiedene Formen der Hilfe anzubieten: Ein offenes Ohr oder auch der Beistand auf der Suche nach einem Therapieplatz können Betroffene entlasten. Wichtig ist: Die Hilfe sollte zwar angeboten, aber keinesfalls aufgedrängt werden. Denn um eine wirksame Unterstützung zu erhalten, ist es notwendig, dass der Betroffene selbst gewillt ist, eine Veränderung zu erzielen.
Mut zum Umdenken
Abschließend lässt sich sagen: Ob Mann oder Frau – psychische Beschwerden wie ein Burnout können jeden treffen. Nach Hilfe zu suchen ist kein Zeichen von Schwäche! Im Gegenteil, es ist ein Zeichen von Stärke, denn es zeigt, dass du dich aktiv um dich und deine psychische Gesundheit kümmerst. Um eine gleichwertige Versorgung beider Geschlechter zu sichern, sollten wir unsere Rollenbilder außerdem immer wieder reflektieren und – sowohl im Einzelnen als auch als Gesellschaft – umdenken.
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Quellennachweis
- Blom V. (2012). Contingent self-esteem, stressors and burnout in working women and men. Work (Reading, Mass.), 43(2), 123–131.
- Greenglass, E. R., Burke, R. J., & Ondrack, M. (1990). A gender-role perspective of coping and burnout. Applied Psychology: An International Review, 39(1), 5–27.
- Purvanova, R. K., & Muros, J. P. (2010). Gender differences in burnout: A meta-analysis. Journal of Vocational Behavior, 77(2), 168–185.
- Robert Koch-Institut (2015). Gesundheit in Deutschland 2015. Berlin: Robert Koch Institut.
- Bardehle, D. & Stiehler, M. (2010). Erster deutscher Männergesundheitsbericht: ein Pilotbericht (1. Aufl.). Zuckschwerdt.
- Techniker Krankenkasse (2013). Bleib locker, Deutschland! TK-Studie zur Stresslage der Nation. Hamburg: Techniker Krankenkasse.
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